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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Das sind so Fragen

Dass in unseren beschleunigten Zeiten alles immer schneller gehe, ist ja nicht die ganze Wahrheit, und ich meine jetzt nicht meine Hauptpost. An der Ampel zum Supermarkt wirbt das Erste Programm noch immer für seine „Themenwoche Gerechtigkeit, ab 11. November“. Immerhin ist das Motiv super: Eine Grundschulgarderobe voller Jacken, und darüber die Frage: „Von klein auf abgehängt – ist das gerecht?“

Das sind so Fragen, die aber immerhin besser sind als gar keine, denn wer nicht fragt, bleibt dumm, und wenn die Leut’ nicht fragen und sich immer bloß fügen, ist das ja auch keine Lösung. Pluralismus ist, wenn möglichst vielen möglichst kluge Fragen einfallen, und lautet die Antwort, wie sie etwa als Online-Kommentar Gestalt gewinnt und in der Mittelschicht als mindestens latente gängig ist, auf obiges Beispiel dann: Na, wenn die Eltern nun einmal asozial sind!, liegt das in der Natur der freiheitlich-demokratischen Sache.

Und wenn die ARD etwas ist, dann freiheitlich-demokratisch. Sie gibt nicht einfach eine Meinung vor, wie in denselben Netzforen so gerne behauptet wird, nicht einmal eine, wie sie dem gesunden oder jedenfalls unverhetzten Menschenverstand als selbstverständlich erschiene: Kinder abhängen und aussortieren, das ist nicht gerecht, sondern infam. Aber selbst die augenfällig richtige Meinung als alternativlos zu verkaufen ist jene Meinungsdiktatur, die doch keiner wollen kann, und deshalb die gute, demokratische Frage: Alles für Constanze und nix für Kevin, ist das gerecht? Hm? Wie sind denn da die Meinungen so? Was sagen die Gäste bei Maischberger? Pro & Contra, Für und Wider? Dass das von kleinauf abgehängte Kind von derlei folgenlosen Gedankenaustäuschen nicht einmal das hat, was man „die Gesellschaft für ein Problem sensibilisieren“ nennt, versteht sich und ist das Opfer, das auch der abgehängteste Teil der Gesellschaft für ihre (nicht so sehr für seine) Freiheit zu bringen bereit sein muss.

„ … und morgen ist es dann vorbei.“ Nena, 1983

Der vor Weihnachten verstorbene Wolfgang Pohrt hatte ja zuletzt die resignierte Ansicht formuliert, der Kapitalismus sei ein perfekter Organismus und deshalb leider unschlagbar, zumal da die Leute auch nichts anderes wollten als vorne dran und Gewinner sein können, schon evolutionär nicht. Das ist so bedenkenswert wie alles Pohrtsche, aber um meinerseits mal eine gute Frage zu stellen: Warum dann noch die ganzen Umstände? Die scheinheiligen Fragen, die Flunkerei, die Hetze? Wenn der Kapitalismus rein gar nichts zu fürchten hat, schon gar nicht die Wut derer, die er abspeist, warum wirbt dann noch die Reklame für den neusten Panzerwagen damit, er verfüge über, gute Güte, „Empathie“?

Weil nicht alle Kapitalisten sowenig zu fürchten haben wie der Kapitalismus selbst, und je kleiner die Kapitalistinnen, desto mehr, und weil, um zur Woche der Gerechtigkeit zurückzukehren, öffentlich-rechtliches Fernsehen Mittelschichtsfernsehen ist. Dass die Frage nach Gerechtigkeit überhaupt gestellt wird, gibt der Mittelschicht das gute Gefühl, es gehe mitunter noch um jene Gerechtigkeit, um die es spätestens dann geht, wenn das Einkommen für die Privatschule oder die Miete, aber keinesfalls für beides reicht. Dass Gerechtigkeit lediglich in Frageform auftritt, hält andererseits die Konkurrenzängste klein, denn Gerechtigkeit meint die sog. Leistungsgerechtigkeit und nicht etwa eine, die eine Überwindung oder auch bloß Milderung von Klassenprivilegien auch bloß probierte.

Dass man’s nicht wissen kann, wie’s weitergeht, ist der einzige Trost, den der alte Pohrt für uns bereit hielt. Der hatte aber, was er selbst am besten wusste, seine Pension. Wer keine hat und sich auch keine Antworten vorstellen kann, die von den offiziellen abweichen, wird sich darüber beruhigen wollen, dass zu den vielen guten Fragen nicht noch welche hinzukommen, die nicht dümmer sind, als sie klingen.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Yes, We Can

Einer der vielen stillen Untertitel, die diese Kolumne trägt, lautet „Det fiel ma uff“, und am 10. Januar fiel mir aus der People-Spalte dieses entgegen: „Harald Schmidt, 61, TV-Entertainer, lebt kommunikationstechnisch hinterm Mond … Auch seine fünf Kinder halte er von Handy und Internet fern: ,Bevor sie 14 sind, gibt’s kein Smartphone.’“ Und da fiel ma uff, dass ich nur einen Tag zuvor an derselben Stelle etwas ganz Ähnliches gelesen hatte: „Sophie Ellis-Bextor, 39, britische Sängerin, ist allein unter Männern. Auf Instagram verkündete sie die Geburt ihres fünften Sohnes.“ Und außerdem, dass mir neulich untergekommen war, dass Alexa Hennig von Lange, 45, mit Mann und fünf Kindern in (sowieso) Berlin lebt.

Der Einzelfall ist ja immer viel uninteressanter als das Phänomen, und das Rentnerpaar, das vor meinem Fenster eben in grellblauer Expeditionskleidung ins Auto klettert, ist so uninteressant wie das andere Rentnerpaar, das gestern vor meinem Fenster in roter Expeditionskleidung ins Auto geklettert ist. Interessant ist, dass praktisch alle Rentnerpaare, die vor meinem Fenster ins Auto klettern, sich so zurechtmachen (oder eben nicht zurechtmachen), und wie absolut unvorstellbar es für meine Großeltern gewesen wäre, so ins Auto zu steigen, und vor allem in so ein Auto zu steigen. Es können, vermute ich, sehr nette Menschen fünf Kinder haben, genauso wie nicht jeder gleich krank ist, der zwei Hunde besitzt, und ich hab einen Freund, der hat seine drei Kinder aus Versehen (Zwillinge); aber weil alles immer Mitteilung ist, sind fünf Kinder heutzutage entweder Unterschicht (vgl. „Die Wollnys“, RTL2) oder im Gegenteil Status, nämlich Luxus, wie die Kleinbürger in Expeditionsmontur eben immer nur zwei Kinder haben, weil mehr schlicht viel zu teuer ist, beim Wohnen angefangen. Sieben Kinder (v.d. Leyen), das ist Adel (Schloss), für dreie ist man, mindestens in der Stadt, besser besserverdienend, und fünf wäre also die Idealzahl für den Geldadel, die Kulturprominenz, die die „affirmative Kultur“ (Marcuse) auch darin repräsentiert, dass die Kinderschar das Akkumulations- und Klassenprinzip im Fleische akklamiert. Denn Kinder sind die Zukunft, und je mehr Kinder, desto mehr Zukunft, z.B. fürs Personal.

„I’m the end of the line / The end of the family line“ Morrissey, 1991

Dass das Gegenteil wahr ist, werden Ökologinnen gern bestätigen, wie es keinen ökologischen Vorteil gibt, der so groß ist, wie keine Kinder zu haben; der Vorteil wird noch um einiges größer, wenn man in den Wohlstandsregionen keine hat. Andererseits will, wer Kinder hat, nur selten drauf verzichten, und ohne sich nun streiten zu müssen, ob Piwitt recht hat und der Fortpflanzungstrieb bloß ein Sexualtrieb sei, und abseits der Tatsache, dass Familie ideologisch kontaminiert ist und wenig die (zumal weiblichen) Köpfe so mit schauerlichstem Kitsch füllt wie das zeitgenössische Kinderkriegen, will mensch meist, dass etwas von ihm bleibe. Weshalb Künstler und Intellektuelle auf Kinder auch eher verzichten können als die Leute von der Bau- oder Zulassungsstelle.

„He knew that the child was his warrant. He said: If he is not the word of God God never spoke.“ Cormac McCarthy, 2006

Die Ostentation, mit der in Zeiten, da der Planet aus dem letzten Loch pfeift, in den Metropolen nicht mehr über zwei, drei, viele Vietnams, sondern über drei, vier, viele Victors nachgedacht wird, will mir mit der, mit der Geländeporsches durchs Viertel dirigiert werden, allerdings verwandt scheinen, bloß dass „der scheiternde Versuch, eine in heftiger Transformation befindliche Werte- und Weltordnung zu konservieren“, im einen Fall ein ganz offenbarer „Zynismus auf Rädern“ (Johannes Vincent Knecht, Konkret 8/18) ist, im anderen ein ideologisch sehr viel besser kostümierter und zudem einer, der sich am Einzelfall nicht bestätigt. Dass Kinder durchaus ein Zynismus sein können, etwa weil sie, die Frau immer wieder ins Kindbett zwingend, patriarchale Herrschaft festigen, weiß, wer Arno Schmidts „Fouqué“ gelesen hat; persönlich aber ist kein Kind jemals einer, denn für das klassistische Geltungsbedürfnis der revitalisierten, spätneobourgeoisen Großfamilie kann es solange nichts, wie es dieses Bedürfnis nicht reproduziert.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Willkommen und Abschied

Es ist ja „nun schon auch ein bisschen“ (Joachim Löw) bedenkenswert, wenn die gute  „Süddeutsche“ eine eigene Redakteurin auf oder wenigstens für Hartz IV unterhält, und war ich einst, die Älteren erinnern sich vielleicht, bis über beide Ohren in die Heike Göbel von der Frankfurter Konkurrenz verschossen, die nichts so wuschig machte wie die supergeile Marktwirtschaft (die eigentlich immer funktioniert, es sei denn, der doofe Staat mischt sich ein oder irgendwelche Kommunistinnen), mach ich’s jetzt wie alle Männer im kritischen Alter und such mir ’ne Jüngere:

„Leicht und flott sagt sich der Schlachtruf daher: Hartz IV muss weg! Aber alles, was nach dem Ausrufezeichen kommen müsste, hätte mit leicht und flott nichts mehr zu tun. Wer die Grundsicherung abschafft, würde die Gesellschaft einer Zerreißprobe aussetzen.“ Das mag stimmen, jedenfalls in der Welt der Henrike Roßbach, in der Schlachtrufe nicht, nun ja, entschlossen gerufen werden, sondern flott dahergesagt; in der anderen, meinen, zerreißt es die Gesellschaft viel eher wegen Hartz IV als ohne, dessen Abschaffung aus einem Almosen wieder ein Recht werden ließe und allenfalls den DAX und den BDI stören würde, die Roßbach aber auch viel näher am kalten Herzen liegen als irgendwelche Sozialfälle ohne SZ-Abo. „Vor allem aber argumentieren viele Experten überzeugend“, und das ist immer gut bzw. passt immer, so wie der Halbsatz: Immer mehr Menschen finden …, „dass alles, was Hartz IV ersetzen könnte, am Ende doch ziemliche Ähnlichkeit mit dem Hartz IV aufweisen würde“, so wie die Roßbach einer Fulbright-Stipendiatin mit VWL-Diplom und FAZ-Volontariat geradezu aus dem Gesicht geschnitten ist.

Hartz IV, das ist Schikane, Druck, Stigma, eine disziplinarische Maßnahme auch ohne Anlass, und wenn „auch in Zukunft … Geld fließen“ müsste, „orientiert an einem statistisch errechneten Bedarf“, dann ohne die Drohung, den Geldhahn bei fehlendem Wohlverhalten zuzudrehen, weil man nicht auf Kosten der Gesellschaft leben dürfe; als lebten nicht ganz andere auf Kosten der Gesellschaft. „All jene, die das System als stigmatisierend brandmarken, von Drangsalierung und einem ,Regime’ reden“, also ich, außerdem viele überzeugend argumentierende Experten, „sollten ihre Energie lieber dorthin lenken, wo im kleinen große Ungerechtigkeiten behoben werden könnten“, so wie eins ja auch nicht gleich Sozialismus wollen soll, wenn sich doch im kleinen per Suppenküche die große Ungerechtigkeit beheben lässt, dass die einen die Bio-Garnelen nicht mehr sehen können und die anderen ohne Frühstück zur Schule müssen, weil zwei Euro am Tag nicht reichen.

„... Und lieben, Götter, welch ein Glück!“ Goethe, 1775

Eine noch größere Ungerechtigkeit ist vielleicht, dass solche Ratschläge stets von Damen und Herrschaften kommen, deren einzige Bekanntschaft mit dem Amt bislang das Passamt gewesen ist, und deshalb gibt es soziale Rechte, weil ein Recht für jeden und jede besteht, während Hartz IV bloß gewährt wird, von Sachbearbeitern oder Bürgerjournalistinnen, was disziplinierend über die direkte Delinquenz hinaus wirkt: Wer Angst vorm finalen Ausgeliefertsein hat, der erledigt seinen Billigjob ohne Murren und hält, hat er einen richtigen, bei der Lohnrunde die Klappe.

So einfach ist im Grunde die Marktwirtschaft, und das macht sie für eine wirtschaftspolitische Parlamentskorrespondentin und „begeisterte Berlinerin“ (Roßbach) so attraktiv. Und für mich, über Bande, dann natürlich erst recht. Sorry, Heike.

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Gärtners kritisches Jahresendfrühstück: Schluss jetzt

Es ist ja gar nicht so einfach, Woche für Woche eine Hammerkolumne hinauszuhauen, grad wenn es die letzte Woche des Jahres ist; aber wenn Bahnfahren gerade nicht in Frage kommt, geh ich auf die Post, der es anscheinend stinkt, dass alle immer bloß über die Bahn reden. Weshalb meine Quartiers-Hauptpost, wie berichtet, eigentlich nie mehr als zwei von sechs Schaltern besetzt hält und die Schlange dann bis auf die Straße reicht, wie wir Polemiker so sagen. Eben reichte sie allerdings wirklich bis auf die Straße, und ich nahm unter Verwünschungen Reißaus, bestieg mein Rad und fuhr zum nächsten DHL-Kiosk, und ich fürchte, damit habe ich der Post auch noch einen Gefallen getan.

Denn die Post ist ja kein Teil der erweiterten Daseinsvorsorge mehr, sondern ein globaler Allround-Dienstleiter und jedenfalls einer, der lieber zwei Leute bezahlt als vier oder sechs, und wenn die Leut’ ihre Post zum Kiosk tragen, um so besser, denn da können sich Herr und Frau Kiosk dann schön selbst ausbeuten, und der Aktienkurs wird nicht durch unverschämte Lohnforderungen beeinträchtigt. Die Bahn hat es vorgemacht: Wird irgendwas, was vorher einfach da war, zu einer Aktiengesellschaft, dann werden die Sprüche zwar bunter, aber sonst wird’s grauer.

Es spricht aber durchaus für unsere herrliche Zeit, dass sich Hammerkolumnen bis zum Jahresschluss aus der Tagespresse ergeben: „Union strikt gegen deutlich höheren Mindestlohn. Auch Wirtschaftsverbände lehnen den Vorstoß des DGB als Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit ab“ (SZ, 28.12., S.1). Der DGB hatte in Sachen Mindestlohn von einer „Anstandsgrenze, unter der niemand in Deutschland arbeiten soll und darf“ gesprochen. Dürfen und sollen wir, wenn es nach der Union und den Wirtschaftsverbänden geht, aber doch (von der SPD, die sich jetzt als Kämpferin wider jene Armut dicktut, die sie doch selbst institutionalisiert hat, mal müde zu schweigen), und Mindestlohn heißt, heute zwar voll zu arbeiten, aber morgen keine ausreichende Rente zu haben, damit jene Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet ist, die, nur zwei Beispiele, aus der Bahn und der Post das gemacht haben, was sie sind, und der französischen Wirtschaft, nur ein weiteres Beispiel, so zu schaffen macht, dass selbst das scheißliberale Morgenblatt nicht anders konnte, als zwischen deutscher Lohndumperei und den gilets jaunes den Zusammenhang herzustellen.

„Ich meine, sind wir verdammt oder sind wir verflucht / es gibt einen besseren Weg / warum wird er nicht versucht“ Begemann, 1993

Zum Jahresende wird eins ja gern einmal besinnlich (Prantl!), und da stellen wir uns jetzt einmal ganz dumm und fragen: Was ist das für eine Ordnung, die nur dann funktioniert, wenn sie (und zwar im besten Boom-Fall) für jeden fünften, jede fünfte ein Armutsrisiko bereithält? Was sollen die vielen auf den elenden Wettbewerb geben, die, ob mit oder ohne Job, seine Verlierer sind, und zwar ganz notwendig? Was soll man von einer Gesellschaft halten, die an ihren Mitgliedern einzig und allein als Kundschaft und Kostenfaktor interessiert ist? Es sind dies zugleich dumme und sehr gute Fragen, und wer fürs neue Jahr einen zugleich dummen und sehr guten Rat benötigt, der möge es mir gleichtun und seine Verachtung pflegen. Verachtung nicht unbedingt für Kapitalistens, die können nun mal nicht anders; aber Verachtung für die „unsittliche Wirtschaftsform“, die Tucholsky 1927 so anekelte, dass er, mit Blick auf die Richter, die sie verteidigen, „nieder mit ihnen“ rief und von „Schande“ sprach und „dem wichtigsten Ziel …, dass einen anständigen Menschen anfeuern kann: Recht für die Rechtlosen.“

Ein Bundestagsmandat kommt da natürlich schon fast nicht mehr in Frage.

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Gärtners kritisches Vorweihnachtsfrühstück: Geschichten

Bildung ist ja immer auch Angabe, und eines meiner liebsten Angeberstücke ist, auf Gottfried Benns Einschätzung des damals noch recht neuen „Spiegels“ hinzuweisen, dieser sei eine „Revolverwochenschrift, aber unterhaltlich“ (an Oelze, 14.3.1950).
In dieser unterhaltlichen Revolverwochenschrift hat nun ein junger, gleichwohl bereits hochdekorierter Mann 14 gefälschte Reportagen veröffentlicht, an denen, schreibt der kommende Mit-Chefredakteur Fichtner, „vieles wohl erdacht, erfunden, gelogen“ ist, „Zitate, Orte, Szenen, vermeintliche Menschen aus Fleisch und Blut. Fake.“ Der Kollege habe „viele der Protagonisten nie getroffen oder gesprochen, von denen er erzählt und die er zitiert“. Vielmehr habe er sich aus zweiter Hand bedient und „Charakter-Collagen real existierender Figuren“ mit „fiktiver Biografie“ angefertigt. Außerdem erfand er Dialoge und Zitate.“ Der junge Mann hat alles zugeben und bereits seinen Schreibtisch geräumt, beim „Spiegel“, liest man, wird jetzt alles sehr gründlich aufgearbeitet.

Denn darauf ist der „Spiegel“ stolz, dass seine „Geschichten“ (FAZ) die Wahrheit und nichts als die Wahrheit sind, und wenn das Publikum einst etwa erfahren durfte, bei der Kanzlerin gebe es „Kartoffelsuppe, wieder gibt es Kartoffelsuppe. Angela Merkel kocht gern selbst Kartoffelsuppe“ („Spiegel“ 48/2011), dann konnte es hundertprozentig darauf zählen, dass es bei Merkels immer wieder Kartoffelsuppe gibt und nicht immer wieder Kartoffelpuffer oder Linseneintopf. „Warum ich den ,Spiegel’ nicht mehr lese“ hieß mal ein TITANIC-Text von Robert Gernhardt, in dem er eine üblich alarmistische „Spiegel“-Seite über den Einzug von, glaube ich, Videorecordern in Indien zitierte, der, hieß es, dabei sei, das Land aus den Angeln zu heben, aber wenige Wochen später war Indien noch genau dasselbe Indien wie zuvor. Und alles nur so revolverwochenschriftlich aufgeblasener Quatsch gewesen wie die Reportage „Ein Kinderspiel“, in dem der junge „Spiegel“-Star einen Jungen ausfindig gemacht haben wollte, der überzeugt davon war, mit einem Jungenstreich den syrischen Bürgerkrieg ausgelöst zu haben. Für diese Schnurre gab es dann den Deutschen Reporterpreis 2018, und der ist jetzt natürlich futsch.

„... natürlich sind wir überhaupt nicht realistisch, sondern nur axiomatisch angelegt, nicht induktiv, sondern rein metaphorisch. Dies zu wissen ist ja einer der Angelpunkte unserer heutigen Existenz.“ Benn, 1949

Denn es sind ja heute alle wahnsinnig sensibilisiert, wegen Fake News und so, und deshalb darf eine gefühlige Reportage über den reinen Unsinn kein Unsinn sein, sondern muss den Realabgleich genauso aushalten wie die wildfremden, vollkommen austauschbare Meinungen vortragenden Menschen, die in den ZDF-Nachrichten immer mit vollem Namen vorkommen („Susi Fischer“, „Jamal Zappadong“), damit wir in München oder Mumbai überprüfen können, dass das nicht Statisten sind, obwohl sie eben das doch sind, in jener Sparte Fernsehunterhaltung, die als „News“ firmiert. Die „Stücke“ im „Spiegel“ sind „Geschichten“ gerade in dem Sinne, dass sie Journalismus als Unterhaltungsliteratur inszenieren, und wenn sie gelungen sind, haben wir eine unterhaltliche Geschichte gelesen, die sich den Stoff zu ihren Bedingungen zurichtet. (Die falschen Geschichten hätten „etwas Tröstendes“ gehabt, sagt der Kollege, der ihn enttarnt hat. „Es ist totaler Zeitgeist. Die Reportage hat sich in den letzten Jahren massiv Richtung Kurzgeschichte, Richtung Literatur entwickelt“, und Fakten an der falschen Stelle zerstörten „den ganzen Mood“.) Den Journalistenpreis gibt es für die „Schreibe“, die Aufbereitung, die nicht ganz zufällig das Epitheton „süffig“ heischt, und nicht dafür, ein Illustriertenpublikum irgend klüger gemacht zu haben. „Eigentlich ist es inhaltlich viel Lärm um Nichts u. allein dieses Betonen u. Hinweisen auf dieses Nichts ist interessant“ (Benn an Oelze, 7.7.52).

„Weihnachten – oh schreckliches Wort!“ Ders., 1952

Und jetzt steht einer da und bekennt, er habe Angst vorm Scheitern gehabt, und im Kollegium, weiß die „SZ“, die auch den Enthüller interviewt hat, herrscht deshalb sogar Mitgefühl. Journalismus ist ein Geschäft, man muss verkaufen, was man hat. Hat man nichts oder zuwenig, muss es der Leerverkauf richten, der beim „Spiegel“, diesem „wöchentlich platzenden Wechsel auf ein Stück publizistische Aufklärung“ (Gremliza ganz früher schon), doch eigentlich zuhause ist. Dass einer drüber stolpert, ist Ironie, vielleicht gar Tragik, denn dass Journalismus nichts als die Wahrheit ist, stimmt gerade dann, wenn es nicht stimmt.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Yin und Yang

Es ist ja gottlob immer alles Yin und Yang, und einerseits sind vormittags um elf auf der Post zwei von sechs Schaltern besetzt und reicht die Schlange bis auf die Straße (Pech), andererseits steht der Irre, der seinen ihm wildfremden Hintermann mit unerbetenen Geschichten über den besten Freund in Hameln und Geldanweisungen nach Indien beharkt, nicht wieder mal vor mir (Glück); und freilich ist es zwar Pech, dass während der halben Stunde, die ich mir die Beine in den Bauch stehe, hinter mir zwei unablässig quasseln, aber wiederum Glück, dass sie es auf eine Weise tun, die mir in meine Kolumne helfen.

Die Frau ist, wie sie später ungefragt mitteilen wird, 57, praktisch und sehr grau angezogen, hat eine Strähnchenfrisur und sich an der Schlange vorbei an einen Schalter begeben, um etwas in Erfahrung zu bringen, und mein Hintermann, vielleicht Anfang Dreißig, aber bestimmt eher auf der Schattenseite zuhause, ist damit nicht einverstanden. Die Frau sagt, sie sei aus Badenstedt und kenne sich hier nicht aus. Der Mann sagt (sinngemäß), die Post in Badenstedt sei ja wohl auch nicht anders als diese hier, und vorgedrängelt sei vorgedrängelt. Die Frau sagt, sie habe doch nur etwas fragen wollen, und sie habe doch auch erst ihn gefragt, habe sich aber hernach immer noch nicht ausgekannt, und deshalb sei sie vorausgegangen; der Mann antwortet, es gebe Fragen, die verdienten keine Antwort. Einerseits freue ich mich ja Tag für Tag über die lokale Freundlichkeit (keine Ironie), andererseits ist mir die Frau in ihrer aufdringlichen Geschwätzigkeit zuwider, und ich muss bereits aushalten, dass ein Monitor in Sichtweite „Eva Padbergs Baby-News“ bereithält.

„Nie darf der Fisch / Hinauf aus seinem Grunde steigen. / Des Landes wirksamstes Gerät / Darf man den Menschen nicht zeigen.“ Lao-tse, ca. 300 v.u.Z.

Das Interessante ist nun, dass der Mann und die Frau sich auf einmal vertragen, weil der Mann aus einem Grund, den ich nicht mitbekommen habe, „Hartz-IV-Empfänger“ sagt und sich beide einig sind, dass es so nicht weitergehen kann, weil alles im Arsch ist und so gut wie nichts mehr nachzuvollziehen. Der Mann, höre ich recht, war selbst einmal auf Hartz und sagt (erkennt), dass wir alle verarscht werden und Marionetten sind. Die Frau ist einverstanden, weil sie, wie alle anderen Deutschen, nichts gegen Ausländer hat, aber findet, dass die sich überall vordrängeln (!), aber sagen dürfe man nichts, und ihre Nachbarn seien Russlanddeutsche, und deren Sohn sei immer betrunken und schmiere Kot an die Wände, und immer müsse die Polizei kommen, und zwar von Steuergeld. Der Mann sagt, manche Leute seien krank, und er meint nicht verrückt oder abartig, er meint: krank/therapiebedürftig, und besteht darauf, dass es auf den jeweiligen Fall ankommt. Die Frau stimmt erst zu, lässt aber einen Satz folgen, in dem „Kindergeld“, „eins nach dem anderen“ und „schönes Leben machen“ vorkommen, und wenn Merkel sage, dass wir das schafften, dann wolle sie, die Frau, den Fernseher eintreten. Der Mann sagt, wir seien alle Menschen, und es sei eine Frage der Erziehung, was man vom anderen, Fremden denke, die Leute würden ja mit Absicht dumm gehalten, und die Frau tritt auch gleich den Beweis an. Dann kann ich gehen.

„Es durfte der Mensch nicht so gedemütigt werden. Wilhelm Genazino, 1977

Mein Morgenblatt lesen sie garantiert beide nicht (sie bringen Strasbourg mit den Gelbwesten durcheinander), aber für die, die es tun, gibt’s natürlich ebenfalls ein Angebot. Auf Seite 2 hat der Elsässer Attentäter „eine schwierige Biographie, wie sie häufig vorkommt in ärmeren Vororten Straßburgs. C., 1989 geboren, ist mit sechs Geschwistern aufgewachsen, die Schule hat er besucht, bis er 16 Jahre alt war. Dann folgte die Arbeitslosigkeit“, dann die Kleinkriminalität, dann der Knast. „Mit einem solchen Lebensweg fällt Chérif C. Genau in die Zielgruppe, aus der Islamisten gern Attentäter rekrutieren.“ Auf der Meinungsseite 4 ist nur mehr davon die Rede, Täter seien „immer öfter Kleinkriminelle, … Männer, die noch jung sind, aber ihr Leben schon als gescheitert betrachten; Typen, die man unter anderen Umständen vielleicht Amokläufer nennen würde; Gewalttäter, die oft einfach eine Ausrede suchen“, denn die Dinge sind oft einfach, ob für die Frau ohne Abitur aus Badenstedt oder den Ronen Steinke, der sogar auf der Uni war. Der einzige Unterschied ist, dass die einen dumm sind und die anderen dumm halten.

Es ist halt, Gott sei’s geklagt, immer alles Yin und Yang. (Ausnahme: der Politikteil der FAZ, der ist bloß Yang.)

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Neues aus der Haustadt

Diese Kolumne trägt ja den stillen Untertitel „Aus Deutschland und aller Welt“, und deshalb hier eine hübsche Posse aus den USA. Der Bürgermeister einer kleinen Universitätsstadt im Mittleren Westen gibt ein Interview und erklärt, er finde New York ganz furchtbar: Es sei ihm da zu laut und zu voll, in der U-Bahn rieche es, auch habe er da Obdachlose und Drogenkranke gesehen, und vieles sei kaputt. Schrecklich! Kaum wird das Interview bekannt, stürzt sich die gesamte New Yorker Presse …

Nein, Schluss, das ist so abwegig, dass es mir nicht einmal Spaß macht, diese Annahme als Witz auszuformulieren, der auch dann nur ein schlechter ist, wenn er gar keiner ist. Der Tübinger OB-Esel Palmer hat in einem Interview mitgeteilt, Berlin liege aus seiner Sicht nicht mehr im „funktionierenden Teil Deutschlands“, und weil Palmer so ein wichtiger Mensch ist und das Berliner Überlegenheitsgefühl so unerschütterlich, war, ich folge hier der Zusammenfassung der „Süddeutschen Zeitung“, presse- und twitterseits kein Halten mehr: „Wenn Du Metropole, Vielfalt, Tempo und Lebenslust nicht erträgst, kannst Du woanders die Kehrwoche zelebrieren“, meldete Palmers Parteikollegin und Wirtschafts- und Energiesenatorin mit dem schön berlinisch klingenden Namen Ramona Pop; der Regierende Bürgermeister Müller fühlte sich zu dem Hinweis verpflichtet, Berlin sei eine Vier-Millionen-Stadt („Wie oft soll ich’s sagen?“), die nun einmal ihre Probleme habe; die „Berliner Zeitung“ schrieb an den „lieben Boris Palmer“: „Was diese Stadt 40 Jahre ausgehalten und nach der Wende geleistet hat, ist außerordentlich, bis heute.“ Die „Morgenpost“ unterzog ihre Heimat sofort einem Faktencheck („Boris Palmer behauptet, dass in der Hauptstadt nichts funktioniert: Stimmt das?“), die „Taz“, die, wird’s dumm, natürlich keinesfalls fehlen will, empfahl dem schwäbischen Alternativ-Grünen: „... dann geh doch nach Paris!“ Der „Tagesspiegel“ gab eine fügliche „Antwort aus der Hauptstadt“ und frug Palmer, der aus derselben Ecke Deutschlands wie die Hälfte der Berliner Stadtbevölkerung stammt: „Spricht daraus am Ende die enttäuschte Liebe eines Freigeistes, der dem kleingeistigen Muff seiner Heimat gerne schon mit 18 nach Berlin entflohen wäre …?“ und stand nicht an, aus der Nichtigkeit eine Titelseite zu basteln, darauf ein Sektorengrenzenschild: „Sie verlassen den funktionierenden Teil Deutschlands.“

„Berlin vereint die Nachteile einer amerikanischen Großstadt mit denen einer deutschen Provinzstadt. Seine Vorzüge stehen im Baedeker.“ Tucholsky, 1919

„Das ist dümmer, als nötig wäre“ (K. Kraus, Wien), und dass die spezifische deutsche „Hauptstadt“-Liebe Teil des nationalen Großdefekts ist, der in der Identifikation mit dem Oben, dem Zentrum, der Macht besteht, ist gelegentlich vermutet worden, und zwar, sehe ich recht, von mir, wobei, Moment, die Zürcher „Wochenzeitung“ es ebenfalls gemerkt hat: „Klügere Völker begegnen ihren Metropolen ja mit Skepsis, und die Nichtpariser Franzosen hassen Paris, wie die Nichtzürcher Schweizerinnen Zürich hassen, denn da sitzen, wie in jeder Zentrale, die Macht und die Arroganz. Zu Berlin sind der deutschen Illustrierten ,Stern’ hingegen innert drei Jahren die Jahrhundert-Titelzeilen ,Die Magie unserer Hauptstadt’ und ,Die coolste Hauptstadt der Welt’ eingefallen, weil in Deutschland alles Gute stets von oben kommt, und oben, das war Berlin, ist Berlin, bleibt Berlin.“ Und das war halt ebenfalls von mir. Muss man denn immer alles selber machen?

Kein Zweifel, dass aus derlei die enttäuschte Liebe eines Freigeistes spricht, der, statt dem kleingeistigen Muff seiner Heimat mit 18 nach Berlin zu entfliehen, lieber sein linksrheinisches Studentenappartement gestaubsaugt hat. Kein Zweifel aber auch, dass die Aufregung über ausgerechnet diesen Vorwurf, nämlich nicht zu funktionieren, kaputt zu sein, gar deviant, nicht Metropole, Vielfalt, Tempo indiziert, sondern jene Kehrwoche im Kopf, die im Vaterland überall dieselbe ist. (Ausnahme: Hannover. Hier ist schon auf der Straße keine.)

PS: Das Gegenteil von Kehrwoche und aktuell wie nie: Das Buch zur (Noch-)Kanzlerin und ehem. CDU-Chefin! Jetzt schenken (aber bitte über den lokalen Buchhandel)!

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt