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Aus Eugen Egners Püppchenstudio

 


Das Fehlen der Schrift (Teil 1)  

Doktor Lateiner schrieb Streichquartette, um nicht zu verzweifeln, wenn die Arbeit an seinem surrealistischen Roman – wie so oft – darniederlag. Die fertigen Partituren schickte er dem von einem seiner Patienten heautoskopisch halluzinierten Doppelgänger. Mit diesem hatte sich Doktor Lateiner im Laufe der Behandlung – wahrscheinlich durch Übertragung – angefreundet. Gleich nach dem Frühstück besuchte er die auch für ihn, den Psychiater, überzeugend reale Person, deren literarische Expertise er schätzte. Sie lebte bei einem freistehenden Wasserhahn am Güterbahnhof und war entweder weiblichen oder männlichen Geschlechts. Pro Sekunde erneuerten sich wie bei einem Menschen zwischen zehn und fünfzig Millionen Zellen in ihrem Körper. Tags zuvor hatte sie ein neues Streichquartett von Doktor Lateiner mit der Post bekommen. „Am heutigen Morgen war es mir die einzige Hilfe“, versicherte sie dem Komponisten, um ihm eine Freude zu machen. „Es muß mein achtes sein“, vermutete Doktor Lateiner. Er hatte längst den Überblick verloren. „Diesmal war der linke Teil der Partitur kleiner“, kommentierte die Doppelgänger-Person, indem sie auf die unverkennbare Symmetrieschwäche Doktor Lateiners anspielte (schadenbedingt war üblicherweise der rechte Teil größer). Doktor Lateiner klagte: „Es ist ein zerebraler Notstand. Als hätte ich mich bei meinen Patienten infiziert.“ Seine Fingerspitzen rochen nach Schwefel.  

(Fortsetzung folgt) 

 

 

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Historischer Witz aus dem späten 20. Jahrhundert

 


 

Schnelle Einigung  (Allerneuste, unglaublich verbesserte Version)  Seit dem Vortag war wieder ein Monat vergangen. Ich kam am Nachmittag in (Ortsname war auf allen Schildern geschwärzt) an, um mit dem Inhaber einer großen Textilmanufaktur einen Liefervertrag über mehrere Partien Polar-Seide abzuschließen. Es hatte stark geschneit, und mein Kraftfahrzeug war das letzte gewesen, das die Wachen auf der Beldrich-Brücke noch in die Stadt gelassen hatten. Etwa zur gleichen Zeit begannen die Orchesterproben in der städtischen Reithalle. Ich stellte meinen Wagen vor dem neogotischen Rathaus ab und begab mich zu der Textilmanufaktur in der Feuermannstraße. Der Inhaber saß bereits aufrecht an seinem Verhandlungstisch und wartete.  „Es ist eine Schande, wie die Tage vergehen“, sprach er mißmutig, woraufhin ich bestätigte: „Ja, die Tage vergehen, daß es eine Schande ist.“ Wir einigten uns erstaunlich schnell in allen Punkten des Liefervertrags. Am Rand meiner Vertragsausfertigung notierte ich mit Bleistift: „Erstaunlich schnelle Einigung in allen Punkten.“

 

 

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Aus dem Jahre 1991


  

Aus dem Alltag eines begabten Kindes (Neufassung)  

Morgen soll ich während einer öffentlichen Veranstaltung im Rathaus das Förderetikett mit Hormon erhalten. Damit habe ich alles erreicht, was sich innerhalb der Reichweite eines begabten Kindes befindet. Vorübergehend erwäge ich eine Selbsttötung aufgrund tiefster Zufriedenheit. Selbstverständlich bin ich zu jung, um die volle Tragweite solcher Gedanken erfassen zu können. Vom Tod weiß ich immerhin, daß er eine anerkannte Gefahr ist. „Und wie verhält es sich mit der Sexualität?“ fragte ich einmal den Pfarrer. Er erwiderte: „Einer der Hauptgründe für sexuelle Handlungen ist Ratlosigkeit.“ Die Wissenschaft scheint ihm darin Recht zu geben. Über solche Probleme denke ich auf meinem Lieblingssitzplatz nach, einem alten Sessel, der im Heizkeller gegenüber einem Öltank steht. Hier versuche ich zudem heimlich, einen Roman zu schreiben. Leider komme ich nach den ersten dreitausend Seiten nicht richtig weiter. Die Handlung ist einigermaßen komplex, die Hauptfigur hält sich für eine große Anzahl Mäuse. Einmal fehlen allen die Köpfe, aber nur kurz. Wahrscheinlich werde ich sowieso keinen Verlag für so ein Buch finden, da kann ich genauso gut gleich mit dem Blödsinn aufhören.  Und schon ist wieder ein Tag abgetan. Wie mein Bett nach mir verlangt! Man spürt es meilenweit. 

 

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Neue Identität (2. Teil und Ende)  

Diese Unstimmigkeit übergehend, erkundigte ich mich, wie er an die Wohnung gekommen sei. Er antwortete, sie sei ihm zugeteilt worden. Halb scherzhaft äußerte ich die Vermutung, er habe sie gewiß nur während der Öffnungszeiten des Kaufhauses betreten oder verlassen können. Während der Nacht, an Wochenenden und Feiertagen wäre das doch problematisch gewesen. "Nein", widersprach Pergh entschieden, "das Kaufhaus war immer geöffnet." – "Immer?" – "Ja. Und es waren immer sehr viele Menschen darin." Die Frage, ob er mit diesen Menschen etwas zu tun gehabt hätte, verneinte er. Aber zum Personal habe er mit der Zeit sicherlich Kontakt bekommen, meinte ich. Man habe ihn doch gekannt, wenn er täglich ein und aus gegangen sei? Auch das verneinte Pergh: "Es war geheim, daß ich da war. Außerdem wurde das Personal täglich ausgewechselt." Auf dieses Thema wäre ich liebend gern näher eingegangen, doch er wollte nicht darüber sprechen. Stattdessen erzählte er, es habe auch ein Restaurant gegeben. Ich versuchte es anders: "Haben Sie selbst in dem Kaufhaus gearbeitet?" – "Nein, bei einer Firma in einem anderen Stadtteil." Ich war gespannt, was er mir über seine Arbeit bei dieser Firma erzählen würde. Leider hatte ich an jenem Tag keine Zeit mehr und verschob die Fortsetzung unseres Gesprächs auf einen späteren Zeitpunkt. Doch zu dieser Fortsetzung kam es nicht. Weil ich wußte, wie die Dinge wirklich liefen, mußte ich untertauchen und benötigte eine neue Identität. 

 


 

 

 

 

 

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Neue Identität (1. Teil)  

Das Zentrum der Stadt, in der ich damals lebte und arbeitete, war durch seine neuen Eigentümer völlig zerstört worden. Kurz danach wurde ein zwischen den Trümmern aufgegriffener, anscheinend verwirrter Mann in die Abteilung eingeliefert, der ich als leitender Arzt vorstand. Er war etwa vierzig Jahre alt, besaß keine Personalien und gab an, Pergh zu heißen. Mehr war zunächst nicht von ihm zu erfahren. Nach einer gewissen Zeit der Eingewöhnung wurde er gesprächiger, und seine Behauptungen erregten mein fachliches wie privates Interesse.  „Eigentlich dürfte ich überhaupt nicht darüber reden“, pflegte Pergh stets zu beginnen. Höchstwahrscheinlich war alles frei erfunden, gleichwohl erweckte er stets den Eindruck, es selbst zu glauben. Auf die Frage, ob er in dem zerstörten Stadtzentrum gelebt habe, antwortete er, wegen seines Wissens darum, „wie die Dinge wirklich liefen“, habe er sich in einer Geheimwohnung verstecken müssen. Wo diese Geheimwohnung denn gewesen sei, wollte ich wissen. Nach längerem Zögern vertraute mir Pergh an: „Im Kaufhaus Gleisen, hinter der Herrenoberbekleidungs-Abteilung in der dritten Etage.“ Ein Kaufhaus Gleisen war mir, der ich seit Jahren mit der Innenstadt vertraut gewesen war, unbekannt. Ich fragte Pergh nach dem genauen Standort, und er nannte eine Stelle, an der es tatsächlich ein Kaufhaus gegeben hatte, allerdings mit einem anderen Namen.   (Wird fortgesetzt)

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In meiner rechten Hand halte ich einen Zettel. Darauf hat jemand notiert:
Der Sinn ist im Schrank programmiert. Er ist metaphorisch zwingend wie die Erde.  
Wer hat das geschrieben? Und warum? Bin ich denn tot, so daß alle, die wollen, mir irgendwelche Zettel mit beliebigen Aufschriften zwischen die starren Finger stecken können? Dagegen spricht immerhin meine Fähigkeit, die Notiz zu lesen, also die erforderliche Maßnahme zu ergreifen, die auf sichtbare Schriftzeichen entfällt. Wenn ich sie entziffern kann, muß ich entweder eine Entzifferer-Lebendmaske tragen oder meine Person lebt noch an ihrer Innenseite. Woher habe ich also die Notiz? Manchmal erhalte ich Post, gut isolierte Post von der Naturstelle, doch dieser Zettel ist überhaupt nicht isoliert.  Ein kleiner Regen fällt.

 


 

 

 

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Am Abend machte ich im Badezimmer eine stupende Entdeckung. Bei eingeschalteter Deckenleuchte warfen mehrere über der Armlehne eines Korbsessels hängende Kleidungsstücke am Boden einen Schatten, der aussah wie das Scherenschnittportrait eines weiblichen Kopfes. Ich staunte, wie aus den Falten einer Hose und zweier Pullover ein so wohlgeformtes Profil entstehen konnte. Mein erster Gedanke war, diese besondere optische Erscheinung irgendwie zu dokumentieren. Auf direkte Weise, indem ich einen Papierbogen auf den Schatten legte und dessen Umrisse mit einem Bleistift nachzog, konnte ich es nicht tun, weil der perfekte Eindruck des Profils nur unter einem bestimmten Blickwinkel entstand. Ein Photo aus eben dieser Perspektive wäre das Mittel der Wahl gewesen, doch ich hatte keine Kamera zur Hand. Den Schatten aus besagtem Blickwinkel wirklich präzise abzuzeichnen, traute ich mir keinesfalls zu. Ich stand wie festgebannt da und wußte nicht, was ich tun sollte. Da erhob sich der Schatten, der jetzt einen ganzen Körper hatte, glitt über die Wand zum Waschbecken und verschwand in dem darüber hängenden Spiegel. Die Kleidungsstücke hingen über der Sessellehne, als wäre nichts geschehen, und verursachten eine amorphe unbeleuchtete Fläche am Boden. Das Glas des Spiegels war von einem feinen Netz aus Rissen durchzogen.

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt