Artikel
"Niemand will in Gaga-Hausen leben"
Die ganze Welt fiebert einer Zukunft mit 5G entgegen. Nur eine Stimme stellt sich derzeit mutig gegen den Zeitgeist: Anja Karliczek (CDU), Bundesministerin für Bildung und Forschung. Mit TITANIC sprach sie über Ebay, Menschen in Milchkannen und thailändische Server.
TITANIC: Frau Karliczek, Sie haben derzeit ordentlich Gegenwind, weil Sie den Ausbau des Mobilfunknetzes 5G kritisiert haben.
Karliczek: Ach dieses 5G … Wissen Sie, wie ich das nenne?
TITANIC: Wie denn?
Karliczek: 5 Gaga.
TITANIC: …
Karliczek: (grinst herausfordernd)
TITANIC: … Na gut, Sie halten jedenfalls die Euphorie in Sachen 5G für übertrieben.
Karliczek: Ja, und ich stehe dazu.
TITANIC: Das ist eine ungewöhnliche Position als Forschungsministerin.
Karliczek: Hören Sie, um eines klarzustellen: Ich weiß, was für phantastische Dinge heute mit dem Internet möglich sind. Ich war selbst mal auf Lycos und bin sehr gut mit jemandem befreundet, der einmal ein Ebay-Paket erhalten hat. Dennoch bevorzuge ich ein gutes Buch, einen guten Rotwein oder ein Gespräch mit Verwandten.
TITANIC: Aber darum geht es doch gar nicht.
Karliczek: Mir schon!
TITANIC: Sie sagen, der aktuelle Standard 4G reiche in vielen Gegenden völlig aus. Wie kommen Sie darauf?
Karliczek: Ich habe gesagt, dass nicht an jeder Milchkanne 5G verfügbar sein muss. Wer in einer Milchkanne wohnt, der hat für mich – Entschuldigung – nicht mehr alle Tassen im Schrank!
Stolz zeigt Karliczek ihre ausgedruckte und gebundene Version von Wikipedia
TITANIC: 5G soll allerdings mehr bieten als nur eine schnellere Internetverbindung.
Karliczek: Das weiß ich selbst. 5G wird unser Leben auf den Kopf stellen. Licht gibt es nur noch über Strom, Wasser kommt digital aus dem Hahn und unsere Handys fahren Auto. Das ist eine grausame Welt! Das Ende vom Lied ist ja, dass das Internet so rasant wird, dass sich jedes gleichgeschlechtliche Paar in Windeseile ein Kind von irgendeinem thailändischen Server herunterladen kann, Stichwort 3D-Drucker. Natürlich alles schön am Gesetzgeber vorbei. Am Schluss leben wir in Gaga-Hausen. Wollen Sie das? In Gaga-Hausen leben?
TITANIC: Nein, das ist doch jetzt gar nicht … –
Karliczek: Sehen Sie! Das wollen Sie auch nicht, Sie haben es gerade zugegeben. Niemand will in Gaga-Hausen leben, aber wir steuern geradewegs – auf Breitband, wenn man so will – darauf zu.
TITANIC: Wo wir beim Thema sind: Sie sehen eine Gefahr darin, wenn gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren. Eine weitere Position, die nicht so recht ins Jahr 2018 passen will.
Karliczek: Das stimmt nicht. Ich gebe Ihnen ein modernes Beispiel: Ein Computer braucht eine Maus und eine Tastatur. Sonst können Sie ihn nicht bedienen. Wenn Sie zwei Tastaturen oder zwei Mäuse haben, können Sie vielleicht viel Spaß haben, den Computer können Sie aber nicht bedienen.
TITANIC: Der Computer ist in diesem Beispiel das Kind?
Karliczek: (überlegt) Mit Verlaub, das ist Blödsinn. Man kann Technik nicht mit Menschen vergleichen. Was reden Sie nur für einen Unsinn?
TITANIC: Danke für das Gespräch!
Karliczek: Nichts zu danken!
Fabian Lichter