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Rein und High – Das Reinheitsgebot für Cannabis kommt!

"Welchen Qualitätsstandard müssen die THC-haltigen Produkte einhalten?" fragte und "Wir brauchen sozusagen ein "Cannabis-Reinheitsgebot"" verkündete irgendein Wirtschaftsheini irgendeinem Wirtschaftsmedium. Das passierte nach dem größten "Wird-gerade-mein-Kopf-durch-den-Grinder-gedreht-oder-träum-ich-Moment des jungen Jahrzehnts" (Gewinner des Preises für die umständlichste Umschreibung der Cannabislegalisierung. Wir danken Jonas Dippelmeyer, 17, aus Bubach für die Einsendung. Und jetzt hör mal auf zu lachen, so lustig war das auch wieder nicht …). Doch wie kann ein solches Reinheitsgebot aussehen? Wie wird es gewinnbringend im Marketing eingesetzt (Vorsichtig, Arschlochfrage!)? Und kannst du dich mal einkriegen, Jonas, ich hör dich immer noch kichern? 

Die neue Gesetzeslage

Nachdem "die Ampel" (flotter Begriff für die Koalition aus Grünen, SPD und FDP, Jonas mal wieder!) die allerdringendsten Fragen geklärt hat (Muss man Hartz-IV-EmpfängerInnen eigentlich überhaupt Geld geben? Kann man Fliehende vielleicht schon abschieben, bevor sie in Deutschland angekommen sind? Und wer muss mit Christian Lindner in die Kantine gehen?), will sie sich direkt der Festlegung einheitlicher Qualitätsstandards beim Cannabis widmen. Das berichteten unsere Quellen aus der Hauptstadt, die möglichst langsam an den offenen Fenstern des Kanzleramts vorbeigehen. Laut den internen Papieren, die unsere Informanten in der Mülltonne gefunden haben, soll das Reinheitsgebot vorschreiben, dass in Deutschland verkäufliches Cannabis lediglich aus den Komponenten Haschisch, Gras und Haarspray bestehen darf, allerdings nur dem guten Drei-Wetter-Taft von Schwarzkopf. Als vierte Komponente sind einige wenige Geschmacksgeber erlaubt (Gummibärchen, Oreokekse oder diese Schoko-Mikadostäbchen), die jedoch strengen Auflagen unterliegen: So versüßt darf die Droge nur an Jugendliche unter 18 Jahren verkauft werden, die den enthaltenen Zucker und das Schwermetall schneller abbauen können.

Die Werbung

Mit der Legalisierung von Cannabis schießen natürlich auch die Anbieter des "grünen Goldes" (schon wieder Jonas, langsam nervt’s) wie Hanfpflanzen aus dem Boden. Um sich und ihre Produkte bekannt zu machen, greifen die Firmen auf Altbewährtes zurück: Werbung (siehe "Geschäftsgründung für Dummies"). In den meisten Spots wimmelt es von Naturaufnahmen: Drohnen fliegen über Reihen sattgrüner Hanfpflanzen, ein Tautropfen fällt von einer Hanfpflanze, die schwielige Hanf Hand eines hart arbeitenden Biobauers streicht über eine Hand Hanfpflanze. Dazu versprechen tiefe Männerstimmen, dass die Hanfpflanzen ausschließlich mit "natürlichem Felsquellwasser" gegossen würden, bevor das "Qualitätshasch" "aus reinsten Edelhanfblüten gepresst" werde. Andere werben mit knackigen Sprüchen wie "Natürlich. Rein. Deutsch." Währenddessen sorgt eine kleine hanseatische Hanferei mit ihren frechen Werbeslogans für Furore in den Sozialen Medien: Schenkelklopfer wie "Gras so frisch wie aus dem Rasenmäher" (daneben das Bild eines kackenden Schafes) kommen besonders bei Freizeitkiffern, Maschinenbaustudenten und anderen Menschen, die für ihren Spitzenhumor bekannt sind, richtig gut an. 

Das Marketing

Dieses Beispiel zeigt: Es kommt nicht nur auf die Werbung an, sondern auch darauf, wie man die Nachricht vom guten deutschen Qualitätsgras "unter die Leute bringen" kann. Bald tummeln sich die Hanf-Start-ups auf Twitter und Facebook, um mit den nun häufig geposteten Fotos von kiffenden StudentInnen zu interagieren. So häufen sich Kommentare wie: "Wie wäre es jetzt mit einer Tüte Chips? Sponsored by Pringels! Hahahahah *lachflash*", "Mmmh, darf ich mal ziehen?" oder "hahahahahahahah *lachflash*". Die Stimmung im Internet ist so gut wie seit Trumps Coviderkrankung nicht mehr, alle Nichtkiffer und Nichtmarketingheinis ziehen entnervt ab oder beginnen ebenfalls zu rauchen, die Wirtschaft boomt. Also: Hanf gut, alles gut, hahahahhahahahhahahha. *lachflash*

Laura Brinkmann

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg