Artikel

Ursula von der Leyen: 
"Europas Zukunft liegt unter der Erde, in den flüsternden lichtlosen Grotten jenseits der Zeit"

Eine Positionierung der EU-Kommissionspräsidentin zur aktuellen Lage

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kinder! 

Es ist Mai, die Sonne lacht, und die niedrigen Inzidenzahlen der vergangenen Tage lassen uns alle mit neuer Zuversicht in den Sommer blicken. Durch den Park toben, Eisessen, einfach wieder Kind sein – das wollen derzeit viele, natürlich auch ich. Doch sollten wir nicht vergessen, dass wir uns diese Sorglosigkeit nur leisten können, wenn wir schon jetzt in Europas Zukunft investieren. Und die liegt ganz ohne Zweifel unter der Erde, im klammen Felsgestein, wo sich seltsame albinöse Kreaturen huschend durchs ewige Dunkel bewegen.

Viele meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier in Brüssel wollen nach über 16 Monaten Corona-Stress ausspannen. Sie haben es sich verdient: Wir haben Mechanismen geschaffen, die künftig eine robuste Antwort der EU-Mitgliedsstaaten auf Krisen wie Covid-19 gestatten. Gerade deswegen sollten wir jedoch in unserer Wachsamkeit nicht nachlassen. Wer weiß, welche unbekannten Gefahren uns noch drohen? Der kühle dunkle Schoß unserer Erde bietet Sicherheit und Geborgenheit. Europas Höhlensysteme führen kilometertief in die Erdkruste hinab, in eine namenlose Stille, in welcher Jahrhunderte wie ein Augenblick vergehen. Dort, wo nur seltsame glühende Fungi ein unnatürliches Licht stiften, wo sich dünne Rinnsale von Wasser über Millennien durchs Gestein fressen, dort können auch wir Ruhe finden. Und Europa neu definieren.

Viele meiner Berater halten einen Exodus ins Erdinnere derzeit für wenig realistisch. Sie weisen darauf hin, dass Europas Schlüsselindustrien derzeit auf Sonnenlicht, Wärme und fruchtbaren Boden angewiesen sind. Ich denke, dass wir hier auf die Innovationskraft europäischer Unternehmen bauen können. Ich jedenfalls habe mich einmal auf diesen Gedanken eingelassen, bin nachts lange wach gelegen, um mich ganz auf das Flüstern der Erde einzustellen, chthonische Stimmen voller Verheißung. Sie erzählen von lichtlosen Städten, vor Jahrzehntausenden begraben in unterirdischen Ozeanen; von Kavernen aus glitzerndem Kristall, dessen Milliarden Spiegelbilder Wahnsinn und Verzückung bergen; von brodelnden Seen aus radioaktiver Asche, in denen sich unmögliche Geschöpfe aus prähistorischen Zeiten im bizarren Tanze winden auf immerdar. Ist es falsch, diese noch völlig unerschlossenen Märkte rasch entwickeln zu wollen?

Ich erinnere an den Fall der Berliner Mauer und die Wende. Auch damals hielt man den raschen Umbau der Wirtschaften Osteuropas für schlicht nicht durchführbar. Wenn uns die Geschichte eines gelehrt hat, dann, dass wir mutig ins Dunkel hinabsteigen müssen, ohne Lampen, ohne Fackeln, bis unsere Augen obsolet werden und sich über die Jahrhunderte zurückentwickeln, während wir mit unseren riesigen Fledermausohren die winzigen weißen Fische erlauschen, die sich in finsteren Seen vergebens vor uns verstecken.  

Ich jedenfalls bin bereit, Prophetin (und ggf. Kaiserin) dieser neuen unterirdischen Welt zu werden, und in der Lamprechtshöhle (Nähe Salzburg) ein erstes europäisches Modellprojekt für das Projekt SUBTOPIA zu initiieren. Denn an eines glaube ich ganz fest: Europa hat noch Luft nach unten!

Herzlichst 

Ihre Subursula von der Leyen

 

Leo Fischer

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Briefe an die Leser

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg