Vom Fachmann für Kenner | Mai 2013


Die üblichen Unterlagen

Ich kenn’ mich in der Branche zwar nicht aus, nehme aber an, daß das Anschreiben und der Lebenslauf bei Bewerbungen von männlichen Pornodarstellern keine große Rolle spielen. Viel wichtiger sind bestimmt die Arbeitsproben.

Andreas Maier

Prousts Rasierer

Heute nachmittag aufgemerkt, als ein Arbeitskollege den Werbejingle eines bekannten Rasierklingenherstellers aus den Neunzigern zum besten gab. Daraufhin kurz an alte, wilde Zeiten erinnert: die Jugend, der Aufbruch, die Neugier, das Unfertige! Schließlich aber resignierend festgestellt: Das sind doch alles olle Lamellen.

Wanja Lindenthal

Wieder was gelernt

Zwei junge Schweizerinnen unterhalten sich. Die eine: »Was isch eigentli dr Untrschied zwischen Bitch und Biatch?« Die andere: »Biatch isch a coole Drecksau. Bitch isch einfach nur a Schlampn.«

Moses Wolff

Dialog mit Mutter

Ich: »Guck mal, da, ein ICE!«

Mutter: »Woran erkennst du das? Ah, es steht ja draußen an der Lok dran!«

Nils Heinrich

Assoziationstip

Wer von römischer Mythologie Kopfschmerzen bekommt oder bei dem Namen nur an Damenrasierer denkt, der kann die Berliner Erotikmesse »Venus« auch ganz einfach als »Die Vaginale« bezeichnen.

Annalena Hicks

Keine Experimente

Der Fischmarkt ist diesmal multikulturell: Der türkische Flunder-Döner sieht interessant aus, aber nebenan hat auch ein Chinese seinen Stand aufgebaut. Ich bin neugierig, erkundige mich nach dem Aal auf Reisbrötchen. »Mit elektrisch?« Ich zögere. »Wieviel Volt sind das?« will ich wissen. »Vier Volt?« schätzt er. »Vergessen Sie’s«, sage ich. Ich hole mein Fischbrötchen doch beim Türken – ganz konventionell mit scharf.

Theobald Fuchs

Störtebekers Flagge!

Irgendwann machten mich die Kinderhörspiele des Labels »Europa« mißtrauisch: Mir fiel auf, daß der panische Warnruf der Pfeffersäcke beim Auftauchen der Piraten – »Störtebekers Flagge!« – auch in anderen Hörspielen als Geräuschkulisse verwendet wurde, in denen Störtebeker gar nichts verloren hatte, z.B. in »Robin Hood«, »Sindbad der Seefahrer« und »Biblische Geschichten«. Für mich war das der erste Beweis, daß man Erwachsenen nicht trauen konnte. Eigentlich sollte man vor ihnen warnen! Mit welchem Ruf, können Sie sich denken.

Jonny Rieder

Traurige Hostel-Erkenntnis

Doppelstockbetten sind wie schlechter Sex. Man spürt jede Bewegung des anderen, hat aber überhaupt nichts davon.

Volker Surmann

Alternative

Warum die NPD verbieten? Man miete einfach einen Laden, hänge ein »Juden unerwünscht«-Schild ins Schaufenster, fange alle, die dort einkaufen wollen, mit einem großen Sack und prügle sie mit einem Knüppel ordentlich durch.

Benjamin Bäder

Fröhliche Hundegeschichten (XXII)

»Sag’, Sokrates, ist dir gänzlich nun dieser Hund dort durchaus aufgefallen?«

»Freilich fürwahr, mein lieber Kynaios! Wie denn auch anders gar, da dieser Hund doch in allen Farben schillert?«

»Es ist der Hund des Alkibiades, des Herumtreibers.«

»Vollends! Und willst nicht auch du dich in die Reihen derer stellen, Kynaios, die es als sehr wohlgeordnet empfinden, weil doch der bunte Hund einem bunten Hund gehört?«

»Mindestens nur dieses! Es erscheint mir nur folgerichtig und aufs beste bestellt, beim Zeus!«

»So sagst du also, liebster Kynaios, vom Alkibiades wie von seinem Hund, daß sie bunt seien, obwohl gleich nur einer der beiden wirklich farbig ist. Und doch, oder täusche ich mich, wird Hund und Herrn aber wohl niemand verwechseln, sondern die Bunt- und Hundheit als wesentlich verschieden empfinden?«

»Dies ist die Ansicht aller.«

»Nun sage frisch, schöner Kynaios: Weiß der Hund um sein Sein? Ist ihm sein Hundsein wie sein Buntsein offensichtlich?«

»Beides nun dennoch auf keinen Fall, da der Hund sich selbst doch nicht ansieht.«

»Wie aber nun wohl, lieber Kynaios? Kann der Hund doch seine Buntheit durchaus errraten, sofern er sich dreht, um sein Hinterteil zu beschnuppern.«

»Hierin muß dir jeder Vernünftige Zuspruch zollen, gar fürwahr hurra.«

»Nun sehen Hunde, töricht-schöner Kynaios, aber keine Farben, und noch der bunteste Hund ist an und für sich so grau wie nächtens die Katztiere. Hättest du hierauf nicht eigentlich also selber kommen können?«

»War das jetzt eine rhetorische Frage?«

»Füglich obschon schier! Wollen wir dich in deiner Erkenntnisgier, süßer Kynaios, dem Hund vergleichen, der sein eigenes Hundsein hinterrücks erkennen will? Und eingestehen, daß du, der du, ungleich ihm, zwar Farben, nicht jedoch dein Hinterteil sehen kannst – alsgar obdoch nunzwar! – eines Helfers bedürftig bist, der es für dich betrachtet?«

»Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob – «

»Ach, halt schon die Klappe und zieh’ dich endlich aus.«

Leo Fischer

Humorkritik spezial

»Ich fand den Priol ja schon unlustig, als er noch Haare hatte.«

Aleksandar Jožvaj

Enttäuschend

Jetzt habe ich mir für einen Haufen Geld einen neuen Super-Full-HD-LED-Fernseher mit Myriaden von Pixeln gekauft, und die Räder von den Kutschen im Western drehen sich immer noch rückwärts.

Helge Möhn

Nicht ganz sauber

Der Wahnsinn beginnt, wenn man nach Gebrauch des Desinfektionsmittels die Desinfektionsmittelflasche desinfiziert.

Tina Wirtz

Unser Schwein

Vater kam vom Lande. Er sehnte sich immer nach einem richtigen »Schlachtfest«, wie er es oft in seiner Jugend erlebt hatte, aber weil wir in der Stadt wohnten, verstrichen bis zur Verwirklichung seines Traumes viele Jahre. Zu seinem 50. Geburtstag sollte es schließlich wahr werden: Vater kaufte ein Ferkel und mietete eine Garage, wo wir es bis zum Herbst mästen wollten. Allerdings fürchtete er, wir würden das Tier mit der Zeit liebgewinnen. Zu so etwas neigen Stadtkinder manchmal. Also traf er Vorkehrungen: »Jungs!« rief er mich und meinen Bruder zu sich, »ein Schwein ist kein Kuscheltier. Das will fressen, das soll fressen, damit wir es fressen können. Ist das klar? Das ist das Natürlichste von der Welt!« Und um sicherzugehen, daß wir auf keinen Fall mit seinem ersehnten Festschmaus kollaborierten, fing Vater an, uns gegen das Vieh aufzuhetzen: »Das guckt nicht niedlich! Das guckt dumm und verfressen!« Oder: »Ein Schwein scheißt und frißt und sonst gar nichts!« Wir, mein Bruder und ich, verabscheuten das Tier mit jedem Tag mehr. Als der Herbst dann kam, hatte Vater keine Mühe, uns dazu anzustiften, der »dummen Sau« den Bolzen aufzulegen. Wir hätten das Schwein gerne noch getreten, aber das ging ihm zu weit. Heute schämt sich der Vater für seine Erziehung, aber weder mein Bruder noch ich haben je wieder ein Stück Fleisch essen können. Nicht aus Mitleid oder Ekel, sondern aus Haß.

Felix Jentsch

Audition

Die Antwort »Ich wollte mir einen Kindheitstraum erfüllen« ist ganz falsch, wenn man während eines Pornocastings gefragt wird, warum man eigentlich an so etwas teilnehme.

Nicolai Hagedorn

Zwangsvorstellung

Es ist zum Heulen! Ich lese in der Zeitung: »Opfer von Zwangsvorstellungen können auf Entschädigungen hoffen.« Oder aber: »Erschreckend ist die Zahl der Zwangsvorstellungen, die vor spanischen Gerichten verhandelt werden.« Oder auch: »In Deutschland können Gerichte Zwangsvorstellungen einstellen, wenn Verträge rechtsmißbräuchlich sind.«

Wie schade, daß da in Wirklichkeit jedes Mal »Zwangsvollstreckungen« steht – ich hatte mich doch schon so auf eine fette Entschädigung gefreut! Und daß ein Gerichtsbeschluß diesem Spuk endlich ein Ende setzt!

Mark-Stefan Tietze

Willkommen zu Hause

Angeblich zeigen Ratten ihren sozialen Status dadurch an, daß sie einander ins Gesicht niesen. Ähnlich läuft das bei uns in der Familie.

Tanja Schmid

Tröstlich

Weniges ist erquickender, als sich am Unglück frischvermählter Ehemänner zu laben. Wie gut es tut, an einer Bar zu stehen, Schnäpse kippend, und ihren Klagen zu lauschen. Diese Wehmut, diese Seelenqual! »Früher haben mitten in der Nacht Frauen bei mir geklingelt, nur um zu mir ins Bett zu steigen. Heute habe ich nicht mal mehr eine eigene Klingel.« Ein Gedicht!

Dirk Warnke

Werbe-Impact

Seit ein paar Monaten verdient sich mein Lieblingsinternetradiosender etwas Geld mit Werbung hinzu. Etwas irritiert vernahm ich zunächst Rekrutierungsversuche der Deutschen Bundeswehr zwischen amerikanischen Gangsta-Hiphop-Titeln. Diese Werbung kann ihre Wirkung unter meinen Mithörern jedoch nicht gänzlich verfehlt haben, denn wenige Tage später folgten Werbespots für Blut- und Organspenden – und neuerdings auch für eine Stiftung zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen.

Sebastian Sobota

Bibliophil sozial

Wenn ein Schriftsteller arbeitslos wird, hat er dann eigentlich Anspruch auf Buchstütze?

Frederik Moche

Mein großer Rationalisierungstraum

Alle deutschen Qualitätszeitungsredaktionen aufkaufen und Schnellimbißbuden aus ihnen machen.

Sebastian Klug

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg