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Ursula von der Leyen: "Meine zwei zahmen Uhus dürfen weiter die Nachbarskatzen jagen"
Eine Positionierung der EU-Kommissionspräsidentin zur aktuellen Lage.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kinder!
Als Präsidentin der Europäischen Kommission, als vielfach preisgekrönte Tierkinderärztin und als Mutter ist es meine Aufgabe, auch in schwierigen Situationen pragmatisch, rational und überlegt zu handeln. Deswegen möchte ich zunächst diejenigen, die hier seit Tagen Vorwürfe und Unterstellungen vortragen, zunächst einmal um Mäßigung im Ton bitten.
Ja, es stimmt: Seit 2014 halte ich auf meiner Hazienda in der Nähe von Potsdam zwei große und äußerst blutrünstige Adlereulen, im Volksmund auch Uhus genannt. Diese beiden Greifvögel sind zutraulich, an Menschen gewöhnt, von ungemein sanftmütiger Natur und tun niemandem etwas zuleide, der sich an ein paar einfache Sicherheitsauflagen hält. Die beiden, wir nennen sie liebevoll Prometheus und Thanatos, habe ich selbst als Küken aus dem Nest geraubt, nachdem ich ihre Mutter in einem blutigen Zweikampf erwürgen konnte. Sie sind uns sehr ans Herz gewachsen, und ich möchte ihnen das Leben ermöglichen, das ich niemals hatte. Dazu gehört auch: Auslauf, sprich Freiflug.
Auch dies muss ich fairerweise zugeben: Promi und Thani jagen Nachbarskatzen. Sie fliegen jeden Abend wie geflügelte Dämonen in die Nacht und packen sie dabei mit ihren mächtigen Klauen, um sich danach an ihren Gedärmen zu laben. Gelegentlich spielen sie dabei mit ihren Opfern oder legen sie mir als oft noch lebendes "Geschenk" vor die Haustür. Das ist ein völlig natürlicher Vorgang, den ich unter normalen Umständen eigentlich nicht weiter kommentieren müsste. In freier Wildbahn werden seit Jahrmillionen alte, kranke oder wenig flexible Katzen von speziell darauf dressierten und mit Kraftfutter aufgepumpten Uhus erlegt. Ohne dass dafür jedes Mal der Staatsanwalt angerufen wurde.
Dass der Katzenbestand in Potsdam auf ein historisches Tief gefallen ist, ist bedauerlich, aber auch auf natürliche Schwankungen der Statistik zurückzuführen. Es ist mir zu einfach und auch ein bisschen zu billig, alles auf die Frau am Stadtrand mit den zwei Mörderuhus zurückzuführen. Ein schnell konstruiertes Feindbild, das von Leuten vorgebracht wird, die nachts mal aufpassen sollten, dass sie nicht von einem Uhu angegriffen werden. Nicht doch! Nur ein kleiner Scherz in traurigen Zeiten.
Wir sollten nicht länger um mögliche Fehler in der Vergangenheit streiten. Es nützt auch nichts, jetzt die wenigen Fälle von verschwundenen Hunden und Kleinkindern in die Rechnung einzubeziehen. Das schafft nur weiteren Zank, der zu nichts führt.
Ich gebe zu: Wir haben auch Fehler gemacht. Wir haben oft nicht klar genug kommuniziert, dass diese Uhus da sind, und wie sich die Leute darauf einstellen können, z.B. durch Wegzug. Aber das sind alles Fragen von vor zehn Minuten, aus meiner Pressekonferenz zum sogenannten "Uhu-Gate". Jetzt heißt es: Wie können wir alle lernen, mit meinen Uhus zu leben? Welche Ideen aus der Bevölkerung gibt es, weitere Uhu-Unfälle zu vermeiden? Hier fehlen mir noch konstruktive Vorschläge. Über eine nächtliche Ausgangssperre für Katzen und Menschen könnte ich beispielsweise mit mir reden lassen.
Ich hoffe, dass wir weiterhin miteinander produktiv im Gespräch bleiben. Denn sonst könnte es sein, dass Sie in den kommenden Nächten ein seltsames Kratzen auf dem Dach hören …
Herzlichst
Ihre Uhursula von der Leyen
(Leo Fischer)