Newsticker

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Inside TITANIC (25)

Intime Einblicke in das Innere der TITANIC-Redaktion und ihrer Mitglieder. Heute: Moritz Hürtgen über neoliberale Satire.

Wenn mich jemand fragt, was ich beruflich mache, antworte ich entweder "Lokaljournalismus!" oder, wenn ich Lust auf eine Unterhaltung habe, wahrheitsgemäß mit: "Ich arbeite bei TITANIC." Und dann will mein Gegenüber meist wissen, "wie das so ist". Und dann schildere ich unsere kleine Frankfurter Paradiesinsel mitten in der von Sparzwängen und Ausbeutung verfinsterten Medienwelt: Flexible Arbeitszeiten inkl. lang Ausschlafen, okayer Bezahlung, absoluter Unabhängigkeit von Anzeigenkunden, voller Autonomie der Redaktion, Bierkühlschrank und natürlich der liebenswerten Kolleg/innen, die alle so tolle Dinge schreiben, zeichnen und gestalten. Wenn noch weiteres Interesse an meiner Arbeit besteht, schwärme ich weiter: Die konsequente interne (Blattkritik) und externe (Leserbriefe) Qualitätskontrolle, das ständige sich Messen an den Vorgänger/innen in der Redaktion, der Druck, sich abzusetzen von ihnen und von anderen Satireportalen, das Streben nach dem Endgültigen, die Notwendigkeit, mindestens drei beschissene Social-Media-Plattformen zu bespielen, die Korrumpierung des eigenen Privatlebens, wenn man abends um elf noch superwichtige Einfälle hat oder man per Mail erinnert wird, dass man unbedingt noch einen Kampagnentext für irgendeinen Unfug schreiben sollte – – –

Es stimmt: Bei TITANIC arbeiten ein Dutzend Leute im Paradies, jedoch: es liegt auch im Schweinesystem, das uns alle kaputtmacht. Ist unser Bierkühlschrank am Ende die Entsprechung zur Matcha-Lounge im Google-Office? Gewiss nicht – aber es ist halt mein Beruf, zu überspitzen.

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Meditation und Markt mit Dax Werner

Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen

Liebe Leser*innen,

dieser Tage erreichen mich viele Emails und Nachrichten in meiner geschlossenen Telegramgruppe, die Fragen laufen alle in eine ähnliche Richtung: Wie navigiert Dax Werner momentan privat durch die Krise?

Die Antwort ist relativ einfach: Ich bin seit Wochen damit beschäftigt, die sich ständig verändernden Pandemie-Maßnahmen in meine Tagesroutinen zu integrieren. Dabei erweist sich das föderale Mega-Puzzle Bundesrepublik einmal mehr als Stärke und Schwäche zugleich: Aus Sorge vor einer Infektion meines Huawei-Mobiltelefons habe ich bislang alle Houseparty-Konferenzen mit Freunden in anderen Bundesländern abgesagt, vorgestern bin ich dann aber doch mal in unseren Ikea in Kamen gefahren, weil die Nachbarn schon eine ganze Weile angewiderte Blicke in Richtung unseres „Balkons“ werfen und unser MP Laschet die Möbelhäuser als bundesweit erster wieder aufgeschlossen hat. Auch hier wieder: Deutschland der unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Oder wie Ulf Poschardt schreiben würde: Ein Land mit unterschiedlichen "Drifts".

Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Zum Beispiel ist Markus Söder formal noch Ministerpräsident des Freistaats Bayern, obwohl er für mich eigentlich und durch die normative Kraft des Faktischen – ein Begriff, den ich gerade gegoogelt habe – schon längst die BRD regiert. Denn während der hemdsärmlige Mit-Aspirant Laschet mit peinlichen Nachfragen zur Heinsberg-Studie aufgehalten wird, hat sich Söder, der vor noch gar nicht allzu langer Zeit lediglich durch extrem nischige Karnevalsverkleidungen auffiel, längst in den präsidialen Modus kalibriert: Interviews führt er nur noch per Webcam-Schalte, in Talkrunden übernimmt er die Rolle des verständnisvollen Mediators und lobt seit einigen Tagen Journalisten für ihre in Fragen verpackte Sachkenntnis. Mehr Kanzlerformat geht nicht.

Doch ein Wort der Warnung sei hier auch gesetzt: Selten fallen Helden schneller als in Krisenzeiten, die Beispiele sind zahllos. Mit dem nachlassenden Interesse an RKI-Pressekonferenzen sank auch rasch der Stern des entschlossenen Krisenmanagers Jens Spahn, und selbst der Podcast des Popvirologen Prof. Christian Drosten rangiert zwar in den Charts noch auf der Eins, jedoch Obacht: Er spürt bereits den Atem der deutlich älteren Männer auf den Plätzen 3 (Gabor Steingart) und 9 (Kekulés Corona-Kompass), und auf Twitter und in der "Bild" gilt Drosten sogar schon länger als persona non grata.

Wie man gut erkennen kann, habe ich für die heutige Kolumne einige Fremdwörter gegoogelt. Das hat mit meiner durch die Krise neu entfachten Leidenschaft für komplizierte Wörter zu tun: Jeden Tag versuche ich, ein neues schwieriges Wort zu lernen und damit im Internet anzugeben.

Vielleicht klappt es ja auch mit dieser Kolumne?

Herzlich, Euer Dax Werner

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Inside TITANIC (24)

Intime Einblicke in das Innere der TITANIC-Redaktion und ihrer Mitglieder. Heute: Fabian Lichter über das Abgehängt-Sein.

Deutschland lockert sich, doch ich bin nicht dabei. Während die ersten bereits wieder aus ihren Homeoffice-Höhlen in ihre Büro- oder Redaktionsräume tigern, um loszupowern und das BIP anzukurbeln, arbeite ich immer noch eremitisch von zu Hause aus, umgeben von Staubsauger und Wäscheständer, ewiges Provisorium. Grund: familiäre Verpflichtungen und Todesangst. Das ist okay und fühlt sich richtig an. Die Nachteile eines Lebens über Monate in denselben vier Wänden liegen aber auf der Hand: Verwahrlosung, Hausstauballergie und seltsame Halluzinationen von Tentakelwesen, die mir dann und wann erscheinen und mich mit meinen geheimsten Gedanken erpressen, ehe sie sich mit einem Funkenschlag in Luft auflösen. Meine einzige Verbindung zur Außenwelt, der Jitsi-Stream in die TITANIC-Redaktion, läuft mysteriöserweise in gerade noch messbaren Geschwindigkeiten und liefert mir nurmehr knapp einen mickrigen Frame pro Sekunde auf meinen Bildschirm. Folge: Meine KollegInnen sind zu unheimlichen Schemengestalten verkommen, ein breiiger Matsch aus Pixeln, so groß wie Fußballfelder. Auch der Sound lässt lediglich noch einzelne Wortbröckchen durchsickern, die ich mir notiere und aus denen ich versuche, meine Aufgabenstellung für das kommende Heft zusammenzureimen. Meine Notizen aus 1 1/2 Stunden Redaktionskonferenz lauten: Maske, Laschet, Frankfurter Schnitzel. Hilfe! Kann mich irgendjemand hören?

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Meditation und Markt mit Dax Werner

Neues aus Wissenschaft & Forschung

Liebe Leser*innen,

der Innovationsstandort Deutschland bebt auch trotz Pandemie weiter! Denn im Technologiecluster Berlin ereignete sich am vergangenen Sonntag ein wissenschaftlicher Durchbruch von internationaler Bedeutung: Einem Forschungsteam der Fachhochschule Biberach an der Riß ist es zum ersten Mal gelungen, eine komplette, geschlossene Facebook-Verschwörungsgruppe aus dem Internet in die physische Welt, genauer: vor die Tore der Berliner Volksbühne zu teleportieren. Anwohner twitterten in den sozialen Medien bereits von Lichtblitzen und Explosionen, als sich nur wenige Sekunden später eine bunte Horde von Truthern, Reichsbürgern und Skeptikern auf dem Rosa-Luxemburg-Platz materialisierte: Manche trugen ein Pappschild mit dem Grundgesetz vor dem Bauch herum, viele filmten sich sogar bereitwillig selbst.

In einem ersten gut gelaunten Statement zeigten sich die Forscher zufrieden: "Heute ist vielleicht ein kleiner Tag für die Quantenforschung, ein großer Tag jedoch für viele Mitglieder der Facebook-Gruppe, von der so mancher seit Jahren kein Tageslicht mehr gesehen hat! Zur Stunde gehen wir von circa 1000 erfolgreichen Teleportationen aus."

Gleichzeitig wurde jedoch auch Kritik am Test laut, den manch einer unter ethischen Gesichtspunkten für mindestens fragwürdig hält: "Den Teilnehmern wurde weisgemacht, dass sie auf eine ganz gewöhnliche Hygienedemonstration gehen würden! Quo vadis, Germaniae?" polterte Tübingens OB Boris Palmer auf Facebook. "Inhaltlich geht es den Demonstrierenden um legitime Anliegen", pflichtete ihm Prof. Kekulé in den Drunterkommentaren bei. "Etwa, dass die NWO, Bill Gates und China den Corona-Virus erfunden haben, damit die ohnehin schon gebeutelten Menschen dieses Landes ihr Grundrecht auf Grillen und Demonstrieren verlieren. Aufwachen, Leute!"

Längst aufgewacht zeigte sich später am Abend NRWs Ministerpräsident Armin Laschet, oder wie wir Nordrhein-Westfalen ihn inzwischen liebevoll nennen: der Macher aus Öcher. In einem vieldiskutierten Auftritt bei Anne Will brachte AL das große Unbehagen der Deutschen gegen die Wissenschaft als solche volksnah zum Ausdruck und führte als Beispiel die ständigen Kurswechsel der Top-Virologen in der Pandemie an: "Frau Will, da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt: Eine Sache ist entweder richtig oder falsch. Und wenn das einmal feststeht, ändert sich das auch nicht mehr!" Schade, dass alle Talkshows gerade auf Studiopublikum verzichten: Hier hätte es Applaus hageln müssen!

Und für seine ganz eigene Wissenschaftstheorie ist Laschet vermutlich selbst das beste Beispiel: Denn während einige immerfort Schlechtgelaunte ihm aktuell vorwerfen, das Interesse am Wohl der Kinder und Schwächen der Gesellschaft in der Lockerungs-Diskussion nur vorzuschieben, um die Jahresbilanzen seiner rheinischen Wirtschaftsbuddies zu retten, ist doch das Gegenteil der Fall: Ich kann mich an keine Talkshow seit Ende der Neunzigerjahre erinnern, in denen Laschet das Wohl der Armen, Schwachen und Kinder nicht an die erste Stelle gesetzt hätte! Ich möchte sogar weitergehen: Laschet ist für mich der deutsche Bernie Sanders. Denn auch gegen ihn gab es beispiellose Schmutzkampagnen. Weil er nicht davor zurückschreckte, die Wahrheit auszusprechen.

Cui bono? Connected die Dots, Leute.

Euer Dax Werner

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Inside TITANIC (23)

In der heutigen Folge der Zuhauskolumne schildert Telepraktikantin Julia Mateus, wie eine TITANIC-Hospitanz in der Isolation abläuft.

Über das Arbeiten im Home-Office ist in den letzten Wochen viel kolumniert worden. Zwischenbilanz: Es ist grundsätzlich möglich, aber ein Home-Office ist oft doch eher ein Heim als ein Büro, so wie auch ein sog. Hotelzug, in dem Fahrgäste bei Unwettern übernachten müssen, weiterhin ein Zug ist und kein Hotel, auch wenn die Bezeichnungen vielleicht etwas anderes suggerieren mögen.

Der Arbeitstag im TITANIC-Heimpraktikum beginnt am Frühstückstisch. Hier werden Nachrichten konsumiert und je nach Tagesform die ersten Scherze am Lebenspartner getestet. Danach steht ausführliche Themenrecherche auf dem Programm. "Mal was ohne Corona-Bezug" will ich mir einfallen lassen. Eine typische Praktikantenaufgabe, die schon mal ein paar Stunden am Wohnzimmerschreibtisch füllen kann.

Kaum habe ich mich zwischendurch zum nachmittäglichen Spaziergang durchs nahe gelegene, hoffentlich niedrig frequentierte Industriegebiet aufgemacht, kriege ich eine Benachrichtigung, dass uns Webmaster Alexander Golz asap zur Videokonferenz erwartet. Fast hätte ich es verschwitzt!

Nach zehn Minuten voll gegenseitigem Mobbing ("Er kann uns alle lachen sehen, aber hört nichts", "Dein Kopf ist angeschnitten", "Haha, jetzt hat sie sich bewegt") sind die psychisch angeschlagenen Redaktionsmitglieder erschöpft. Sinnkrisen entstehen, die Systemrelevanz der Satire wird infrage gestellt: "Mit welchen Themen soll man jetzt noch um die Ecke kommen?" fragt Chefredakteur Moritz Hürtgen.

Dann ist das Meeting bald zu Ende und der Arbeitstag auch. Doch es ist nicht die einzige Frage, die offen bleibt. Wird der Zuchtpilz von Torsten Gaitzsch und Martina Werner in den nächsten Wochen die Redaktionsräume erobern? Welcher Supermarkt liefert uns doch noch unsere lieb gewonnene Konferenzschokolade, die 300g-Erdnuss-Karamell-Milka, ins Home-Office?

Die eine oder andere beantwortet vielleicht die nächste Folge der Hauskolumne oder auch das kommende TITANIC-Heft, das am Freitag erscheint.

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Meditation und Markt mit Dax Werner

Das Heinsberg-Protokoll

Liebe Leser*innen,

nennt mich altmodisch, aber ich steh' auf Netiquette im Web. Auch und gerade in Zeiten von Corona. Egal, ob wir unseren eigenen Brand nun auf Facebook, Twitter oder Fortnite promoten: Ein liebes Wort oder eine kleine Geste von Herzen haben noch nie geschadet.

Leider habe ich in den letzten Tagen – trotz der wichtigsten kirchlichen Feiertage! – davon besonders wenig erleben dürfen. Im Gegenteil: In der Causa Heinsberg-Studie gibt es für meine lieben Berliner Freund*innen bei der PR-Agentur "Storymachine" gerade mächtig Gegenwind auf der digitalen Datenautobahn. 80 Millionen Corona-Experten machten sich kurz nach Erscheinen der zweiseitigen Mammut-Studie mit der besonders kritischen Lupe daran, das Haar in der Suppe zu suchen, obwohl die frohe Botschaft des Viren-Beau Prof. Dr. Hendrik Streeck von Kai Diekmann, Philipp Jessen und Co. doch zeitgleich und vollumfänglich in die sozialen Netzwerke gedonnert wurde: Nach Ostern rollen wir den Elektrogrill wieder raus!

Und als wäre das noch nicht genug, wird in typisch deutscher Nichtsgönner-Manier darauf herumgeritten, dass die PR-Profis ihre magischen Internet-Fähigkeiten völlig selbstlos in den Dienst der guten Sache gestellt haben. Ganz ehrlich: Welchen Vorteil soll denn eine PR-Agentur daraus ziehen, dass sie kostenlos die erste große Studie zur Jahrhundert-Pandemie veröffentlicht? Da fehlt mir einfach die Fantasie. Der Druck wurde jedoch schnell so groß, dass "Storymachine"-Chef Jessen zum Interview-Termin bei der – das ist bekannt – besonders Diekmann-kritischen Plattform Meedia.de antanzen musste. Jetzt wird’s ungemütlich. Meedia erinnert uns im Intro zum Interview nochmal an das jahrhundertealte Gesetz bei "Storymachine": "Die Devise bei Storymachine ist klar: Über Kunden wird nicht geredet." Zeig mir einen Deutschen, der diese Storymachine-Devise nicht kennt, und ich zeige dir einen Lügner. Danach geht es im Interview zur Sache: "Welche Herausforderungen gibt es bei der Zusammenarbeit?", "Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Prof. Streeck und dem Universitätsklinikum Bonn?" und "Wird Storymachine zukünftig mehr Einblicke in die eigene Arbeit und Projektbeteiligungen geben?". Egal, wie sehr eine(r) was verbockt hat: Niemand hat es verdient, in einem E-Mail-Interview derart rufschädigend auseinandergenommen zu werden. Ich werde erstmals in der jahrhundertealten Geschichte dieser Kolumne eine Beschwerde beim Deutschen Presserat einreichen.

Vielleicht sind die Nörgler, Nichtsgönner und Internet-Rambos da draußen erst zufrieden, wenn gar keine Studien mehr veröffentlicht werden. Ich weiß es nicht.

Wütende Grüße: Euer Dax Werner

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Inside TITANIC (22)

Intime Einblicke in das Innere der TITANIC-Redaktion und ihrer Mitglieder. Heute: Ella Carina Werner über erhellende Hingucker bei der Homeoffice-Konferenz.

Das Schönste am Homeoffice sind die Videokonferenzen, und das Schönste an Videokonferenzen sind die Raumhintergründe der Kolleg/innen. Die könnte ich mir stundenlang ansehen. Oft beuge ich mich dafür über den Bildschirm, ganz dicht. Da ist das Regal mit den nachlässig quer übereinander gestopften Büchern (lesbar: "Beim Fressen beim Fernsehen fällt der Vater dem Kartoffel aus dem Maul", Eckhard Henscheid). Da ist der magische dreiköpfige Holzaffe. Da lugt die halbleere Flasche Anisschnaps hervor. Zufall oder raffiniertes Arrangement? Da schmunzelt die Stoffente vom Bildrand. Seelenlose Satire vs. Schmusetier, bei solch starken Antinomien erklärt sich manch charakterliche Auffälligkeit von selbst.

Ein, zwei KollegInnen drehen ihre Rechner so, dass man im Hintergrund nur eine weiße Wand sieht, aber auf jeder weißen Wand gibt es den einen geheimnisvollen Fleck oder den einsamen Eisennagel, der von einem überstürzt abgehängten Manet- oder Uli-Stein-Druck erzählt. Den Inhalten der Konferenzen folgen kann ich bei alledem nicht, aber das macht nichts. Als ob es in Homeoffice-Zeiten noch um Content ginge. Auch Videobotschaften von Promis und Politikern betrachte ich aus selbigen Gründen gern, vor allem als Standbild. Nicht jeder hat eine knuddelige Diddl-Maus auf dem Fensterbrett sitzen wie Dorothee Bär, aber ein bukolisches Landschaftsgemälde, ein Globus und zwei hübsche blonde "Töchter" wie in der Villa von US-Komiker Jimmy Fallon tun's auch.

Ich für meinen Teil habe hinter meinem Schreibtisch meine TITANIC-Sammelordner aufgereiht, 39 an der Zahl, dazu mehrere komiktheoretische Kompendien, darunter auch englische (Empfehlenswert: "A Cultural History of the Fart"), und alles, aber auch wirklich alles von Oliver Maria Schmitt; Erstausgaben, handsigniert, was man von außen leider nicht sieht. Das Arrangement hat mich zwei Arbeitstage gekostet. Der Chef fragt, wo meine Beiträge bleiben, aber Homeoffice kostet eben Zeit. Leider mosern die KollegInnen, mein Videobild sei verpixelt bzw. komplett unscharf, also alles für die Katz. Heute Abend Schlag 20 Uhr sind unsere privaten Gemächer übrigens exklusiv in einer TITANIC-Live-Lesung sehen, wofür ich den Raum noch mal kräftig umdrapiere.

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt