Newsticker

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Inside TITANIC (43)

Intime Einblicke in das Innere der TITANIC-Redaktion und ihrer Mitglieder. Heute: Praktikant Renke Brandt über die Heftproduktion in Zeiten der Krise.

Als ich in der Redaktion ankomme, hängen alle voll niedergeschmettert in ihren Bürosesseln: „Diese elende Printkrise - wir sind pleite! Keiner kauft mehr ein Heft-Abo“. Ich bin geschockt! Titanic gibt es als Heft? Dachte, TITANIC wäre diese ulkige Website und Social-Media-Witzbude, die im Schatten von Postillon, El Hotzo und Aldi Nord soliden Content spreaded. Und die Redakteur/innen möchten für dieses Heftmachen auch noch bezahlt werden? Haben die denn keine Eltern? Oder Jobs?
Na ja, dann eben ein Heft. Prinzipiell bin ich offen für Abseitiges, Spleeniges, Special-Interestiges. „Das ist halt noch was Richtiges zum Anfassen“, informiert mich ein Kollege, während er auf seinem Smartphone tippt, scrollt und swiped. „Wär übrigens nice, wenn du unsere Social-Media-Postings mit je drei Tränen-Lach-Smileys kommentierst. Das hilft uns enorm.“
Ab und zu setzen sich alle hin zur sogenannten Konferenz. Quasi ein Zoom-Meeting, nur ohne Bildschirme, auf denen man sich die ganze Zeit versonnen selbst angucken kann. Hier wird vor allem über das Titelbild des neuen Heftes gebrütet. Das müsse nämlich „anziehen, Sehnsüchte wecken und Denkräume öffnen.“ Also was mit Hitler.
Später stehe ich mit gesenktem Blick (Insta checken) vor der stotternden Kaffeemaschine. Da tippt mir eine Kollegin auf die Schulter: „Weißt du, TITANIC hat die bundesdeutsche Geschichte begleitet, Autoritäten angegriffen, Scheinheiligkeiten entblößt und große Künstler hervor gebracht, wie den einen Dingsda mit dem dollen Sprachgefühl. Dafür lohnt es sich doch zu kämpfen!“ Ich nicke zaghaft. Sie schreit mich entschlossen an: „So, nun mal lustig statt luschig! Wir haben hier ein Heft zu machen!“ Jetzt brülle auch ich los.
Also, wie geht Heft? Die Kunst besteht darin, dass alle, sofern sie sich grade danach fühlen, was tippen, malen oder basteln. Das wird dann übereinander gestapelt und ungefähr in der Mitte getackert. Voilà!

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Inside TITANIC (42)

Intime Einblicke in das Innere der TITANIC-Redaktion und ihrer Mitglieder. Heute: Volontär Martin Weidauer über das Jahr des Marders, also die Zeit von März bis Mai 2023.

Ein heißer Tag im kalifornischen Sommer des Jahres 2005: Apple-Gründer Steve Jobs (†) beschließt seine ikonische Rede vor Standford-Absolvent*innen mit den Worten "You can't connect the dots looking forward", was auf Deutsch so viel heißt wie "Du kannst nicht konnektieren die Dotter, wenn Du nach vorn schaust." Doch mittlerweile können wir ein Fazit ziehen: WIR sind Hessenpokalsieger! Na gut, nicht wir alle. Aber immerhin die FSV-Frankfurt-Ultras Martina Werner, Leo Riegel und Martin Weidauer (ich). Dass ein Redaktionsmitglied (dessen Name uns FSVler*innen bekannt ist) die vermaledeiten Kickers aus Offenbach im Gästeblock unterstützte, während wir uns am Bornheimer Hang für das Heimteam und das am Horizont golden schimmernde "Finale dahoam" die Seelen aus den Leibern schrien? Geschenkt. Der Pott (Fußballsprache für "Pokal") stiftet eben nicht nur Stolz, sondern auch Ambiguitätstoleranz.

Der Reihe nach: Wenn ich auf Podien, in Radio- und TV-Sendungen oder auf Familienfeiern über meine Zeit in der Redaktion berichten soll, fragen die meisten Moderator*innen (und mein Onkel Rainer) recht schnell nach den Unterschieden zwischen Moritz Hürtgen und Julia Mateus. Neben den offensichtlichen (Mateus kann von sich behaupten, mit FSV-Frankfurt-Edelfan Leo Riegel auf eine Schule gegangen zu sein und ist Akademikerin; Hürtgen hingegen ist eher Mann des Glaubens als der Wissenschaft) gibt es selbstredend die kleinen Details, welche nur den Menschen auffallen, die die beiden in ihrem natürlichen Umfeld (TITANIC-Redaktion) beobachten durften. Und ich war dank göttlicher Fügung (Satire-Gött*innen Hürtgen/Mateus) hierzu im Stande. Mein Praktikum fand unter dem Joch Hürtgens statt, mein Volontariat unter dem Regiment Mateus'. Der einzig nennenswerte Unterschied: Hürtgen traf man hin und wieder am Redaktionskühlschrank, Mateus ließ sich alle Getränke ins vollverglaste Eckbüro liefern. Mein Volontariat begann Ende Februar. Da die Chefin ihren Massagesessel mittlerweile umgedreht hat (man blickt auf die Rückseite), habe ich sie tatsächlich das erste Mal Anfang April in der Aufzeichnung von "Bembel & Gebabbel – Die Kult-Talkshow" gesehen. Generell hat man als Prakti/Volo jedoch eher wenig mit Angehörigen höherer Kasten (also allen anderen Personen in der Redaktion) zu tun. Was in der Rückschau verschwimmt: Gab es den großen Ausraster bei der Entmachtung des Bayers Hürtgen oder jener von Oliver Kahn beim FC Bayern?

Die drei Hefte, an denen ich partizipieren durfte, hatten allesamt ihre eigenen Highlights. Bei der Produktion der April-Ausgabe wurde für den Fotoroman nicht nur das Traumschiff zerdeppert ("Zerdeppert", einfach herrlich, stimmt's Leute? Danke an Paula Irmschler!), sondern auch die halbe Redaktion von Corona und anderen Viren. Beim Mai-Heft bleibt mir vorrangig die mit allerhand Satire-Prominenz gespickte Gerhard-Haderer-Ausstellungseröffnung im Caricatura Museum in Erinnerung: Seit wann werden Butterbrezen nicht mehr aufgeschnitten und beschmiert, sondern mithilfe von sechs "Einschusslöchern" mit dem cremig-flutschigen Gold befüllt? Ich nehme an, dass dies auch die Frage war, die Laura Brinkmann und Sebastian Maschuw im intensiven Gespräch an Museumsboss Achim Frenz gerichtet haben. Bis heute blieb er uns eine Antwort schuldig. Nichts schuldig geblieben ist indes die Mannschaft des FSV Frankfurt, die mir mit dem Sieg im Halbfinale die Mitarbeit am Juni-Heft versüßt hat (siehe oben).

Erwartungsgemäß wurde es in den Räumen des wichtigsten und endgültigsten Satiremagazins (nicht nur) der sogenannten D-A-CH-Region tierisch lustig: Ein von Tom Hintner fortlaufend als "Iltis" bezeichneter Marder nistete sich im Flachdach ein. Allzu gemütlich wurde es für das "hundeartige Raubtier" (Quelle: Wikipedia) allerdings nicht, da Chefredakteurin Mateus regelmäßig zum Besenstiel griff, um mit rhythmischen Klopflauten eine furchterregende Geräuschkulisse zu schaffen. Dies diente der Aufrechterhaltung ihres Schreckensregimes und der Ängstigung der Redaktion. Doch auch den Marder behielt sie so im Griff.

Schließen möchte ich mit gelebter Solidarität: Als ich eines Morgens gegen 12:00 Uhr als Erster die "heiligen Hallen" betrat, schockierte mich ein lautes Brummen, welches ich dem maroden Stromnetz zuordnete. Im Gespräch mit den nach mir ankommenden Benedict Reinhard und Martina Werner äußerte ich die Angst vorm Kabelbrand. Die mit allen Wassern gewaschene und in sich ruhende Layout-Legende Werner machte schnell meinen Rucksack als Quelle des Brummens ausfindig. Klar, mein Rasierer hatte sich irgendwie von allein angeschaltet. Sie sehen: Selbst bei TITANIC passiert hie und da etwas vollkommen Unlustiges. Allerdings, gottlob, nur äußerst selten!

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Inside TITANIC (41)

Intime Einblicke in das Innere der TITANIC-Redaktion und ihrer Mitglieder. Heute: Power-Trainee Jeja Klein über Hinterlassenschaften alter Generationen.

Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals den Kühlschrank meines Vaters aus der Zeit wiedersehe, als meine Eltern sich gerade frisch getrennt hatten. Doch da stand er nun, im ersten großen Raum der TITANIC-Redaktion mit ihrem zeitschriftenbestreuten Konferenztisch. Im Wesentlichen waren hier sowohl in der Tür als auch in den Fächern diverse Flaschen Bier gelagert. Dazwischen standen angebrochene Packungen Milch herum. Wie kam der Kühlschrank hierher? Konnte es wirklich original dieser Kühlschrank meines Vaters aus der Vergangenheit sein? Oder gab es vielmehr etwas anderes, eine darüber schwebende Ordnungskategorie etwa, die meinen Vater mit den festen Mitarbeiter*innen des Büros in Frankfurt-Bockenheim verband? Kauzigkeit? Wahnsinn? Das sprichwörtliche Genie, das das Chaos ganz einfach souverän überblickt, nachdem die Alte nicht mehr aufräumte und putzte? Oder: Gibt es vielleicht irgendwo unter den Redaktionsräumlichkeiten eine hinter einer Falltür verborgene Man Cave, die sich Moritz Hürtgen, Tim Wolff und Leo Fischer bis zum heutigen Tage fürs Werkbanken teilen und in die ein nach wie vor in der Redaktion sitzendes U-Boot regelmäßig die in den diskreten Umschlag des Lesezirkels gehüllte "Praline" ("Ach, das ist nur unser 'Stern'-Abo") weiterreicht?

Apropos: Viel war in diesen Tagen über die neue Chefredakteurin (Frau!) des Satire-Magazins geschrieben worden. Eine Radioreporterin wollte schon bald auch von mir drängende Fragen nach einer mit Julia Mateus womöglich neu eingezogenen, weiblichen Note ins Mikro erläutert kriegen. Nun – Ich habe die TITANIC-Redaktion bloß als Praktikant*in kennengelernt und kann den Vergleich zu alten Zeiten unter irgendwelchen Alpha-Affen nicht ziehen, die ich junges Gemüse nur aus Geschichtsbüchern kenne. Aber wenn ich eines weiß, dann, dass ein dezidiert weiblicher Führungsstil diesen Kühlschrank, diese Katastrophe, nie und nimmer zugelassen hätte. Vielleicht ist Julia Mateus also so eine Art Donald Trump zu Zeiten seiner Präsidentschaft: Formal an der Spitze, aber noch von Subjekten des alten Establishments daran gehindert, ihre heilsbringende Agenda wirklich zur vollen Blüte zu treiben. In dem Falle wäre es also an der Zeit, auf eine gute alte Tradition politischer Bewegungen zurückzugreifen: Auf die Sammlung von Geld zum Kauf von Schnellfeuergewehren und Granaten, um die Revolution gegen den von der Reaktion geplanten Gegenschlag zu unterstützen.  

Überweisungen zu diesem Zwecke nehme ich gerne treuhändisch entgegen:  

Jeja Klein DE39 5001 0517 8461 6756 68 

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Inside TITANIC (40)

Intime Einblicke in das Innere der TITANIC-Redaktion und ihrer Mitglieder. Heute: Praktikant Martin Weidauer über die Vorfreude auf das höchste christliche Fest.    

Der Arbeitsaufenthalt in "Mainhattan" beginnt mit einem Schock: Ich werde beim Joggen nicht zurückgegrüßt! Bei frühlingshaften Temperaturen friere ich ob der sozialen Kälte der Bankenmetropole, die man Mainhattan nennt, weil "wir scho imma de Main hattan" (hessischer Volksmund). Schon am zweiten Tag bekomme ich auf einer als "Midissage" bezeichneten Kulturveranstaltung Pit Knorr und Bernd Eilert vorgestellt. Nach wie vor grübele ich, ob die Satire-Legenden mir nur ironisch die Hand gegeben haben. Ich kann an dieser Stelle festhalten: Ich habe alles, was ich gesagt habe ("Hallo"), ernst gemeint. Liebe Grüße!    

Leicht benebelt schleiche ich am nächsten "Morgen" in die Teeküche, wo ich mit einer jähen Bewegung einen kleinen braunen Teller vom Regal wische. Als dieser den Boden berührt und dabei in drei Einzelteile zerschellt, packt mich das schlechte Gewissen. Reumütig melde ich den Vorfall meinen Vorgesetzten im großen Redaktionsraum, welche die Chance beim Schopfe packen und mich unter wieherndem Gelächter als "schlechtesten Prakti aller Zeiten" bezeichnen. Nur um direkt ein "nee, nicht so schlimm, schmeiß weg, das Ding" nachzuschieben. Selig drehe ich ab, als Tom Hintner (er nennt mich "Manni") doch mal draufschauen will. Was dann kommt, überrascht mich: Er ist am Boden zerstört, genau wie der Teller, haha! Diesen habe er während des Studiums gekauft, die Worte "nicht zu ersetzen" fallen. Gott sei Dank diskutieren die Kolleg*innen in den folgenden Tagen über kulturelle Aneignung. So komme ich auf die Idee, das seltene Geschirr mithilfe eines Einkaufs bei McPaper und der japanischen Porzellan-Reparaturtechnik Kintsugi zu retten.    

Die Stimmung in der Redaktion mäandert zwischen Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Erstere Gemütslage gründet auf dem baldigen Osterfest, letztere (immer noch) auf dem Rebranding von "WuBaMi" ("Wurst-Backwaren-Milch") zu "StShEa" ("Stop Shop Eat"). Zwischendrin ergibt sich die einzigartige Möglichkeit, Profis bei der Arbeit zu beobachten: Sie sitzen mit Noise-Cancelling-Kopfhörern am Computer und schreiben. Das mag banal klingen! Wenn in den seltenen Pausen gesprochen wird, dann Klartext: "Henning Baum ist ein Fleischpenis als Mensch!" (Paula Irmschler) Es wird über eine "LOL"-Staffel mit Volker Pispers ("Er fehlt!") diskutiert und hinter vorgehaltener Hand die Sexyness von Mützenträger Torsten Sträter akzentuiert, Tenor: "You can leave your hat on!" Apropos angesext: Eine solche Stimmung kann man nicht erzwingen, wie es der Oben-Ohne-Titel von Kurt Krömers neuem Buch versucht. Richtig heiß wird es hier erst, als ein Bild von Elias Hauck im rotgestreiften Jacket die Runde macht.    

Als ich T. Hintner den kunstvoll restaurierten Teller (s. Bild) gebe, leuchten die Augen des Redaktionsältesten: "Sieht super aus! Den nehme ich mit nach Hause und hänge ihn auf. Wobei, nee, ich lasse ihn hier, da sehe ich ihn öfter." Cultural Appropriation macht glücklich! Wobei es auch hierzulande tolle Traditionen gibt. Die ganze "Redi" (Mediensprech für "Redaktion") gibt sich der Karwoche hin. Die schönsten Zitate im Gedächtnisprotokoll:    

"Mag jemand ein buntes Ei?" – Martina Werner  

"Ich habe noch ein Ei im Rucksack." – Paula Irmschler  

"Die Aktions-Häschen müssten bitte mal zu mir kommen!" – erneut M. Werner  

"Ich liebe Eier. Eier sind mein Leben!" – erneut P. Irmschler  

"Frohe Ostern sagt man erst ab Sonntag!" – verschiedene bibelfeste Personen    

Erstaunlich wenig Zeit bleibt in der Heftschlusswoche für das Feiern der Geburt Jesu. Statt Osternester sucht man Pointen. "Atheismus macht Atheismus-Sachen", murmele ich vor mich hin. Der tatsächliche Redaktionsschluss gleicht indes einem Gottesdienst wie ein Huhn dem anderen: Essen, Bier und Wein, Texte lesen, singen. Und, ja, auch Schmunzeln ist erlaubt.    

Für eine ausführliche Rezension von "Die Passion" auf RTL aus Sicht eines katholischen Autors fehlt an dieser Stelle leider der Platz. Zumal das 35000-Zeichen-Manuskript mit dem Titel "Meine Kirche ist nicht Euer Trash-TV!" von der Online-Redaktion abgelehnt wird. In eigener Sache: Der Text erschien soeben auf kath.ch!  

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Lasst Benedikt XVI. in Frieden!

Ein Zwischenruf von TITANIC-Chefredakteur Moritz Hürtgen

Liebe Leserinnen und Leser,

es ist der Tropfen, der das Weihwasserbecken zum Überlaufen bringt: Ein perfider Angriff auf unseren Papst Benedikt XVI. – und das mitten in der besinnlichen Zeit, keine vier Wochen nach Weihnachten. Ein weltliches Gutachten will unseren himmlischen Papst beschmutzen, und weil man ihm keine aktuellen Vergehen nachweisen kann, werden Vorgänge aus dem letzten Jahrtausend bemüht.

Der größte Skandal aber ist: Papst Benedikt wird verantwortlich gemacht für die Taten des ehemaligen Münchner Erzbischofs Joseph Ratzinger. Ob Benedikt diesen Mann überhaupt gekannt hat, klären die Verfasser des unheiligen Gutachtens freilich nicht. Ein Messdiener, wer dabei Böses denkt!

Papst Benedikt XVI. wird in wenigen Tagen, am 16. April, 95 Jahre alt. Wer auch immer hinter dieser Attacke steckt – sei es Frau Kurschus, der Russe oder einer von Franziskus‘ Häschern –, sollte sich was schämen. Erst vor kurzem hat Georg Gänswein, Benedikts schöner Fitness-Coach, gesagt, unser Papst bereite sich bewusst auf seinen Tod vor. Wir sollten ihn dabei nicht stören und uns auf seine Seligsprechung freuen.

Ich segne Sie!

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Inside TITANIC (39)

Intime Einblicke in das Innere der TITANIC-Redaktion und ihrer Mitglieder. Heute: Edelpraktikantin Laura Brinkmann über den Tag, an dem das Internet ausfiel.

Man hört verzweifelte Schreie, es fließen Tränen und Fäuste schlagen Löcher in die Wände – doch die normalen Bürotätigkeiten der Redakteure und Redakteurinnen werden plötzlich durch die Nachricht unterbrochen, dass das Internet schon wieder ausgefallen sei. Ein kurzer Blick ins Internet (mit den mobilen Daten natürlich, Kontinuität ist wichtig) verrät, dass wir mit dem Elend wenigstens nicht allein sind ... Mindestens sechs Verteilerknotenpunkterouter in der Umgebung sind Bibern, Linkschaoten oder Armin Laschet, der wollte, dass die Menschen auf Twitter endlich nicht mehr so gemein sind, zum Opfer gefallen. RIP World Wide Web.

Paula Irmschler ist sofort Feuer und Flamme, endlich mal wieder Zeit mit der "zweiten Familie" (Zeitmagazin zur Work-Life-Balance) zu verbringen, und zwingt alle dazu, ein Zeltlager unter dem Redaktionstisch aufzubauen. Gelangweilt und schweigend machen wir uns ans Werk, die Stille nur durchbrochen von den immer gleichen drei Tönen von Leo Riegels Ukulele. Da er die Akkorde aber nicht googlen kann, bleibt uns wenigstens "Wonderwall" erspart. Am heftigsten reagiert jedoch Chefredakteur Moritz Hürtgen, der sich in seinem Büro verschanzt hat, da er eine Meuterei wegen des Internetausfalls fürchtet. Da hilft auch kein gutes Zureden, er hat die Türen mit allen jemals erschienenen Kohltiteln blockiert. Später wird er jedoch fragen, ob jemand so nett sein kann, ihm eine Pizza unter der Tür durchzuschieben. Leider ist auch Lieferando nicht erreichbar.

Im Gegensatz zu den ganzen Millenials trifft mich der plötzliche Ausfall des Internets nicht so, da ich eh ein gutes, altes und analoges Buch lesen muss. Leider handelt es sich um eines von Maxim Biller, dessen ganze Anspielungen und Fremdwörter ich nicht verstehe. Nachdem ich auf der Suche nach einem Wörterbuch nur den "Duden Neue Deutsche Rechtschreibung 1918" und "Das große Fußballwitzebuch" gefunden habe, gebe ich auf, und begnüge mich damit, mich Maxim Biller unterlegen zu fühlen. Mittlerweile dämmert es. Einzelne Redakteurinnen und Redakteure überlegen, in der Redaktion zu schlafen, weil sie Sorge haben, sich daheim so ganz ohne Internet zu langweilen. Nur Torsten Gaitzsch freut sich auf den Feierabend, weil "mein Thermomix auch ohne WLAN funktioniert".

Die in der Redaktion übernachtenden Kolleginnen und Kollegen wachen gegen drei Uhr morgens verängstigt auf, da sie seltsame Geräusche vom Dach hören. Aus Angst, dass es sich dabei um Gespenster, Leserbriefschreiber oder ehemalige Chefredakteure handelt, machen sie kein Auge mehr zu, noch befeuert von Tom Hintners Gruselgeschichten, der erzählt, er habe mal einen Vampir "in echt" gesehen. Später wird sich herausstellen, dass Hintner nur mal Friedrich Merz vor dem Römer getroffen hat und dass die Geräusche von Hürtgen stammen, der endlich geschafft hat, sein Büro über das Dachfenster zu verlassen. Am nächsten Tag traut er sich erst wieder ins Büro, nachdem ihm Vodafone schriftlich versichert hat, dass das Internet wieder funktioniert. Das war mein schönstes Ferienerlebnis.

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Dax Werners Debattenrückspiegel KW 29

Liebe Leser_innen,

wenn ihr diese Zeilen lest, kann ich fast sicher sein: Ihr steht genauso auf nächtliche Knast-Dokus wie ich. Männlich verzerrte E-Gitarren-Klänge aus einer anderen Ära der Musikindustrie, alle 30 Sekunden ein neuer negativer Superlativ ("härteste", "gefährlichste", "brutalste Gang zwischen Arizona und Wisconsin"), das alles mit leichter Hand an einem Nachmittag in einem Synchronstudio vertont. Schauermärchen über angeblich besonders brutale Jungs, die sich unter einem überschaubaren Regelwerk zusammengefunden haben und aus ihren 4-Quadratmeter-Zellen den Drogen- und Waffenhandel der USA steuern. Der mächtigste Staat im Staat also. Das Ding ist: Was dort erzählt wird, stimmt nicht.

Denn die zahlenmäßig stärkste und zugleich politisch einflussreichste Gang der Welt sind ja wohl: deutsche Ehrenämtler_innen. Sie zählen irgendetwas zwischen 17 und 18 Millionen und üben so viel Einfluss aus, dass niemand, der es in der Politik zu etwas bringen will, an ihnen vorbeikommt. In jeder zweiten Rede wird "ihnen" gedankt und mehr oder weniger offen zugegeben, dass ohne "das Ehrenamt" in Deutschland nichts läuft. Mag ja alles sein, aber besonders demokratisch klingt das nicht! Neulich rief ein Mann im Lokalradio an und hatte eine eine wichtige Sache auf dem Herzen: Er warb dafür, den Arbeitgebern zu danken, dass diese den vielen Menschen, die sich ehrenamtlich in den Hochwasser-Regionen engagieren, freigeben. Das war die neueste Evolutionsstufe des Ehrenamt-Memes, so etwas hatte ich noch nie gehört!

Ein anderer ehrenamtlicher Sanitäter mit 50K Followern auf Instagram veröffentlichte vor einer Woche ein Video, das ihn auf dem Fahresitz eines Rettungswagens zeigt. Im Hintergrund läuft ein emotionaler Instrumental-Hip-Hop-Beat, er schlägt erst zweimal verzweifelt mit den Händen aufs Lenkrad, fährt sich dann mit den Händen erst durch die Haare und dann durchs Gesicht. Caption: "Wenn du realisierst, dass du nicht jeden retten kannst ..." Ein unfassbar aufgeladenes und kaum überinszeniertes piece, dachte ich.

Und eines, das so nur in der manchmal verrückten Welt des Ehrenamts entstehen kann.

Liebe Grüße und danke <3 an alle Ehrenämtler_innen in Deutschland:

Dax Werner

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wenn Sie, Micky Beisenherz,

als Autor des »Dschungelcamps« gedacht hatten, Sie könnten dessen Insass/innen mit einer Scherzfrage aus der Mottenkiste zu der Ihnen genehmen Antwort animieren, dann waren Sie aber so was von schief gewickelt; die RTL-»Legenden« wollten Ihnen nämlich partout nicht den Gefallen tun, auf die Frage, womit sich Ornitholog/innen beschäftigten, einfach und platterdings »mit Vögeln« zu antworten.

Stattdessen kamen: »Was ist das denn?« oder »What the fuck …?«. Dafür zu sorgen, dass so aus Ahnungslosigkeit ein Akt des Widerstands gegen Ihre idiotische Fangfrage wurde, das soll Ihnen, Beisenherz, erst mal jemand nachmachen.

Mit der Ihnen gebührenden Hochachtung: Titanic

 Adieu, Hvaldimir!

Adieu, Hvaldimir!

Als Belugawal hast Du Dich jahrelang vor der norwegischen Küste herumgetrieben und Dich mit Kameraausrüstung am Leib angeblich als russischer Spion betätigt, was Dir viel mediale Aufmerksamkeit und Deinen Decknamen, Hvaldimir, beschert hat. Jetzt bist Du leider tot in der Risavika-Bucht gefunden worden, und da fragen wir uns, Hvaldimir: Hast Du nicht rechtzeitig die Flossen hochbekommen, oder warst Du einfach nicht geübt in der Kunst des Untertauchens?

Mit einem Gläschen Blubberwasser gedenkt Deiner heute: Titanic

 Wie Ihr Euch als Gäste verhaltet, liebe »Zeit online«-Redaktion,

ist uns wirklich schleierhaft. Immerhin empfehlt Ihr allen guten Besucher/innen, beim Verlassen des Gästezimmers »mehr als eine Unterhose« anzuziehen. Da drängen sich uns einige Fragen auf: Ist Euch im Höschen öfters kalt? Ist das wieder so ein Modetrend, den wir verpasst haben? Gibt es bei Eurem Gastgeber keine Toilette und Ihr müsst vorbeugen?

Und wie trägt man überhaupt mehr als eine Unterhose? Muss man sich Buxen in aufsteigenden Größen kaufen oder reicht ein erhöhter Elastan-Anteil? Wie viele Schlüpferlagen empfiehlt der Knigge?

Denkbar wäre etwa, bei engen Freund/innen zu zwei, bei Geschäftskolleg/innen jedoch zu mindestens fünf Slips zu greifen. Aber wie sieht es aus bei der nahen, aber unliebsamen Verwandtschaft?

Trägt zur Sicherheit immer mindestens drei Stringtangas: Titanic

 Hmmm, Aurelie von Blazekovic (»SZ«)!

Am Abend der Wahlen in Thüringen und Sachsen hatte die ZDF-Chefredakteurin Schausten dem 1. September 2024 den 1. September 1939 an die Seite gestellt, und dazu fiel Ihnen dies ein: »Das Dämonisieren von Rechtspopulisten hatte bisher keinen Erfolg. Egal, wie richtig es ist, dass die AfD gefährlich, radikal, extrem ist. Politiker, Journalisten, Demokratieverteidiger können das immer noch lauter und lauter rufen – aber es bringt nichts. Die berechtigten Warnungen sind inzwischen leere Formeln. Die Wahlergebnisse der AfD sind immer besser geworden, der Trotz immer erheblicher. Die Tatsache, dass sie sich beständig als Opfer von Medien inszenieren kann, hat der Partei genutzt. Es ist nicht die Aufgabe von Bettina Schausten, die AfD kleinzukriegen, sondern die der anderen Parteien. Sie sollten mal über den Tim-Walz-Weg nachdenken. Ist Björn Höcke etwa nicht weird

Ist er. Hitler war es auch, und ihn als »Anstreicher« (Brecht) oder inexistenten Krachmacher (Tucholsky) zu entdämonisieren, hat bekanntlich so viel gebracht, dass diese Sätze nie haben fallen müssen: »Man hat mich immer als Propheten ausgelacht. Von denen, die damals lachten, lachen heute Unzählige nicht mehr, und die jetzt noch lachen, werden in einiger Zeit vielleicht auch nicht mehr lachen.«

Wegweisend winkt Titanic

 Really, Winona Ryder?

Really, Winona Ryder?

In einem Interview mit der Los Angeles Times monierten Sie, dass einige Ihrer jungen Schauspielerkolleg/innen sich zu wenig für Filme interessierten. Das Erste, was sie wissen wollten, sei, wie lange der Film dauere.

Wer hätte gedacht, Ryder, dass Sie als Kind aus der Glanzzeit des Fernsehkonsums einmal die Nase rümpfen würden, weil junge Menschen möglichst wenig vor der Glotze sitzen und sich stattdessen lieber bewegen wollen? Davon abgesehen: Sind Sie sicher, dass sich die Abneigung gegen Cineastisches und das Verlangen, bereits beim Vorspann die Flucht zu ergreifen, nicht nur auf Werke beziehen, in denen Sie mitspielen?

Fragt sich Ihre Filmconnaisseuse Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Mitläuferin? Ganz im Gegenteil!

Meine Oma fuhr im Widerstand Motorrad.

Andreas Maria Lugauer

 Jeder kennt ihn

Die Romantrilogie auf der Geburtstagsfeier, das Raclettegerät auf der Taufe, die Gartenfräse zur Beerdigung: Ich bin der Typ in deinem Bekanntenkreis, der dir geliehene Sachen in den unmöglichsten Situationen zurückgibt.

Leo Riegel

 Reality-TV

Bei der Fernsehserie »Die Nanny« gibt es diese eine Szene, in der die Mutter der Nanny, Sylvia Fine, in einem Pariser Restaurant mit dem Kellner kommunizieren will. Da sie kein Französisch spricht, nutzt sie zum Austausch ausschließlich den Text des französischen Kinderliedes »Frère Jacques«: Mit »Frère Jacques« ruft sie den Kellner, mit »Ding-ding-dong« fordert sie einen neuen Kaffee und so weiter. In der Serie klappte das sehr gut, und als Kind fand ich es auch ausgesprochen lustig, war mir allerdings sicher, dass das in der Realität nie funktionieren würde – bis es mir selbst gelang. Das kam so: Im Fitnessstudio wartete ein junger Mann am Tresen vergeblich auf einen Trainer. Vergeblich, weil er die im Tresen eingelassene Klingel nicht betätigt hatte. Nun hatte ich ihn während des Trainings Französisch sprechen hören, sprach allerdings selbst keines. Da ich aber der Einzige war, der sein vergebliches Warten bemerkte, ging ich schließlich hin, zeigte auf die Klingel und sagte »Sonnez les matines! Sonnez les matines!« Er verstand sofort und klingelte ausgiebig. Kurz darauf erschien der Trainer und ließ ihn hinaus. Da soll noch mal einer sagen, Fernsehen würde im Leben nicht helfen.

Karl Franz

 Kurzzeitgenossen

Bei der Meldung zu Anton Bruckners 200. Geburtsjubiläum (4. September) und dem tags darauf sich jährenden Geburtstag Heimito von Doderers (5. September) mit Interesse bemerkt, dass beide Herren im Jahr 1896 kurz gleichzeitig am Leben waren: nämlich fünf Wochen und einen Tag lang, von Klein-Heimitos Entbindung bis zu Bruckners Tod am 11. Oktober. Solche ganz knapp verpassten Möglichkeiten der Seelenwanderung faszinieren mich. Was wäre gewesen, hätte man Doderer etwas später zur Welt gebracht, wäre Bruckners Geist schon ein paar Wochen früher »frei« gewesen? Hätte Wien / Ansfelden ein reinkarniertes Doppeltalent Heimtoni von Brucknerer überhaupt ausgehalten, hätte die literarisch-musikalische Welt unter dem Eindruck der »Strudlhofsinfonie«, des »Rondo in c-Moll für Streichquartett und einen Merowinger« (Alternativtitel: »Die tonale Familie«) oder der kurzen vierstimmigen Motette »Die Peinigung der Orgelpfeifelchen« vor Entzücken und Überwältigung alle viere von sich gestreckt, aufgegeben und ihren Kulturbeutel auf immerdar zusammengepackt? – Dass das Spekulieren über solche vergeigten Leider-nicht-Seelenwanderungen nur sehr ausnahmsweise Sinn ergibt, dämmerte mir aber, als ich ad notam nahm, mit welchen Gruselgestalten und potentiellen Reinkarnationsgefäßen seinerseits Doderer seine allerletzten Tage im Herbst 1966 verbringen musste: Stefan Raab (*20.10.66), David Cameron (*9.10.66), Caroline Beil (*3.11.66) und sogar noch haarscharf David Safier (*13.12.66, »Miss Merkel – Mord am Friedhof«; »Der kleine Ritter Kackebart«). Dann schon lieber die Seele mit in die Hölle nehmen.

Michael Ziegelwagner

 Zum Sterben hoffentlich zu dämlich

In der Wartezone der Arge in Fürth sitzen zwei Männer um die vierzig. Einer der beiden hält eine aufgeschlagene Tageszeitung so, dass der zweite mitlesen kann. Geduldig blättern sie gemeinsam bis zur Seite mit den Todesanzeigen. »Schau«, sagt der eine, »da ist einer zwei Mal gestorben.« – »Wie kommst du darauf?« – »Lies doch! Derselbe Name in zwei Anzeigen.« – »Tatsächlich! Zwei Mal gestorben. Wie er das wohl geschafft hat?« Eine längere Denkpause setzt ein. »Wahrscheinlich einer wie ich, der nichts auf Anhieb hinkriegt«, schlussfolgert der eine dann. »Ha, das kommt mir bekannt vor!« stimmt der zweite ein. »Meine erste Frau mit den Kindern abgehauen, Führerschein schon drei Mal gemacht. Also zwei Mal wegen Alkohol, und ich weiß gar nicht, wie oft ich schon hier nach einer neuen Arbeit angestanden bin.« – Seufzend: »Hoffentlich kriegen wir wenigstens das mit dem Sterben mal besser hin als der hier …«

Theobald Fuchs

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

  • 27.08.: Bernd Eilert schreibt in der FAZ über den französischen Maler Marcel Bascoulard.
Titanic unterwegs
04.10.2024 Greiz, Sommerpalais Hauck & Bauer
05.10.2024 Kassel, TiF Max Goldt
05.10.2024 Berlin, Künstlerhof / Buchhändlerkeller Alt Lietzow Christian Y. Schmidt
06.10.2024 Berlin, Schloßparktheater Max Goldt