TITANIC Gold-Artikel

Pro und Kontra Nazis im Staatsdienst

Nach dem Fall des Pegida-Pöblers, der in seiner Freizeit beim LKA arbeitet, diskutiert das Land wieder einmal: "Sachsen - oder soll man es hassen?" Vor allem aber: Dürfen Beamte privat den Fascho geben? Stechuhr und Stechschritt sind zwei Paar Schuhe, sagen die einen; das hat es unter Hitler nicht gegeben, sagen die anderen. Im TITANIC-Debattierclub äußern sich zwei Experten für Macht und Missbrauch.

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Pro: Rainer Wendt, Nationalpolizist

Halt! Stehengeblieben! Bevor ich Ihnen eine meiner seltenen Meinungen geige, zeigen Sie mir erst mal Ihre Papiere, aber zackig! Es muss ja alles korrekt zugehen. So, so, Journalist. Na ja, muss es auch geben. Wer soll sonst mein Gesicht überall rumzeigen. Haha. Sehen Sie, Humor habe ich schon. Humor ist, wenn man trotzdem verhaftet.

Was war jetzt die Frage? Ah, Nazis im Staatsdienst. Nun denn, das ist natürlich keine ganz einfache Frage, der man ausschließlich rechtlich begegnen kann. Das muss gesellschaftlich diskutiert werden. Und diese Gesellschaft besteht nun mal auch aus Nazis. Dann gibt es da noch unbescholtene Bürger. Und besorgte. Und wütende. Und auf der anderen Seite Staatsfeinde von links und aus dem Ausland, die keinen Respekt vor dem Staat zeigen - v.a. wenn er in Form eines glatzköpfigen Sprücheklopfers auftritt. Und das geht natürlich nicht.

Polizisten müssen sich trotz täglicher Angriffe und Übergriffe immer korrekt verhalten. Und tun das auch in 135 von 100 Fällen. Das belegt die Polizeistatistik. Aber Dienst ist Dienst und Schnaps ist Teilnahme an einer Pegida-Demo. Da sollte man schon die Privatperson vom Staatsdiener unterscheiden. Genau schauen, wieviel Uhr es ist oder ob Urlaub eingereicht wurde. Eine Lehrerin muss in ihrer Freizeit keine Kinder mögen, ein Tierpfleger will nicht unbedingt privat noch Kot schaufeln - weswegen sollen Staatsdiener rund um die Uhr das Grundgesetz respektieren?

Und noch was kommt hinzu: Wir konnten in den letzten Jahren feststellen, dass, wenn man Nazis Nazis nennt, sie aus Trotz Nazidinge tun. Deswegen ist es gerade jetzt bei diesem unbedeutenden Einzelfall in Sachsen wichtig, dass der Staat sich vor seine Nazis stellt. Damit sie keiner auf Anhieb entdeckt und sie Nazis nennt. Nazischutz ist Staatsschutz ist Volksschutz!

So, das reicht. Hier haben Sie Ihren Ausweis zurück. Das Honorar bitte aufs übliche Konto. Und jetzt ab, bevor ich die Polizei rufe!

Kontra: Joseph Ratzinger, Seniorpapa

Liebe Christenmenschen, wer von Euch erinnert sich nicht an die berühmte Stelle des 10. Kapitels im Buche Nehemia: "Und in diesem allem machen wir einen festen Bund und schreiben und lassen's unsere Fürsten, Leviten und Priester versiegeln. Die Versiegler aber waren: Nehemia, der Landpfleger, der Sohn Hachaljas, und Zedekia, Seraja, Asarja, Jeremia, Pashur, Amarja, Malchia, Sonja, Holger, Destiny" ... ääh, verzeiht mir bitte, dass ich nicht mehr alle Namen zusammen bekomme, wichtig ist ohnehin nur der Vermerk, dass "sie schwuren und sich mit einem Eide verpflichteten, zu wandeln im Gesetz Gottes, das durch Mose, den Knecht Gottes, gegeben ist, dass sie es hielten und tun wollten nach allen Geboten, Rechten und Sitten des HERRN, unsers Herrschers".

Ich selbst war einige Jahre lang Diener des HERRN, verdiente mir ein artiges Zubrot im Vatikanstaat, bis ich über eine unschöne Spitzelaffäre stolperte - und zuletzt immer öfter über meine eigenen Pantoffeln. Nein, nein, Interessenkonflikte im Beruf sind nicht erstrebenswert, das lernte ich damals. Mit Sorge schaue ich dieser Tage nach Sachsen: Warum gibt es dort immer noch so viele Atheisten? Aber ich soll ja über was anderes schreiben: ideologisch Verblendete in höchsten Ämtern. Dazu dies: Die katholische Kirche stellt sich konsequent gegen die Beschäftigung von Nationalsozialisten! Neben den ganzen Mafiosi, Pädophilen und Holocaustleugnern ist einfach kein Platz. Als ich zum Kardinal ernannt wurde, war ich schon längst nicht mehr in der Hitlerjugend aktiv. Wer sich unserem lieben Jesus Christus in die Arme legt, verschreibt sich zu 1000 Prozent der Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Das hat schon mein seliger Bruder dem Nachwuchs in unserer Gemeinde von früh an eingebleut, immer und immer wieder. Wer mit Gott geht, kleidet sich in Liebe und in edle Gewänder. Wobei man zugeben muss, dass auch die rechten Rattenfänger seit je mit imposanten Uniformen zu blenden wussten. Der schwarz-rot-goldene Anglerhut ist da nur die Spitze des Eisbergs.

Lassen Sie mich diese Mini-Enzyklika mit einem Zitat eines meiner Vorgänger schließen: "Für Nazis ist im Reiche Petri kein Platz, es sei denn, sie nützen unserer Sache oder bringen einen guten Rotwein mit." Gute Nacht!

 

Torsten Gaitzsch / Tim Wolff

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg