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"Sie kennen mich": Ein Interview mit Angela

Sie haben syrische, afghanische oder nigerianische Wurzeln, heißen Al-karim, Habibullah oder Nwachukwu und tragen alle einen berühmten Namen: Angela. Viele Flüchtlinge, die 2015 Deutschland erreichten, haben aus Dankbarkeit über ein sicheres Turnhallendach über dem Kopf ihre Kinder nach der Ex-Kanzlerin benannt. Jetzt drücken sie zum ersten Mal die Regierungs-, Quatsch! Schulbank. Besuch bei einer Sechsjährigen.  

TITANIC: Hallo Angela, wie geht es dir?  

Angela: Sie kennen mich.  

TITANIC: Klar, die Medien haben ja schon ausführlich über dich berichtet. Wie waren die ersten Tage als i-Dötzchen denn so?  

Angela: Die Schule machte mir überhaupt keine Schwierigkeiten. Mathe nicht, Russisch nicht, Deutsch nicht – weder Naturwissenschaften noch Sprachen. Ich habe ein sehr gutes Kurzzeitgedächtnis und ein etwas schlechteres Langzeitgedächtnis.  

TITANIC: Du scheinst ein kluges Mädchen zu sein. Da musst du natürlich aufpassen, dass deine Mitschülerinnen und Mitschüler im Unterricht nicht heimlich bei dir abschreiben.  

Angela: Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht.  

TITANIC: Erzähl doch mal, was du bereits gelernt hast! Ist 2 + 2 tatsächlich 4?  

Angela: Wir tun gut daran, an den Annahmen vieler Experten nicht zu zweifeln.  

TITANIC: Aber jeden Tag Hausaufgaben aufzukriegen ist doch echt blöd, was?  

Angela: Mag sein, dass Ihnen das nicht gefällt, aber wir müssen ja mit der Realität leben.  

TITANIC: Eine überaus reife Denkweise für eine Sechsjährige!  

Angela: Mein Leitmotiv: Wer nicht rackert, verdummt!  

TITANIC: Du scheinst sehr zielstrebig zu sein.  

Angela: Tendenziell, glaube ich, gibt es bei Frauen eine gewisse Sehnsucht nach Effizienz.  

TITANIC: Hochbegabt bist du aber nicht, oder?  

Angela: Nein. Ich habe gewisse kamelartige Fähigkeiten. Ich habe eine gewisse Speicherfähigkeit. 

TITANIC: Wenn man dich so reden hört, könnte man meinen, deine gleichaltrigen Mitschülerinnen und Mitschülern hätten nur Unsinn im Kopf.  

Angela: Überall stoßen wir auf ein Denken, das kein Morgen kennt.  

TITANIC: Dann wirst du als Kind mit Migrationshintergrund an deiner Schule bestimmt leider auch schon Mobbing durch die ganzen Maximilians und Sophies erlebt haben.  

Angela: Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei, das habe ich in den letzten Tagen erlebt.  

TITANIC: Und wie gehst du dagegen vor?  

Angela: Mit dem Kopf durch die Wand wird nicht gehen. Da siegt zum Schluss immer die Wand.  

TITANIC: Autsch! Und trotzdem hilfst du deinen Klassenkameraden im Unterricht beim Schreiben und Rechnen?  

Angela: Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.  

TITANIC: Mit den Jungs pöhlst du sogar auf dem Pausenhof herum.  

Angela: Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu einer Nation werden mit Leuten, die alle vor dem Fernseher sitzen und genau wissen, wer wie Fußball spielen muss, aber selber nicht mehr in der Lage sind, einen Ball vor sich herzuschieben.  

TITANIC: Toll! Uns ist zu Ohren gekommen, dass es für die Wahl zur Klassensprecherin bei dir dennoch nicht ganz gereicht hat.  

Angela: Da dies absehbar war in der Konstellation, wie im dritten Wahlgang gewählt wurde, muss man sagen, dass dieser Vorgang unverzeihlich ist und deshalb auch das Ergebnis wieder rückgängig gemacht werden muss.  

TITANIC: Und du hast deinen Unmut darüber nicht im Morgenkreis kundgetan?  

Angela: Jeder hat seine Art, zurückzuschlagen. Schweigen kann's auch mal sein. (Große Pause)  

TITANIC: Angela? 

Angela: (Kleine Pause) Man bekommt beim Schweigen ganz gut ein Maß für die Zeit.  

TITANIC: Themenwechsel: Wie war eigentlich deine Einschulungsfeier?  

Angela: Ich glaube, dass im Großen und Ganzen nichts schiefgelaufen ist.  

TITANIC: Na ja, bis auf diesen kleinen Textaussetzer beim Liedchen "Alle Kinder lernen lesen", der bestimmt deiner Aufregung geschuldet war.  

Angela: Das bedaure ich zutiefst und dafür bitte ich alle Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung.  

TITANIC: Und wie war der erste Blick in deine neuen Schulbücher?  

Angela: Ich glaube nicht, dass das Hin und Her – einmal öffnen, einmal schließen – den Menschen mehr Erwartbarkeit bringt, als sich einmal den Überblick zu verschaffen.  

TITANIC: Dafür arbeitet ihr in der Schule zusätzlich ja sicherlich mit dem Tablet.  

Angela: Das Internet ist für uns alle Neuland ...  

TITANIC: Haha, jetzt nimmst du deine alten Lehrerinnen und Lehrer aber in Schutz!  

Angela: Vor lauter Globalisierung und Computerisierung dürfen die schönen Dinge des Lebens wie Kartoffeln oder Eintopf kochen nicht zu kurz kommen.  

TITANIC: Wahre Worte. Was, meinst du, erwartet Dich noch als Erstklässlerin?  

Angela: Wir befinden uns gerade im Sommer der Entscheidungen. Gestern war wieder so ein Tag. Dann kommt der Herbst, und dann kommt der Winter der Entscheidungen. Jetzt kommen überhaupt nur noch Entscheidungen.  

TITANIC: Und was möchtest du später mal machen?  

Angela: Ich will Deutschland dienen.  

TITANIC: Wir sind sicher, dass du mit Deiner Einwanderungsgeschichte da auf dem richtigen Weg bist.  

Angela: Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das! Wir schaffen das, und dort, wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden.  

TITANIC: Danke für das Gespräch, Frau Doktor, äh … Angela!  

Daniel Sibbe

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Briefe an die Leser

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt