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Fabian Lichters Economy Class

Arbeitszeiten

Wie jüngst schon in Österreich wird nun auch in Deutschland über das Thema Arbeitszeitverkürzung diskutiert. Umfragen zeigen zumindest eines eindeutig: Die Mehrheit will die Viertagewoche bei gleichbleibendem Lohn. Während Wirtschaftsvertreter und deren Fürsprecher wie erwartet von einer Gefährdung der Konkurrenzfähigkeit warnen, halten Befürworter des Vier-Tage-Modells eisern mit Studien dagegen. Denen zufolge stiege die Produktivität dabei sogar eher an, bliebe im Schnitt jedenfalls mindestens auf gleichem Niveau, der Krankenstand ginge zurück, kurz gesagt: Es käme zu einer Win-win-Situation. Noch die Befürworter der Viertagewoche sehen sich heute also genötigt, sich ausgerechnet den Kopf für die Arbeitgeber zu zerbrechen, berufen sich auf wissenschaftlich verbriefte Produktivitätssteigerungen und klingen dabei wie Mediatoren im Dienste von Work-Life-Balance und Unternehmenserfolg. Während man überall den sich wandelnden Arbeitsmarkt und die neue Macht der Arbeitnehmer beschwört, muss offensichtlich noch das einfache Anliegen der Mehrheit der Menschen, der Wunsch, bei stetig steigender Produktivität nicht gänzlich unter den Tisch zu fallen, inzwischen selbst wie ein Pitch an den Arbeitgeber vorgebracht werden. Wie selbstverständlich wird penibel über Gehälter und Arbeitszeiten debattiert und eben nicht über die Konzentration von Wohlstand und Eigentum, über Boni und Verhältnismäßigkeit am anderen Ende des Einkommensspektrums. Meldungen über Rekordgewinne trudeln ein, Krise hin, Krise her, derweil gelten allein Verteilungsfragen inzwischen als weltfremd und utopisch. Was sei mit der Pflege?, heißt es. Was mit dem Fachkräftemangel? Das hieße Schichten umplanen, in manchen Sektoren eventuell gar personell aufzustocken, ächzt es allen Ernstes von Kritikern herüber. Allein schon die Debatte: Schwerstarbeit.

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Inside Innenstadt  

Die deutschen Innenstädte, sie sterben vor sich hin, man hört es allenthalben, gemeint ist vor allem die klassische Einkaufsstraße. Wer hätte es auch ahnen können? Ratlosigkeit und Trauer machen sich breit. Das Ladensterben, es macht Tabula Rasa mit unseren Einkaufsmeilen. Hilflos schaut man dem Treiben zu. Erst Schlecker, jetzt auch noch Kaufhof – wie konnte es nur so weit kommen? Entgegen allen Einschätzungen hat sich das Internet in den letzten Jahrzehnten also doch durchgesetzt und die Menschen nutzen die Zeit, die ihnen zwischen ihren Jobs noch bleibt, nicht mehr vorrangig damit, Streifzüge durch marode Kaufhäuser zu unternehmen. Schon sind andere angetreten, das Kaufhaus nostalgisch zu verklären, auch wenn sie selbst wohl seit Jahren keines mehr betreten haben dürften. Am nicht enden wollenden Gerede über die Problemzone Innenstadt zeigt sich die Banalität herrschender Verhältnisse. Eine „lebendige Innenstadt“ scheint vielen schlicht undenkbar zu sein ohne Einkaufsbummler und eben auch ohne das Auto. Hauptargument gegen verkehrsberuhigte Zonen, die einen Aufenthalt oft erst möglich machen, ist regelmäßig die Behauptung, man fördere damit das Ladensterben. Derweil scheint der Pop-Up-Store dank steigender Quadratmeterpreise bald schon das einzig denkbare Modell für den Einzelhandel zu sein. Doch die zur Verfügung stehenden Kausalketten, sie sind nun einmal vorgegeben und scheinen unhinterfragbar. Zum Szenario immer neuer und größerer Parkplätze sowie zu den längst unrentabel gewordenen Kaufhäusern scheint es schlicht keine vorstellbare Alternative als die der Verwahrlosung zu geben. Der Markt regelt die Innenstädte ab, was bleibt einem da noch übrig? Das Internet verfluchen und Zwangseinkäufe verordnen? In der Innenstadt wird sichtbar, wie unsentimental das Kapital sich seine Wege sucht. Märkte kommen, Märkte gehen und die Innenstadt als noch physisch erfahrbarer Marktplatz hat dabei mehr und mehr ausgedient. Ersetzt wurde sie durch praktikablere Formen des Handels. Da braucht man dann auch nicht dreinschauen wie eine Parkuhr.

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In der Hitze des Gefechts  

Faszinierend ist es dann doch, was sich hinter den so grausam dröge tönenden Begriffen Heizungsstreit und Wärmepumpe in den letzten Tagen alles zugetragen hat. Wie schnell etwa daraus ein "Heizungsverbot" werden konnte. Nahezu unmöglich ist es gerade, sich darüber zu informieren, ohne mit jenem vermeintlichen Heizungsverbot konfrontiert zu werden, und sei es nur in den Überschriften der um Richtigstellung bemühten Artikel. Befeuert von FDP, Bild und Co. soll den Leuten also idealerweise die Vorstellung durch die Köpfe geistern, der Planstaat werde in Bälde vorbeischauen, an der Tür klopfen und die Heizungen der Häuslebauer eigenhändig herausreißen, wenn er denn das Heizen nicht gleich ganz und für alle Zeiten zu verbieten gedenkt. All das Gepolter, es schließt sich nahtlos an das apokalyptische Gerede aus dem Herbst des vergangenen Jahres an, als aus demselben Lager vom Blackout und seinen Folgen gewarnt wurde. Populistische Aufrüstung, die der FDP zur Schärfung des Profils dient, anderswo aber längst für bare Münze genommen wird. Und während der Protest zur Einhaltung der Klimaziele als Weltuntergangspanik verschrien wird, ist es ihr Auftrag, alles, was nicht unmittelbar als Interesse der Wirtschaft auftritt, mit größtmöglichem Tamtam zu bekämpfen und gebetsmühlenartig von der Abschaffung des Wohlstandes zu warnen. Ein Szenario, das, nebenbei, vom Prepper bis zum Reichsbürger auch rechte Ideologen um- und antreibt. Als Lobbypartei aber ist einem jedes Mittel recht und egal, wem man gerade nach dem Mund redet, man hat gelernt, dass man für derlei Manöver keine Konsequenzen fürchten muss. Beinahe egal scheint es, ob im Nachhinein noch journalistisch geradegerückt wird, was an Falschbehauptungen in den Raum geworfen wurde. Die Behauptung ist in der Welt und hat ihre Eigendynamik. Darum ging es ja schließlich.

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Deutsche Notwehr

Wessen tägliches Geschäft es ist, noch die kleinste Abweichung vom Normalbetrieb im Keim zu ersticken, muss sich etwas einfallen lassen, um dabei nicht gar so sauertöpfisch zu wirken, wie das eigene Anliegen einen naturgemäß macht. Gerne gibt man sich daher in Deutschland auch einmal betont antideutsch und kämpferisch fortschrittlich bei noch dem reaktionärsten Treiben, wenn man also in Wahrheit in klassisch deutscher Manier dafür eintritt, dass nichts am großen Konsens zu rütteln hat. Typisch deutsche Eigenart, wenn nicht Spinnerei, seien zum Beispiel Atomausstieg und Klimaschutz, so jedenfalls lautet eine beliebte Behauptung. Und selbst wenn noch ein Funken Wahrheit darin liegen mag, etwa der Verweis darauf, dass anderswo die Reaktoren nun mal munter weiterlaufen, wird die Behauptung eines Sonderwegs nicht gehaltvoller. Keinesfalls ist schließlich Atomkraft im Rest der Welt unumstritten und weit muss man für diese Erkenntnis nicht blicken. Im sonst so gern als Vorbild herangezogenen liberalen Vorzeige-Nachbarländchen, der Schweiz, hat man sich beispielsweise längst darauf geeinigt, dass keine neuen AKW mehr gebaut werden. Deutscher, wenn man denn mit derlei Kategorien hantieren möchte, wäre da aktuell wohl schon das: Während in Frankreich Jung und Alt seit Wochen mit den Gewerkschaften gegen Macrons Gesetz zur Anhebung des Rentenalters auf die Straße geht, schäumen Autofahrer hierzulande über, weil Klima-Aktivisten sie auf dem Weg zur Arbeit hindern. Da lacht das deutsche Arbeitgeberherz und da lacht der Boulevard. Bei Bild und Welt gibt man sich schließlich schon lange größte Mühe, die "Notwehr" der Autofahrer zum einzigen Ausweg aus dem Debakel hochzuschreiben. Mit größter Lust werden täglich die neuesten Ausraster von Autofahrern präsentiert, die Demonstranten über die Füße fahren oder sie von der Straße zerren. Kaum verholen die Sehnsucht nach Gewalt und Härte. Da weiß man doch, wo man ist.

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Mathi-Leaks

"Angela Merkel hielt er für den Sargnagel der Demokratie, Ostdeutsche seien Faschisten oder Kommunisten, den Klimawandel fand er gut" – so teaserte die Zeit ihre Leaks aus Chats und E-Mails des Springer-Chefs Mathias Döpfner an. Der nannte sie nun "aus dem Zusammenhang gerissene Gesprächsschnipsel". Auch wenn einen – nicht nur nach den bereits vor einiger Zeit der Presse zugespielten Äußerungen Döpfners zur Politik Merkels ("neue DDR") – kaum überrascht, was man in der Auflistung zu lesen bekommt, so zeigen die Leaks doch eindrücklich, dass kaum ein Blatt zwischen – eben – Blattlinie und Blattmacher passt. Man ist bei Springer dem Selbstverständnis nach nicht nur Meinungsmacher, sondern auch zur politischen Intervention verpflichtet, steht also für genau das, was man etwa dem ÖRR, wenn nicht der ganzen übrigen Medienlandschaft stets versucht nachzuweisen: Lobbyismus und eine klare politische Agenda. "Kann man noch mehr für die FDP machen? Die sollten 16 Prozent mindestens kriegen", fragt Döpfner laut Leak kurz vor der Wahl aus Angst vor SPD und den Grünen. Und dass er mit dem Lockdown angeblich das "Ende der Marktwirtschaft" erkennen wollte, gar den "Anfang von 33", es wundert einen auch nicht mehr. Dass Döpfner aber auch konstruktiv, ja hoffnungsvoll auftreten kann, es soll hier nicht unterschlagen werden: "Umweltpolitik – ich bin sehr für den Klimawandel. Zivilisationsphasen der Wärme waren immer erfolgreicher als solche der Kälte. Wir sollten den Klimawandel nicht bekämpfen, sondern uns darauf einstellen." Darin mag eine gewaltige Unterschätzung der Gefahren des Klimawandels liegen, dennoch vertritt Döpfner damit eine Haltung, die viele weit über den Springer-Kosmos hinaus insgeheim teilen dürften: So wie man den Schaden stets abnickte, den das Wirtschaften, für das man sich einsetzt, immer schon anrichtete – bisher angenehmerweise noch außer Sichtweite – ist man bereit abzunicken, was noch kommen wird. Auch die Folgen der Erwärmung werden in der Klassengesellschaft schließlich nicht alle in gleichem Ausmaß treffen. Und was den einen schlaflose Nächte bereitet, ist für andere so lang es nur geht eine anstehende Zivilisationsphase der Wärme.

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A long journey  

Einige Wochen sind vergangen, seit die Entwicklerteams von Open-AI der Allgemeinheit Gelegenheit dazu gaben, sich mit dem Stand aktueller KI-Technik vertraut zu machen. Neben dem Chatbot ChatGPT ist der KI-Bildgenerator midjourney ein viel genutztes neues Spielzeug geworden. Mittlerweile ist der Dienst kostenpflichtig. Man wolle, so heißt es, damit die Erstellung von Fake-Bildern einschränken. Als sei man überrascht gewesen über die Tatsache, dass eine Software, die zur Erstellung von Bildern dient, auch exakt dafür genutzt wird. So erstaunlich die Bilder sind, die midjourney produziert, so erstaunlich die Reaktionen darauf. Der Papst in einer Balenciaga-Jacke sorgte für Aufsehen und Ängste, gerade so, als habe es Photoshop nie gegeben. Kann man Bildern noch vertrauen?, fragten sich da manche irgendwo in einem Paralleluniversum. KI-generierte Desinformation sei auf dem Vormarsch, heißt es anderswo. Das nicht zu Unrecht. Kein Hexenwerk, sich auszumalen, wie die nächsten Jahre Krisenkapitalismus mit vereinfachtem Zugang zu Fake-Bildern und Deepfake-Videos aussehen könnten. Ein Moratorium wird nun gefordert, auch aus der Techbranche, sechs Monate Entwicklungsstopp, um zumindest noch einmal kurz anzuhalten, was nicht aufzuhalten ist. Gefahren, aber auch Hoffnungen werden nahezu ausschließlich an die Technik geknüpft. Hier sieht man noch Handlungsmöglichkeit. Dass Menschen quer durch alle soziologischen Milieus den nächstbesten Youtube-Kanal aus einem Hobbykeller längst schon für die Tagesschau halten, andere sich von der Realität mit Freude und durchaus bewusst verabschieden, Fakenews also geradezu begrüßen und teilen, wo sie nur das eigene Ressentiment und Feindbild bestätigen, es ist dann eben ein Kollateralschaden dieser Gesellschaft. In ihrem Licht nicht zu ändern, allenfalls zu verwalten. Mit medienpädagogischem Flickwerk und Debatten soll nun der ganze Kahn noch einmal fit gemacht werden, auf dass er eine weitere Stufe der Beschleunigung übersteht. 

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Zum Lachen  

Nicht einmal mehr sorgenbefreit lachen kann man in diesen übersensibilisierten Zeiten, so klingt eine momentan gern vorgetragene Klage. Was zumindest in Deutschland schon wieder ein Witz für sich ist. Denn was da konserviert und gegen vermeintliche Sittenwächterinnen und Moralpolizisten verteidigt werden soll, ist vor allem rustikales Gepolter, keinesfalls aber ein goldenes Humorzeitalter, um das zu trauern wäre. Wer nur kurz vor der Jahrtausendwende geboren wurde, kann sich noch lebhaft erinnern an die blühenden Humorlandschaften jener Tage. Jahrelang waren die Witzestandards, zumindest abseits der Nische, klar. Man wusste, wann zu lachen war und über wen: Frauen waren von der Venus, Männer vom Mars und in Köln, da gingen die seltsamsten Dinge vor sich. Man lachte über das gebrochene Deutsch von Migranten, äffte sie auf der Bühne und der Leinwand nach, dass alles brüllte, lachte und sich kringelte und alle waren glücklich und zufrieden. Das also soll nun auf einmal vorbei sein? Der ganze schöne Spaß mit einem Mal futsch? Der Frust ist groß. Darüber, dass die bis eben noch so beliebten Gruppen aus dem Fokus des Spotts gerückt und durch den alten weißen Mann und seine Gepflogenheiten ersetzt wurden, der all die Jahre sträflich vernachlässigt worden war. Was schon der Abwechslung halber zu begrüßen gewesen wäre, stößt bis heute auf Abwehr bei denen, die lieber die Witze von früher wiederhätten. Als man noch nicht mit Politik behelligt wurde, nicht zuletzt, da man unter sich war. In Deutschland sind eben auch Pointen für Jahrtausende gedacht. Die Sorge, Pointen über Dieselfahrer, Gendergegner und Co. könnten sich als ähnlich hartnäckige Standards auf ebenso lange Zeit festsetzen, liegt da aus humorkritischer Sicht nahe. Idealerweise werden sie schlicht obsolet.

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt