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Pro und Kontra Polizeigewalt
Mit den jüngsten Geschehnissen in den USA wurde die Debatte um Polizeigewalt neu entfacht. Wann ist sie sinnvoll? Wann nicht? Oder soll man es am Ende gleich ganz sein lassen? Ein Pro und Kontra
Pro: Slavoj Žižek
Ich weiß, was Sie jetzt denken: Er schon wieder. Kaum kann sich ein weltbewegendes Ereignis auch nur zu Ende ereignen, da kracht der alte Zausel schon wieder mit einer steilen These in die Kulturteile und erzählt Ihnen was vom Pferd namens Hegel. Und ich kann Sie nur bestätigen: Hüüüa! Deswegen weiter im Text. Nach den erschütternden Bildern aus Minneapolis war es ein vorhersehbarer Reflex der globalen Linken, wieder einmal das Ende der Polizeigewalt zu fordern. Ich sage: Wir brauchen mehr Polizeigewalt!
Da war sie, meine These. Ich sage Ihnen jetzt noch, wie ich mich hier wieder herausmanövriere. Denn ist es nicht vielmehr die von Hegel beschriebene List der Vernunft, die hier waltet? Sehen wir nicht gerade der Freiheit selbst bei ihrer Entfaltung zu und haben dafür die historischen Kosten zu tragen, so grausam sie auch sein mögen? Müssen wir unseren inneren Stalin finden, um die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist? Wahrscheinlich nicht, aber jetzt haben Sie diesen Text ja doch schon fast zu Ende gelesen und falls ich dieses Mal wider Erwarten doch zu sehr in die metaphysische Kloake gegriffen haben sollte, kann ich ihn immer noch der NZZ verkaufen.
Ich erzähle Ihnen jetzt zum Schluss noch etwas vom Kino. Ich habe mir neulich eine Flasche Slibowitz geöffnet, dazu alle sieben Teile von "Police Academy" auf einer russischen Streamingseite angesehen und herzlich gelacht. Wenn ich mit meinem Mund eine traurige Fanfare für die Opfer von Polizeigewalt nachmachen könnte, glauben Sie mir, ich würde es tun.
Kontra: Papst Franziskus
Barmherzigkeit, das ist ein Wort. Polizeigewalt ist ein anderes. Ein Wort, das es ebenfalls gibt. Doch die Barmherzigkeit ist wahrhaftiger als die Gewalt, denn sie kommt von Gott. Gewalt, dafür habe ich auch Gefühle. Doch keines davon ist Liebe. Liebe jedoch ist das wichtigste Gefühl, liebe Brüder. Nur die Liebe sollten wir zulassen. Schon früh sollten wir lernen, dass Gewalt keine Lösung sein kann, sondern einzig die Liebe. Der Geist der Geschwisterlichkeit, nicht der des Hasses, nicht der der Gewalt. Eine Liebesbeziehung mit Gott kann uns einzig vom Weg der Gewalt wegführen. Hin zur Kirche und zu mir.
In diesen Zeiten, so wie immer, sollten wir verstärkt auf die Kirche schauen, nicht auf die Welt da draußen. In der Kirche hat es nie Polizeigewalt gegeben, und das hat einen besonderen Grund. Diesen Grund kann man erfahren, wenn man in sich sieht, falls Gott in einem zu finden ist. Wir sind eine Menschheitsfamilie, und ich grüße alle Brüder, mit denen wir brüderlich sein sollten. Der Heilige Geist baut die Hoffnung auf und dann ist sie da. Dann ist alles voller Hoffnung, innen wie außen, so dass da kein Platz für Gewalt ist. Die Polizei ist menschengemacht, doch Gott machte die Menschen.
Es gibt verschiedene Hautfarben. Wenn im Namen Gottes etwas passiert, kann es keine Gewalt sein, denn für die ist kein Platz, er hat seine Gründe, die man erfahren kann, wenn man ihn erkennt. Das Gebet befreit uns von der Neigung zur Gewalt. Wenden wir uns ihm zu, dann wendet er sich uns zu und nimmt sich unserer an. Dann wird das so sein, wie ich es hier sage. Gott schenkt uns das Leben, doch er schenkt uns nicht die Gewalt. Sie ist einfach so da, aber das geht so nicht. Lieber nicht. Doch verfallen wir nicht in Schwermut. Das Leben ist wichtig wie die Liebe und die Hoffnung und die Brüder und die Kirche. Es ist zu kurz, um es in Traurigkeit zu verbringen. Schauen wir auf das, was zählt, und nehmen wir die Werkzeuge der Liebe in unsere Hände … Wir tragen sie alle bei uns. Ich zum Beispiel in meiner Hose. Meinen Penis. Das sind meine, unser aller Antworten.
#FrohePfingsten.
Irmschler/Lichter