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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Neues aus Bullerbü

Ich war so sicher, dass es es sich bei dem Aktivisten, der aus meiner Nachbarschaft, wie berichtet, einen „Kiez“ zimmern will und jetzt unter nicht unerheblichem Einsatz ein (Drei-)Straßenfest auf die Beine gestellt hat, um einen jungen Mann handle, der seine Heimatbedürfnisse ins Cool-Kiezig-Hauptstädtische übersetzt. Nun erfahre ich, der Mann ist Mitte Fünfzig, leidenschaftlicher (manche sagen: fanatischer) Radfahrer sowie Architekt und Stadtentwickler. Weshalb das „Kiez“-Logo auf den ubiquitären Plakaten und Transparenten, das mir von Anfang an etwas sehr professionell vorkam, schlechtestenfalls auch so gemeint ist.

Denn wo ein Logo ist, ist eine Marke, und wo eine Marke ist, soll was vermarktet werden; und was sich hier stadtentwickelt, sehe ich am Eck, wo sie eins dieser Bestverdienerhäuser hochziehen, die so teuer (oder vermutlich „exklusiv“ werden), dass sie einen eigenen Slogan („Wohnen – arbeiten – genießen“) und eine Internetadresse haben, unter der man allerdings auf der Seite des benachbarten Autohauses landet (dem scheint’s das Grundstück gehört), von der einem grimmig ein neuer Geländewagen ins Gesicht blickt. Auf den Weltgeist und seine Späße ist eben Verlass.

Dieser Spaß hat sogar einen doppelten Boden, denn die Vision unseres umtriebigen Kiezentwicklers ist das autofreie Quartier – also eins für die Fans der Sharing Economy, weniger für die der türkischen Cabrio-Hitparade –, weshalb aus Anlass des Festes geschätzt zwei Kilometer Wohnstraße zur Halteverbotszone erklärt worden sind (es ist erstaunlich, wie leicht das einer einfach so erwirken kann), ganz offiziell per Schild; und also mussten zweihundert Kraftfahrzeuge außerhalb des „Kiezes“ auf Parkplatzsuche gehen, was den kiezfremden Leidtragenden dieser vorbildlichen Externalisierung vermutlich noch etwas doller gestunken (sic) hat als den Suchenden. Aber des einen Quartiers Aufwertung ist des andern Quartiers Abwertung – Metropole und Peripherie, so geht das Spiel nun mal –, und wenn die Kiezaktiven, wie sie schreiben, „das Bedürfnis“ haben, „gemeinschaftlich zusammenzuarbeiten, etwas Neues zu schaffen, Veränderung, Abenteuer“, dann natürlich ausschließlich im eigenen Gärtchen, und da muss dann erst einmal ein Zaun drumrum. Am oberen Eingang zum Quartier hängt deshalb, gewissermaßen als Grenzschild, ein großes, mit Logo prunkendes „Kiez“-Transparent. Damit man willkommen ist, noch nach Feierabend Teil einer Marke zu sein.

„Unsere Stadt ist weder groß noch klein / wir haben ein Kino, ein paar Banken, / ein paar Eisenbahnschranken / so gemütlich, so gemein / doch stumme Tränen, stummer Hass / davon erfährt niemand was / (…) wir machen Witze und wir sitzen rum / bloß manchmal bleibe ich stumm / weil es mir vorkommt wie ein Gefängnis / aber wann ist die Strafe um?“ Begemann, 1993

Der ideale Quartiersmensch ist, so stellen die sich das vor, „dynamisch, visionär, vielseitig, konstruktiv, friedlich, optimistisch, energievoll, intelligent, freundschaftlich miteinander verbunden“, alles Eigenschaften, die sich auch das Autohaus auf seine Fahne schreiben kann, und bei all den Aktionen und Spielen und Geselligkeiten geht es freilich keine Sekunde um, böses Wort, Gentrifizierung, also darum, dass es bereits getrennte Eisdielen für die vielseitig visionären Dynamiker hie und die Honks dort gibt, die sich angesichts von neuerdings 13,50-Euro-Kaltmieten (ich wohne zu acht) vielleicht nicht so sehr für den „historischen Kiez“ (Straßenfest-Programmpunkt) interessieren als für den von morgen, wo für Leute, die nicht 1,60 Euro für die Kugel Eis ausgeben können, schlicht kein Platz mehr sein wird.

Anderswo kämpfen die Leute für ihr „Recht auf Stadt“; der vor meinem Fenster proklamierte „Kiez“ will gemeinsam Blumen pflanzen und Kinder schminken und träumt den Selbstversorgertraum in der Spielstraßenidylle, den es ja bloß darum gibt, weil Gesellschaft zum Anachronismus wird. Nun soll es bekanntlich der Appell ans Heimatgefühl richten, wie ihn etwa die „Bild“-Zeitung am 7.6. per kostenloser „Heimat“-Sonderausgabe ans Volk gerichtet hat, und sollten die, die etwas Neues wollen, aber beim ganz Alten landen (bei der Dorfgemeinschaft nämlich und dem „Deutschen Nachbarschaftspreis 2018“, Schirmherr Horst Adolf Seehofer, Bewerbung läuft), je über eine „Kiez“-Zeitung nachgedacht haben:

Da ist sie schon.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Von A nach B

Ein abgelehnter irakischer Asylbewerber ist dringend verdächtig, in Wiesbaden eine deutsche 14jährige vergewaltigt und getötet zu haben. Als wäre das nicht fürchterlich genug, moderiert Claus Kleber im „Heute-Journal“ seine Spitzenmeldung wie folgt an: „Plötzlich scheinen all die schnellen Urteile bestätigt: Wären die Grenzen doch zugeblieben, dann würde Susanna noch leben.“

Da ist sogar die „Bild“-Zeitung diskreter, die erst bei der Rückführung ansetzt („Wäre er abgeschoben worden, würde sie noch leben“); und weil das Deutsche für einen zitierten Konjunktiv bloß wieder den Konjunktiv vorsieht, müssen wir das selbst entscheiden, ob der Kleber all die schnellen Urteile, die der AfD zu ihrer Popularität verhelfen, teilt. Was er jedenfalls teilt, ist der antiintellektuelle Affekt, was man bei Klebers Beruf vielleicht verstehen kann: „Keine Statistik, keine ,soziokulturelle Analyse’“ – die Anführungszeichen sind deutlich hörbar –, „überhaupt keine schnelle Zahlenanalyse oder akademische Verrenkung kann ein Menschenleben zurückholen oder das Leid der Familie lindern. Und trotzdem ist die Frage berechtigt: ob das Leben in Deutschland gefährlicher geworden ist, seit Hunderttausende, viele von ihnen männlich, jung, traumatisiert oder frustriert, aus fremden Kulturen ins Land gekommen sind. Die Zahlen sprechen zunächst ein eindeutiges Ja. Man muß sie aber auch genauer anschauen.“

Und das tut dann ein Bericht, der, natürlich, mit der Kölner Silvesternacht beginnt und keinerlei Bedenken hat, sich mit unheilschwangerer Kriminalfilmmusik zu unterlegen, während er an Fälle in Freiburg und Kandel erinnert; in Kandel, wo ein Flüchtling seine deutsche Exfreundin erstochen hatte, folgten „massive Proteste der Bevölkerung“, und zwar, sehen wir, in einem Pegida-Wald von schwarz-rot-goldenen Fahnen und Transparenten wie „Integration ist eine Lüge“ oder „Grenzen dicht, schützt unsere Frauen“. Der „Anteil von Flüchtlingen an Tötungsdelikten“, zeigt die Statistik, ist von 2014 bis 2017 von 4,3 auf 15,5 Prozent gestiegen, und der Kriminologe Pfeiffer wußte, daß unter den Flüchtlingen überdurchschnittlich viele junge Männer sind, welche die Kriminalstatistik nun einmal immer anführten; zweitens seien abgelehnte und deshalb frustrierte Asylbewerber besonders gefährlich. (Der mutmaßliche Mörder von Wiesbaden hatte allerdings noch eine Klage gegen seine Ablehnung laufen.) Im vergangenen Jahr hatte indes die „Zeit“ ermittelt, daß die meisten Opfer von durch Flüchtlinge begangenen Gewalttaten selbst Flüchtlinge sind und in jenen aggressionsförderlichen Massenunterkünften zu Opfern werden, die Seehofer gern noch größer hätte.

„Wir dürfen nicht vergessen, daß die Weltbeschreibung durch die Mechanik immer die ganz allgemeine ist. Es ist in ihr z.B nie von bestimmten materiellen Punkten die Rede, sondern immer nur von irgendwelchen.“ Wittgenstein, 1922

Bei stabil jährlich ca. 36000 aufgeklärten Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung hat sich der Anteil von „tatverdächtigen Zuwanderern“ (ZDF) von 599 auf 3404 erhöht, und das Off fragt arglos: „Stimmt also die These, daß Flüchtlinge die Sicherheit in Deutschland besonders gefährden?“ Pfeiffer: „Das sagt der Bundesinnenminister, genauso wie es Wissenschaftler sagen, das ist einhellige Meinung. Durch die Flüchtlinge hat sich das Gewaltrisiko erhöht, und wir haben es auch wissenschaftlich klar nachgewiesen.“ Der Bundesinnenminister sagt es freilich auch ohne Wissenschaft, und warum bei aufgeklärten Fällen die Tatverdächtigen eine Rolle spielen (deren Zahl naturgemäß größer ist), weiß der Autor allein; und wenn aber seine Grafik stimmt und die Gesamtzahl der aufgeklärten Fälle bis wenigstens 2016 stabil ist, hat sich, was Sexualstraftaten angeht, durch Flüchtlinge das Gewaltrisiko nicht erhöht: Erhöht hat sich lediglich das Risiko, daß der Gewalttäter ein Flüchtling ist.

Dietmar Dath hat gelegentlich die Selbstverständlichkeit ausgesprochen, daß, wo Menschen kommen, die Dummen und Bösen mitkommen. Daß die Mainzer Schülerin noch leben würde, wären die vor Gewalt, Tod und Elend Flüchtenden in ihren Höllen geblieben, ist jedoch so spekulativ wie die Annahme, das Kleinkind, das ein Asylbewerber in Paris vom Balkon geholt hat, werde als Erwachsener einen tödlichen Autounfall verursachen. „Hätte man das Kind sterben lassen, der Unfall wäre nie passiert“: vielleicht aber ein anderer, sogar viel üblerer. Aus einem guten A kann ein böses B folgen; das macht das gute A nicht schlecht. Falls man denn A jemals für gut gehalten hat.

Auf dem Kreuz, das jemand am Fundort der Leiche aufgestellt hat, steht: „Susanna, 14 Jahre, Opfer der Toleranz“. Sosehr das Fernsehen hier auch applaudiert: Nein. Susanna, 14 Jahre, ist das Opfer eines Verbrechens.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Es ist vorbei

Kurz der Verdacht, ich sei aus unbekannten Gründen in einem Paralleluniversum gelandet, und zwar in einem, wo ich an zwei Tagen hintereinander auf der Leserbriefseite des Morgenblatts ausschließlich Richtiges zu lesen kriege; als Reaktion auf einen Bildungsartikel: „… daß es doch gerade die Mittelschicht ist, die Chancengleichheit gar nicht will. Und zwar seit Jahrzehnten nicht. Ihr liegt nichts am Aufstieg anderer. Ihr geht es einzig und allein darum, die eigenen Kinder in eine gute Position zum Wohlstand zu bringen. Und wer dem vermeintlich im Wege steht – seien es Arme, Ausländer, Behinderte – wird gnadenlos zur Seite geboxt. Dann wird er Bürger zum Tier. Und redet weiter über ,Chancengleichheit’. Aber er redet nicht. Er sülzt.“ Und zum kommenden, von der Bourgeoisie und den ihr angeschlossenen Mittelschichten verantworteten Weltuntergang: „In einem Zeitalter des Egoismus ist es nur folgerichtig, wenn einem die Belange der Nachwelt egal sind. Doch wenn Helikoptereltern … ihren Nachwuchs zu jeder der zahlreichen außerhäusigen Aktivitäten mit dem SUV fahren, in den Urlaub mit dem Flugzeug fliegen usw. usf., dann stellt sich schon die Frage, wie es sein kann, daß diese nicht unintelligenten Menschen völlig ausblenden, daß sie mit ihrem Verhalten den uns nachfolgenden Generationen aus purer Genußsucht und Bequemlichkeit die Lebensgrundlage entziehen.“

Wie das sein kann, könnte Leser Hermann Woelke, Dortmund, sicher beim FAZ-Wirtschaftsredakteur Holger Appel erfahren, der, weil Wirtschaft und Motor ja eins sind, für die Abteilung „Technik und Motor“ zuständig ist: „Weil die politische Korrektheit vor nichts und niemandem haltmacht, sei sogleich gesagt: Es gibt auch diesen Lexus mit Hybridantrieb, der stromert sich 359 PS zusammen und gibt wahrscheinlich noch laktosefreien Sake. Jetzt für alle Liebhaber des Automobils: Lexus offeriert diesen GT auch als LC 500 mit saugendem V8-Superbenziner, 5 Litern Hubraum, 477 PS und 540 Nm Drehmoment. Nur, falls jemand zweifelt, wovon hier die Schreibe ist, es handelt sich um einen Toyota, jener rollenden Umwelthilfeorganisation, der die Freude am Fahren eher fremd ist … Nun kommt sie mit dieser Granate daher, und wenn du gerade denkst, im Frankfurter Szeneviertel könntest du damit keinen Augenaufschlag gewinnen gegen die mattschwarzen M und AMG und RS, dann fährt die oberarmtätowierte Grazie in ihrem Smart neben dich, reckt den Daumen in die Höhe und sagt: Klasse. … Mit betörendem Klang kommt der ohne Turbo atmende Achtzylinder seiner Aufgabe nach. Der Vorwärtsdrang ist von entschlossener Naturgewalt … 13 Liter Verbrauch stehen im Testprotokoll … 99 200 Euro kostet dieses verführerische japanische Menü in der Basis, und jetzt zitieren wir den Kollegen von ,Auto-Bild’, weil das Fazit schöner nicht zu formulieren ist: Irgendwann, wenn Anton Hofreiter uns zum Liegeradfahren verpflichtet hat, werden wir solchen Autos hinterherheulen.“

„weil die wollen, daß wir werden sollen wie sie / bleibt nur: weiter, weiter, weiter“ Blumfeld, 1992

Und irgendwann, wenn wieder mal Leute vor ihren weggeschwemmten Häusern stehen oder dürrebedingt verhungernde Kinder in Nachrichtenkameras blicken, heulen dann wir, weil wir dem Appel keine schießen können, und zitieren den Kollegen Distelmeyer, weil das Fazit nicht schöner zu formulieren ist: „Ihr habt immer nur weggesehen / es wird immer so weitergehen / gebt endlich auf – es ist vorbei! / Ihr habt alles falsch gemacht / habt ihr nie drüber nachgedacht? / Gebt endlich auf – es ist vorbei!“ Und während man das als Konzertbesucher hört, zählt man zerstört die Leute, die handyfilmen oder ihr scheiß WhatsApp betrachten, weil halt auch die bildungsnahen Freunde des Diskursrocks alles falsch machen und über nichts mehr nachdenken und erst eine Zugabe fordern und während der Zugabe dann quasseln und nur deshalb keine Selfies schießen, weil sie das während des Auftaktstücks schon erledigt haben. Später an der Bushaltestelle hält dann ein Auto, der Beifahrer geht zum Geldautomaten, der Motor läuft, der Fahrer glotzt aufs Handy: es ist vorbei.

Möchte freilich sein, gegenwärtige Gesellschaft ist aufs Nachdenken insgesamt nicht recht eingerichtet. Weil halt auch nicht angewiesen.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Zweifellos

In dieser Kolumne kann ich im Grunde nicht viel falsch machen: Hab ich recht, dann hab ich recht; hab ich einmal nicht recht, um so besser, weil dann irgend etwas nicht so arg steht, wie ich gemeint hab’.

Es verdankt sich diesem Zusammenhang, daß mich Nachrichten, die quasi wortgleich noch das bestätigen, was ich polemisch zusammengefaßt habe, den Kern des beruflichen Selbstverständnisses berühren: Im besten Fall ist man ja so was wie ein Müllmann, der den Dreck Woche für Woche wenigstens symbolisch beiseite räumt; im nicht so günstigen wäre man ein Aasfresser, der sich an dem labt, was da tot am Wegrand liegt. Im „Freitag“ berichtet eine Schauspielerin von ihrer Zeit unter Hartz IV, dieser „Martermühle“ und „Schreckenskammer der Gesellschaft“: Armut sei „selbst im Kollegenkreis tabu. Manche hungern und frieren, aus Stolz, aus Scham, aus Furcht vorm Amt. Ich ging hin; doch nach elf fehlerhaften Bescheiden, zehn Widersprüchen und einer Sanktion wurde mir klar: Hartz IV bekämpft nicht die Armut, sondern die Armen“, die nämlich, wir hatten das, selbst schuld sind und für die Mehrheit schuld sein sollen. „,Hier hast du auch was zu trinken!’, sagte ein Politiker, als er bei einem Weinfest einem Obdachlosen Sekt über den Kopf goß. Fußfesseln für Arbeitslose wurden diskutiert, ein Professor schlug vor, Arbeitslose sollten ihre Organe verkaufen (dürfen). Selbst schwangere Frauen werden ,sanktioniert’. Sie können wegen Stromsperren nach Leistungskürzungen ihren Babys kein Fläschchen mehr warm machen. Ich wollte die unglaublichen Geschichten erzählen und schrieb ein Buch, wie das Alltagsleben mit Heart’s Fear wirklich ist: erniedrigend, bedrohlich, bedrückend, aussichtslos, existenzgefährdend, absurd“; und Teil einer „skrupellosen Gesellschaft“.

„Nicht der Zweifel, die Gewißheit ist das, was wahnsinnig macht …“ Nietzsche, 1888

Im Morgenblatt berichtet derweil ein „Spiegel“-Journalist indisch-pakistanischer Abkunft über die Haßmails, die er Tag für Tag bekommt: „Man schrieb mir zum Beispiel auch schon, daß eine Ratte, die in einem Pferdestall geboren ist, trotzdem immer eine Ratte bleiben wird – und niemals ein Pferd werden kann. Diese Zeilen kamen übrigens von einem Juraprofessor.“ Im Feuilleton fällt im Zuge einer Konzertkritik das Wort „Frustrations-Rechtsruck“; worüber der Juraprofessor wohl frustriert ist? Daß ihm sein schönes Vaterland durch Ratten – Ratten! – derart versaut wird?

Der sagenhafte Dietmar Dath in der „Frankfurter Allgemeinen“: „Der ,Gesellschaftvertrag’, den Marx in Verlängerung und Zuspitzung von Rousseaus einziger wirklich guter Idee realisiert wissen wollte, wird von allen mit allen geschlossen, macht so Privilegien unmöglich und schützt damit unter anderem auch die Privatsphäre, übrigens auch das Eigentum an persönlichen Gebrauchswerten (das andernfalls von denen, die Produktionsmittel besitzen, zugeteilt oder entzogen werden kann).“ Der aktuell gültige Gesellschaftsvertrag kommt da nicht ganz mit, sieht er doch vor, daß die, die haben, das, was sie haben, behalten und mehren können, und zwar um so sicherer, je mehr sie haben; und unterstellen wir, dies sei – auch wenn Eigentum grundgesetzlich irgendwie „verpflichtet“ – tatsächlich das, worum es dieser Gesellschaft geht (und wir können es, weil sie ja eine „marktkonforme“ ist), dann folgen daraus noch jene Skrupellosigkeiten ganz logisch, die auf den ersten Blick bloß pathologisch dünken: Denn auch das Schwein, das Menschen Ratten heißt, ist das Produkt einer Privilegswirtschaft, die sich eine Gesellschaft so hält wie ein völkischer Ordinarius seine fremdrassige Putzfrau.

Ein Skrupel ist laut Fremdwortduden zuallererst ein „Zweifel“. Ein Zweifel an der Triftigkeit dessen, was da zur Zeit Gesellschaft ist, besteht bekanntlich nicht mehr. Das macht Gesellschaft skrupellos; und Hartz IV ist nicht irgendein Unfall oder Auswuchs, sondern, traun, ihr genuiner Ausdruck.

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Gärtners kritisches Pfingstsonntagsfrühstück: Im Zusammenhang

Während vorm Fenster schon wieder einer steht, der bei laufendem Automotor in sein Telefon hineinsieht, im Morgenblatt der Klimaforscher Schnellnhuber, der die „seltsame Gelassenheit“ beklagt, mit der zumal der westliche Weltbewohner das kommende Klimaunglück auf sich zu kommen läßt: „Wir steuern im Irrsinnstempo auf eine unbeherrschbare globale Situation zu, die Risiken erhöhen sich quasi stündlich, aber viele Medien berichten nur noch mit gequälter Beiläufigkeit darüber … Wenn ich ein riesiges Problem habe, bei dem ich nicht weiß, wie ich es in den Griff bekomme, verdränge ich es. Oder ich intensiviere sogar mein Fehlverhalten.“

Es ist, drittens, freilich auch nicht so, daß der moderne Mensch auf mehr als jene Zusammenhänge trainiert würde, die ihn zum fixen Teil des Verwertungszusammenhangs machen, weshalb eine vielleicht siebzehnjährige Hobbykickerin, die in den Tagesthemen den Umstand kommentieren darf, daß ebender Fußballer nicht im Kader für die Fußball-WM ist, der vor vier Jahren die deutsche Mannschaft zum Weltmeistertitel schoß, mit Mario Götze auch kein Mitleid hat: „Also, wenn man nicht liefert, wird man aussortiert.“

Ein paar Minuten zuvor hatte ein Fachmann die „wachsende Gewalt gegen Amtspersonen“ (Tagesthemen), aber auch gegen Sanitäter und Rettungskräfte kommentieren dürfen (die der Vorschautext in der Mediathek „Dienstleister“ nennt), und es war, bewahre, kein Gesellschafts-, sondern ein Neurowissenschaftler, dem aber auch nicht entgangen war, daß (lt. Tagesthemen-Off) „das Gefühl, Teil einer sozialen Gemeinschaft zu sein“, bei „immer mehr Menschen“ schwindet. „Das heißt, für diese Menschen, die sagen, ich bin nur noch alleine in der Welt unterwegs, der Rest interessiert mich nicht, für die wird quasi jeder Träger einer Uniform oder eine Dienstkleidung quasi zum Objekt für Feindseligkeit und Haß.“ Warum diese Menschen sagen, ich bin nur noch alleine in der Welt unterwegs, der Rest interessiert mich nicht, unterfiel freilich keiner weiteren Betrachtung; dafür durfte, s.o., der Nachwuchs genau das grimmige Leistungsregime beklatschen, das bewirkt, daß sich etwa deutsche Nationalfußballer für den Rest der Welt so wenig interessieren, daß ihnen ein Trikottausch mit dem türkischen Folterpräsidenten wie das Unverfänglichste von der Welt vorkommen kann.

„Alles ist freundlich wohlwollend verbunden, / Bietet sich tröstend und traurend [sic] die Hand, / Sind durch die Nächte die Lichter gewunden, / Alles ist ewig im Innern verwandt.“ Brentano, 1801

Paranoiker, Romantikerinnen und Freunde der kritischen Theorie sehen überall den Zusammenhang; das, was vom Menschen übrig ist, sieht nach Kräften keinen mehr. Und darum bin ich auch wieder mal der einzige, der sich für die Verlagsbeilage „Velo Now!“ („Rennrad: Sportlich unterwegs mit Genuß; Made in Germany: Radinnovationen aus der Heimat“) begeistert: „Radfahren in der Gruppe macht nicht immer allen Spaß, gerade die schwächsten Fahrer leiden. Unsere Autorin kennt das Gefühl zur Genüge. Für den Familienurlaub saß sie nun erstmals auf einem E-Mountainbike und siehe da, der Fahrspaß kehrte zurück.“ Wenn ich ein riesiges Problem habe, bei dem ich nicht weiß, wie ich es in den Griff bekomme, und wenn ich, immer nur allein in der Welt unterwegs, schwach bin und leide, dann brauche ich nicht etwa Solidarität, Liebe oder eine Familie, die mehr wäre als eine Horde von Es-geht-voran-Kaputniks; dann brauche ich ein E-Bike. In den zitierten Sätzen wird (bis auf die amtlich tote Kommasetzung) alles kenntlich, was am Zusammenhang, so wie er ist, falsch ist, und niemand sollte eine Schule verlassen, ohne in die Lage versetzt zu sein, das auch zu sehen. Das ist, wiewohl eine Schulstunde reichen würde, natürlich der frömmste aller Wünsche; und also bleiben die einen fanatisch „in Form“ (ebd.) und geht alles andere komplementär aus dem Leim.

„Wir haben uns alle viel zu lange aus der Verantwortung gestohlen“ (Schnellnhuber): es gibt indes kein „Wir“ mehr, und Verantwortung können nur aufgeklärte Erwachsene übernehmen. Noch so’n frommer Wunsch: „Als die Kinder noch klein waren, konnte ich noch gut mitfahren, mittlerweile hängt die Mama jedoch nur noch hinterher und muß sich dann auch noch die blöden Kommentare der Familienmitglieder anhören.“ Und muß doch liefern den rundum Gelieferten. (Und apropos: „Deutsche Post: So krank macht der Job als Paketbote wirklich“, Wiwo.de. Zusammenhänge, Zusammenhänge ...)

Noch mehr Zusammenhang gibt’s live am Dienstag, 20 Uhr, in Nürnberg, K4 (Zentralcafé). 

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Oben ohne

Wenn mich das islamische Kopftuch befremdet, dann nicht, weil ich mir seinetwegen „fremd im eigenen Land“ vorkäme; das tu ich aus ganz anderen Gründen. Es befremdet mich so, wie mich das Tattoo des Mittelschichtsmanns in Shorts befremdet, der sich seinen Jahrgang („1969“) vertikal aufs Schienbein hat stechen lassen. Mich befremdet, was Aufklärung zurücknimmt, deren Erfolg es zwar ist, daß jeder und jede tun, lassen und glauben kann, was er oder sie will, deren tieferer Sinn aber darin liegt, daß gewisse Dinge nicht mehr benötigt werden; „Identität“ als notwendig kollektive und autoritäre gehört dazu. (Dann ist die Frage auch verkehrt, wie „freiwillig“ ein Kopftuch sei – der Mann aus dem Café trägt sein Tattoo ja gleichfalls freiwillig –, und die netten Musliminnen, die in der Titelgeschichte des SZ-Magazins dafür streiten, mit Kopftuch Richterinnen oder Lehrerinnen werden zu dürfen, sind natürlich auch nicht die von Tradition, Patriarchat und Ehrenmord Geknechteten, mit denen das Volksempfinden das Kopftuch verbindet.)

Was haben sich alle gefreut, als Navid Kermani als Bundespräsident im Gespräch war, weil plötzlich wieder von „Spiritualität“ die Rede sein konnte, und der katholische Schriftsteller Mosebach applaudierte dem Umstand, daß sich Muslime wenigstens noch vor Allah in den Staub würfen, was ja wohl die einzige Konsequenz aus dem Glauben an einen allmächtigen Gott sei. „Und wo hört man heute eigentlich noch Christen von Gott reden, einfach so, aus sich heraus?“ will ein fetter Zwischentitel a.a.O. wissen. „Schon mal ein religiöses Bekenntnis im Alltag gehört?“ Die Frage will das leitkulturelle Geschwafel von „christlich-jüdischer Identität“ als völlig leer und Söders Kreuze als bloß der Ausgrenzung dienend desavourieren: „Das ist das Gegenteil von sinnlichem Glauben, das ist Identitätspolitik mit Religionssymbolen“, bewundert aber diesen „sinnlichen Glauben“, „Spiritualität“ und jenen muslimischen „Glaubensstolz“, von dem Pfarrer Prantl neulich gesprochen hat und der uns urbanen Agnostikern halt fehlt, die wir nicht einmal dann spirituell werden, wenn „der Sex bis ins Hirn gebitzelt hat“ (Magazin-Autorin Fritzsche). „Unvorstellbare Szene: Freunde sitzen zusammen beim Abendessen, sie probieren den neuen Japaner im Viertel aus, einer erzählt von seinem jüngsten Erlebnis mit Gott.“ Wenn das Kopftuch dafür sorgen soll, daß diese Szene wieder vorstellbar wird, dann muß ich’s freilich ablehnen.

„Auch törichte Gesetze geben Freiheit und Ruhe des Gemüts, sofern sich nur viele ihnen unterworfen haben.“ Nietzsche, 1886

Das Dilemma des Staates besteht darin, daß frau füglich glauben dürfen muß, daß ihr Seelenheil davon abhänge, ihr Haar nicht zu zeigen, vor Gericht und in der Schule aber weltanschauliche Neutralität geboten ist, wobei diese Neutralität als eine theoretische verstanden werden darf. An die Marktdemokratie glauben nämlich alle, und wer bei Weltwirtschaftsgipfeln Flaschen wirft, geht schon mal für zweieinhalb Jahre in den Kahn; befangener wird eine Richterin mit Kopftuch auch nicht sein. Von christlich konservativer Seite wird gern beklagt, daß Religion im Alltag immer weniger zu sehen sei; da sage ich: Prima, denn Religion ist eine Privatangelegenheit und öffentliche Religion Reaktion. Ist das Kopftuch, sofern seine Trägerin eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt, nun eine Privatangelegenheit, ein Accessoire? „In Sport und Popkultur“, freut sich Fritzsche, „wurden in den vergangenen Monaten sämtliche Hürden genommen: erstes ,Vogue’-Cover mit Kopftuchträgerin, erste Olympiateilnehmerinnen mit Kopftuch. In einer US-Castingshow, die Designer-Talente sucht, stand eine Frau mit Kopftuch im Finale, die ausschließlich muslimische Mode entworfen hatte. Überall wird das Kopftuch sichtbarer, bekommt neue Bedeutungen, verändert seine Symbolik.“ Die aber doch in keinem Fall zu einer nicht-religiösen, nicht-identitären wird, so wie das Kreuz, an welchem Popkultur ja auch nicht ganz vorbeigegangen ist, nach wie vor und unbestritten Religion (oder wenigstens „christliches Abendland“) meint, sonst würde Söder es nicht aufhängen. Hier richtet sich ein Angebot nach einer Nachfrage, und daß die wächst, daß Religion zurückkehrt, und sei’s als Reaktion auf andauernde Diskriminierung und den völkisch-kulturalistischen Identitätsdiskurs abendländischer Mehrheiten, führt zu dem, was Marx als den Anfang aller Kritik bestimmte. „Imagine there's no countries / It isn't hard to do / Nothing to kill or die for / And no religion, too“ – es mag einmal Kitsch gewesen sein, sich auf diese Träumerei John Lennons zu berufen; doch heute können die einen nicht ohne identitätsverzweifelte Kriegsbemalung leben und die anderen nicht ohne religiösen Gehorsam. 

„[Ein] Vater hat seine Position sehr klar gemacht: Sobald das Tuch ihr beruflich schade, müsse es runter. Er sei nicht Ende der achtziger Jahre nach Deutschland gekommen, habe Nachtschichten als Staplerfahrer am Flughafen gerissen, was aufgebaut, die Familie nachgeholt und fünf Kindern die Uni bezahlt, damit die sich heute solche Sperenzchen wie das Kopftuch leisten.“ SZ-Magazin, 2018

Darüber wäre also zu reden; aber da darüber nicht geredet werden soll (und auf den Gedanken, es müsse darüber geredet werden, schon gar niemand mehr kommt), sitzt die freiheitliche Ordnung da nun zu Recht zwischen den Stühlen: Will sie Lehrerinnen und Richterinnen, die Religion und religiöse Demut für sichtlich unverzichtbar halten; oder will sie Neutralität auf dem Rücken derer, deren Spleen zufällig nicht der Spleen der (rassistischen) Mehrheit ist?

Glücklich, wer die Frage nicht beantworten muß, weil er lieber eine andere stellt; ja sozusagen eine ganz andere.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Attacke

Falschparken ist eine Ordnungswidrigkeit, Steuerhinterziehung ist eine Straftat, Mord ist ein Verbrechen. Bundesheimatschutzminster Horst Seehofer ist es zu verdanken, daß Vergehen, die alle diese Delikte in den Schatten stellen, ab sofort mit einem eigenen Terminus belegt werden: „Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung“. „ … des rechtstreuen Volkes“ ist eine Steigerung, die sich der Minister für die nähere Zukunft vorbehält.

Was war geschehen? In einem Flüchtlingsheim im baden-württembergischen Ellwangen sollte ein Mann aus Togo abgeschoben werden. Dort ist es schön, es scheint immer die Sonne, also ab. Andere Flüchtlinge aus anderen sonnigen Ländern solidarisierten sich spontan mit dem Abzuschiebenden und gingen die Beamten derart und handgreiflich an, daß die Abschiebung abgebrochen werden mußte und später ein hundertköpfiges Rollkommando anrückte, um für Ordnung zu sorgen. Dabei gab es Tumult, Menschen sprangen aus dem Fenster. „Zwölf Menschen wurden verletzt. Der Asylbewerber aus Togo wurde festgenommen“ (SZ).

Mein Jurastudium ist erstens lange her und beschränkte sich zweitens auf Staatsrechtliches, doch ich würde sagen, was hier vorging, war so etwas wie Widerstand gegen oder tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Dinge also, die in diesem unseren Land Tag für Tag tausendmal passieren. Passieren sie aber unter Mitwirkung von Asylbewerbern, ist plötzlich die Rede von einem „Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung“. Dabei war es allenfalls ein Schlag ins Gesicht eines Polizeibeamten, über dessen Rechtstreue keine weiteren Erkenntnisse vorliegen. Das Gastrecht, so Seehofer weiter, dürfe nicht mit Füßen getreten werden; ein „Gastrecht“ aber gibt es gar nicht, und wahrscheinlich gerade deswegen muß gegen derlei lt. Seehofer „mit aller Härte“ vorgegangen werden, wahrscheinlich so hart wie gegen Steuerhinterzieherinnen oder die Produzenten von Schummeldieseln. Oder gegen Nazis, hahaha!

„Zur Demokratie gehört als notwendig erstens Homogenität und zweitens – nötigenfalls – die Ausscheidung und Vernichtung des Heterogenen.“ Carl Schmitt, 1926

„Wir dulden keine rechtsfreien Räume“, beeilte sich der lokale, grüne Ministerpräsident Kretschmann zu erklären, denn wo Ausländer sind, drohen die Räume grundsätzlich rechtsfrei zu werden (wg. Scharia u.ä.). Drum war auch die SZ erleichtert: „Polizei greift in Flüchtlingsheim durch“, und es war wahrlich höchste Zeit! Bei Steuerhinterziehung oder Schummeldieselbau, da wird in Ruhe und neutral ermittelt, da gibt es einen Anfangsverdacht oder stellt wer Beweismaterial sicher; aber verliert einer aus dem Busch nach ein paar faulen Jahren in einer Sammelunterkunft die Beherrschung, da greifen wir durch, handelt es sich doch um einen Schlag ins Gesicht unserer Rechtstreue, weil wir nämlich kein Volk ohne rechtsfreien Raum sind und es auch nicht werden wollen. (Es sei denn, beim Kinderballett wird gebeten, die Handykamera in der Tasche zu lassen; jede/r Dritte hat das Ding in der Hand. Selbst erlebt, bei der Nichte.)

Wie von ungefähr lobte da Dr. G. Seibt vom süddeutschen Feuilleton den harten Minister, weil der in der FAZ lieber von „Heimat“ als von Nation hatte sprechen wollen: „Daß Seehofer Heimat an die ,Vielfalt unterschiedlichster Menschen’ bindet, ist begriffspolitisch ein kluger Zug. Er verbindet das Urkonservative mit den aktuellen Realitäten und entlastet den weiterhin unverzichtbaren Begriff der Nation von identitären Anforderungen“, die es nämlich fraglos gibt und die jetzt eben der Heimatbegriff übernimmt. Weswegen ein tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte uns (mich!) in unserer (meiner!) Heimat attackiert. Dabei war ich nie in Ellwangen und will auch gar nicht hin.

Daß es ein begriffspolitisch kluger Zug wäre, Seehofer einen Hetzer zu nennen und die sich den identitären Anforderungen mit aller Härte widmende Heimat eine, die sich munter faschisiert: fast mögen wir’s erwägen.

PS. Was macht eigentlich Boris Palmer?

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt