Newsticker

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Aus Eugen Egners Püppchenstudio

 


 

Veränderungen  

In einem altehrwürdigen Gebäude, möglicherweise dem Rathaus der Stadt, stellte man mich einem Vertreter der regionalen Kulturbehörde vor. Er sollte mich zum Ort meines Vortrags bringen. Den Namen des Herrn konnte ich wegen meiner Schwerhörigkeit leider nicht verstehen, deshalb will ich ihn im folgenden mit Holzberg angeben. Nachdem wir ein paar Worte gewechselt hatten, machten wir uns auf den Weg. Überraschenderweise sollte mit einem Linienbus zu der Industriehalle am Stadtrand gefahren werden, wo ich den Vortrag halten sollte. Aus Höflichkeit übte ich keine Kritik daran. Alles, was ich sagte, war: „Keine Sorge, mich interessiert nur noch das Unausdenkliche."  Ich nahm im vorderen Teil des Busses Platz, während Holzberg die Fahrausweise besorgte. Er hielt in jeder Hand einen zigarettenschachtelgroßen schwarzen Gegenstand und fuchtelte damit vor dem Gesicht des Fahrers herum, bis der Vorgang abgeschlossen war. Weil sich der Bus inzwischen stark mit Passagieren gefüllt hatte, konnte Holzberg nicht bis zu mir vordringen. Neben mir saß eine etwa siebzigjährige weißhaarige Dame, die mich fragend ansah. Was lag näher, als ihr von meiner beruflichen Tätigkeit und deren Bedeutung zu erzählen! Auch von Luft und Wasser sprach ich. Sie schwieg dazu, doch ihr Blick wurde immer fragender. Bemüht, ihr alles möglichst laienverständlich nahezubringen, konzentrierte ich mich volkommen auf meine Rede. Erst nach einer ganzen Weile fiel mir die Frau wieder ein. Ich wollte an ihrem Gesichtsausdruck ablesen, ob sie mir folgen konnte, doch ein gleichgültig aussehender, dicker Mann saß jetzt auf ihrem Platz. Holzberg konnte ich ebenfalls nicht mehr entdecken. Der Bus hatte angehalten, und ich nahm an, mein Begleiter sei von den Aussteigenden mitgerissen worden, ohne mir ein Zeichen geben zu können. Um ihn wiederzufinden, begab ich mich selbst ins Freie. Draußen bot sich mir ein chaotischer Anblick. Es gab keine festen Straßen für den Verkehr, sondern nur schlammige Feldwege. Auf einer leichten Anhöhe hatte sich ein anderer Bus in bedenklicher Schieflage festgefahren. Etwas weiter unten steckte rechterhand ein weiterer manövrierunfähig im Schlamm. Trotzdem drängten sich alle, die soeben ausgestiegen waren, vor den beiden Bussen und wollten unbedingt hinein. Auch Holzberg befand sich unter ihnen. Bei dieser Gelegenheit sah ich ihn zum letzten Mal. Als einziger kehrte kehrte ich in den fahrbereiten, jetzt leeren Bus zurück. Der Fahrer war damit beschäftigt, ein Protokoll für künftige Generationen zu schreiben. Mir ein Beispiel daran nehmend, zog ich mein Tagebuch hervor. Durchs Fenster neben mir sah ich beiläufig, wie die beiden anderen Busse plötzlich himmelwärts schwebten und verschwanden. Aus dem Kopf des Fahrers vor mir wuchsen Spalierrosen. Etwas hatte sich verändert, vielleicht die Zusammensetzung der Luft oder des Lichts. 

 

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Zur Herzerwärmung in unterkühlter Weihnachtszeit

 


 

Das Eintreten der Rückhalt-Progression

Schon oft ist an allen möglichen Stellen von gewissen Schwierigkeiten berichtet worden, hier aber soll es nicht lediglich um Schwierigkeiten gehen, sondern vielmehr um das Eintreten der Rückhalt-Progression. Bei der Gelegenheit, die hier zur Debatte steht, erfolgte es ausgerechnet in dem Augenblick, als wir versuchten, die Landschaft mit ihrem Reiz einzufangen. Wir wollten soeben die Augen öffnen und die Schönheiten in uns aufnehmen. Die dazugehörigen Hemmungen hatten wir schon überwunden, uns gegeneinander gestellt und durch Kordel gegen Umfallen gesichert. Einer von uns hatte kurz zuvor gesagt: "Nun setzen wir uns erst einmal ruhig hin und schauen in die Landschaft." Nicht zuletzt deshalb waren wir im Begriff, optisch Besitz von der Umgebung zu ergreifen. Kontemplativ wollten wir Fläche gegen Fläche setzen, eingedenk der Tatsache, daß es die Linie als solche nicht gibt. Unsere Forderungen an die Wirklichkeit hatten wir zurückgestellt. Fast war es wie die Vorstufe zu einem religiösen Geländespiel.

Und genau in diesem Moment trat die Rückhalt-Progression ein. Rückblickend muß man sich wundern, über welche Geschicklichkeit im Anschleichen sie verfügte! In nie aufhörender Virulenz schwamm sie gleichsam durch den Äther an uns heran, tauchte durch unsere gespreizten Beine und fiel lautlos über uns her. Mit der linken Hand erfaßte sie unsere Ellbogen und drückte die Arme aufwärts, dann drehte sie die Arme nach unten. Um einem Gewürgtwerden zu entgehen, wollten wir uns herauswinden, doch sie drehte den Arm dabei weiter. Mit allen Mitteln faßte sie uns von hinten, um die Umklammerung von vorn anzuwenden. Eine Hand bekamen wir ins Kreuz, und zwar jeder von uns, gleichzeitig drückte die andere Hand gegen Kinn und Nase. Durch Kopfgriff in Rückenlage machte uns die Rückhalt-Progression vollends zu wehrlosen Trotteln. Die Wirkung war überaus verheerend, so daß wir nicht mehr wußten, was wir tun sollten. Wir hatten keine Hilfsmittel, einen Wald gab es so wenig wie ein Gelände mit Buschwerk oder Gräben zum Verstecken. Auch die Linie als solche gab es, wie weiter oben erwähnt, nicht. Man hätte die gesamte Landschaft einer Heilbehandlung unterziehen müssen, doch der Abtransport des Geländes ins Krankenhaus war nicht möglich.


 

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Die Filmleute interessierten sich für meinen Kleiderschrank, den ich ihnen dann im Freien als Naturphänomen vorführte. Ich öffnete die Türen, zog Schubfächer heraus und klappte auch irgendetwas schräg auf. Nicht das Geringste deutete darauf hin, daß die Kleidungsstücke in diesem Schrank dazu neigten, sich zu verdoppeln. Deshalb wurde die Arbeit abgebrochen, und wir beschlossen, etwas ganz anderes zu filmen. Nachdem die Ausrüstung wieder eingepackt war, machten wir uns zu Fuß auf, um in der Nähe einen neuen Drehort zu suchen. "Vielleicht gibt es hier irgendwo etwas Interessantes", meinte der Regisseur.
Unterwegs passierten wir ein eingezäuntes, von hohen alten Bäumen bestandenes Grundstück, das ich nicht kannte. Das solide Gartentor zwischen den gemauerten Pfosten war halb geöffnet. Weil ich von allen in unserer Gruppe am dichtesten daran vorbeiging, sah ich neugierig hinein. Mein Blick traf auf eine Gestalt, die hinter dem linken Torpfosten gestanden hatte und jetzt hervorkam. Ich wollte aufschreien, erstarrte jedoch im selben Moment vor Schreck. Ein großer, pelziger Affe stand aufgerichtet vor uns, halslos, mit grimmigem Maul und schwarz umrandeten Augen. Wir wichen zurück. Keiner von uns wußte, was zu tun war, Todesangst erfüllte alle. Im Nu erhob sich die Bestie in die Luft, so daß sie wie eine monströse Eule oder Fledermaus drohend über uns schwebte. Dann stürzte sie auf den Kameramann herab – nein, nichts dergleichen geschah, es ist alles völlig frei erfunden. Als ob sich irgendjemand für meinen Kleiderschrank interessierte!

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Themenabend: Keine  

1. Ich war wesentlich älter geworden als erwartet, und nun hatte ich keine Hosen mehr. Zudem hatten Insekten aus der Hölle meine Pullover zerfressen.  

2. Er sah Regulatoren, wo gar keine hingen.  

3. Offiziell hielten keine Züge mehr an diesem Bahnhof. Es konnte allerdings sein, daß inoffiziell doch welche hielten. 

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Wunder Tür 

Und so stand ich dann vor dem Wunder namens Tür. Man unterscheidet zwischen einerseits „Naturwundern“ wie Leben, Geburt, Verdauung oder Firmament und andererseits menschengemachten Wundern. Zu letzteren gehört, neben Geigenspiel, Lesebrille und Elektronik, auch die Tür. Schon früher waren mir Türen – so lautet der Plural – begegnet, daher wußte ich, worum es sich handelte.  
Eine Tür ist eine Schwachstelle der Wand, doch gleichwohl ungemein nützlich, wenn ein hinter der Wand gelegener Raum (es kann auch ein räumlicher Außenbezirk wie das sogenannte „Freie“ sein) erreicht werden soll, ohne die Wand auf umständliche Weise zu durchbrechen. Anders als Lappen, die in Wandöffnungen gehängt werden, kann so eine aus Holz oder Metall gefertigte Tür durchaus ein guter Ersatz für das öffnungsbedingt fehlende Stück Wand sein. Hinzu kommt der vorteilhafte Effekt ihrer Beweglichkeit. Türen werden gern an sogenannten Scharnieren befestigt, so daß sie, je nach Notwendigkeit, in Schwingung versetzt werden können. Dadurch lassen sie sich sowohl öffnen als auch schließen. Auf der den Scharnieren gegenüber liegenden Seite ist bei einer Tür in praktischer Höhe ein Mechanismus angebracht, für dessen Bestandteile Ausdrücke wie „Griff“ oder „Klinke“, „Schloß“ und „Riegel“ erdacht wurden. Dieser Mechanismus findet seine funktionale Entsprechung (Einrastung) an einer unmittelbar benachbarten Stelle des Türrahmens. Man muß das alles selbst gesehen und ausprobiert haben. Beschreiben läßt es sich kaum.  
Die Tür, vor der ich nun stand, war also ein nützlicher Gegenstand. Zu mir in Beziehung gesetzt, wirkte sie um so nützlicher, denn sie konnte mir von Nutzen sein. Weil ich sonst nicht in den – zumindest theoretisch vorausgesetzten – Raum hinter ihr gelangen, ja nicht einmal einen Blick in denselben werfen konnte, blieb mir nichts anderes übrig, als den Öffnungsmechanismus in Gang zu setzen. Es ist jedoch ganz unmöglich, diesen komplexen Vorgang mit Worten auch nur einigermaßen anschaulich zu schildern. Das Werkzeug der menschlichen Sprache ist dazu ungeeignet, der menschliche Verstand sieht sich hoffnungslos überfordert.  
Eingeleitet wurde der Prozess mit einem dreimaligen „Anklopfen“, das heißt, ich klopfte mit dem mittleren Gelenkknochen meines rituell eingebogenen Zeigefingers vernehmlich an die Holzplatte, aus der die Tür zum größten Teil bestand. Dann erst erfolgten die Manipulationen an oben erwähntem Mechanismus. Während die Tür selbst schon ein Wunder war, ereignete sich nun auch noch, von meiner Hand und vor meinen Augen, das Wunder ihrer Öffnung. Ich war sein Urheber und Zeuge zugleich!  
Zweifellos gehört große seelisch-nervliche Festigkeit dazu, die Wandlung des Anblicks zu verkraften, welche stattfindet, wenn die Tür dem Druck der Hand nachgibt, aufschwingt und dem Durchgangswilligen zuletzt einen neuen Raum offenbart.  

 

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Die sensationelle Jackettdoublette

Bevor ich zu einem neuen erschütternden Abenteuer aufbrach, nahm ich schnell ein leichtes Sommerjackett aus dem Kleiderschrank im Garten und zog es an. Mir war, als hätte es früher meiner Mutter gehört. Für modebewußte Leserinnen und Leser sei noch hinzugefügt: Der dünne weiße Stoff war mit stilisierten großen, blauen Blüten bedruckt. Zu meiner weiten grünlichen Hose paßte das Muster schlecht, doch würde das erfahrungsgemäß niemanden interessieren. Für gewöhnlich wurde ich ignoriert. Dieser Umstand gab mir sehr große Freiheit, ich konnte beispielsweise unbemerkt verarmen und sterben – oder vorgenanntes Jackett auf der Straße tragen. Genauso gut hätte ich in einem kurzen Leopardenfelljäckchen und grellem Makeup losziehen können (vielleicht beim nächsten Mal). Mir lief die Nase, ein untrügliches Zeichen dafür, daß etwas geschehen würde.
Als ich dann draußen war, wollte ich nicht bloß einfach an der Straße stehen und die verschiedenen Arten von Kraftfahrzeugen beobachten. Deshalb ging ich zu einer Wahlveranstaltung. Essend und trinkend lauschte ich dort den Reden, es war furchtbar. Zu meinem grenzenlosen Erstaunen sprach mich am Wurststand die Kandidatin der "Hoffentlich kommt der Tod schnell und schmerzlos (am liebsten sanft)" - Partei an und fragte, ob ich ihren Wahlkreis übernehmen wolle. Sie hätte wahrscheinlich jeden gefragt, daher auch mich. Obwohl ich es schmeichelhaft fand, von ihr wahrgenommen zu werden, lehnte ich das Angebot ab, denn eine politische Karriere kam für meine Person überhaupt nicht in Frage. Als Begründung brachte ich vor, in Kürze aus der Welt austreten zu wollen. Dafür erntete ich Verständnis und war die Sache in allen Ehren los.
Dummerweise tropfte mir etwas Bratensoße aufs Jackett, so daß zwei große braune Flecken entstanden. Verärgert lief ich zur nächsten Toilette. Im Vorraum wollte ich versuchen, die Soßeflecken mit Wasser und Seife zu entfernen. Ehe ich damit beginnen konnte, kam eine ältere Dame herein, die das gleiche Jackett wie ich trug. Sie riet mir vom Auswaschen der Flecken ab, denn dadurch würde alles in der Welt noch schlimmer. Schnell setzte ich die Brille auf, um sicherzustellen, daß nicht etwa mein Spiegelbild mit mir redete. Es war in der Tat eine ältere Dame, und sie trug das gleiche Jacket wie ich, aber ohne Flecken. Wir kamen ins Gespräch. Dabei stellte sich heraus, daß sie ihr Jackett ebenfalls dem Kleiderschrank in meinem Garten entnommen hatte. Damit war der Beweis erbracht: Die in dem Schrank aufbewahrten Kleidungsstücke verdoppelten sich, wie schon seit langem vermutet wurde. Kaum konnte ich es erwarten, die Nachrichtenmedien darüber zu informieren. Zuletzt verriet mir die besagte Dame noch, sie habe soeben einen Wahlkreis übernommen. Nunmehr sei sie Kandidatin der "Hoffentlich kommt der Tod schnell und schmerzlos (am liebsten sanft)" – Partei. Ich gratulierte ihr und brachte mein Jackett zur Chemischen Reinigung. Dann ging ich heim. Für diesen Tag hatte ich genug erlebt.

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Es ist ein Fehler aufgetreten

Ich nahm auf dem Beifahrersitz platz. Der Chauffeur behauptete, der Motor werde nicht wieder anspringen, nachdem er sich nun schon länger als eine Viertelstunde im Ruhezustand befände. Dann warf der Mensch mir hasserfüllt vor: "Ihretwegen bin ich fern von Heim und Familie mitten in der Nacht unterwegs, um Sie in dieser gottverlassenen Gegend herumzufahren, und dafür behandeln Sie mich wie den letzten Dreck! In der Kälte muß ich hier auf Sie warten, und jetzt ist auch noch der Motor meines Wagens ruiniert!" Da wurde meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt. Vor meinen Füßen, am Ende des Fußraums, entstand eine Öffnung, aus der Licht auf meine Schuhe und Hosenbeine fiel. Ich verdrehte meinen Körper, um hinunterschauen zu können. In der Öffnung tauchte ein Kopf auf. Das Gesicht war nicht zu erkennen, da die Lichtquelle sich dahinter befand. Eine angenehme weibliche Stimme sprach mich mit meinem Namen an. Ich beugte mich hinunter, so weit ich konnte, und grüßte freundlich. Die Frauenstimme teilte mir mit: "Entschuldigung! Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte, folgen Sie mir."
"Wohin?" entgegnete ich. "In den Motorraum? Wie soll das gehen?"
"Sie werden sich schon hier herunter bemühen müssen."
"Wer sind Sie?"
Darauf erhielt ich keine Antwort. Der Chauffeur schien indessen von all dem nichts zu bemerken, sondern setzte seine Anklagerede unentwegt fort. Dabei nahm er ebenso wenig Notiz von meinem Tun wie ich von seinen Worten.
Um zu befolgen, wozu mich die sympathische Frauenstimme aufgefordert hatte, mußte ich mit dem Kopf voran in den Fußraum kriechen. Dazu war es nötig, daß ich vorher die Beifahrertür öffnete, ausstieg, den Sitz so weit wie möglich zurückschob und mich dann in die Höhlung zwängte. Die im Fußraum entstandene Öffnung war von mildem Licht erfüllt. Ich streckte den Kopf hinein. Vor mir sah ich den unteren Teil eines Beifahrersitzes, der aussah wie der hinter mir. Langsam kroch ich immer weiter in das Loch und somit in den Fußraum eines anderen PKW. Bald war ich in der Lage zu erkennen, daß es der exakt gleiche Wagen war wie derjenige, aus dem ich soeben kam. Unter mühseligen Verrenkungen schaffte ich es auf den Beifahrersitz. Alles sprach dafür, daß der Chauffeur von dem aufgetretenen Fehler so wenig mitbekommen hatte wie davon, auf welchem Wege ich in den Wagen gelangt war.

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick