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"Niemand verlässt das Retreat ohne eine Kooperation, die einen Unterschied macht" – Diana zur Löwen im Gespräch

Im November letzten Jahres machte Diana zur Löwen auf Einladung von Cathy Hummels zwischen Yoga-Kursen und Açaí Bowls auf psychische Erkrankungen aufmerksam. Im großen TITANIC-Interview spricht die Business- und Politik-Influencerin nun exklusiv über ihre Pläne für ein eigenes Retreat.

Diana zur Löwen empfängt mich in einem Fünfsternehotel in Rio de Janeiro. Im Hintergrund rauscht der Atlantik, es riecht nach frisch erstellten ETF-Sparplänen. Die Vorbereitungen für ihr Influencer:innen-Retreat laufen auf Hochtouren. Zur Löwen trägt eine schlichte schwarze Nylon-Tasche und sagt zu Beginn des Gesprächs, sie liebe gebrauchte Designer-Taschen, weil jeder eine zweite Chance verdiene. Damit ist der Ton gesetzt.

TITANIC: Frau zur Löwen, Cathy Hummels wurde vorgeworfen, mit ihrem Retreat psychische Erkrankungen verharmlost zu haben. Wie sind Sie im Nachhinein damit umgegangen?

ZUR LÖWEN: Ich musste erst einmal einen Schritt zurücktreten und meine Gedanken in einer Excel-Tabelle sortieren. Die Kommunikation war sicher nicht immer vorteilhaft, aber wir alle machen Fehler. Als ich 2017 Jean-Claude Juncker, damals Präsident der EU-Kommission, interviewen durfte, dachte ich bis zur dritten Frage, er sei einer von den Flippers. Bin ich deshalb ein schlechter Mensch? Ich glaube nicht. Ich habe mich politisch weiterentwickelt.

TITANIC: Sie planen nun Ihr eigenes Retreat. Was wollen Sie damit erreichen?

ZUR LÖWEN: Ich nutze meine Reichweite schon seit Jahren, um für Themen wie soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und die Arbeit von Philipp Amthor Awareness zu schaffen. Außerdem engagiere ich mich ehrenamtlich für Feminismus, indem ich jungen Frauen Tipps gebe, wie sie das Planspiel Börse gewinnen können. Aber genau das machen noch zu wenige, gerade die Privilegierten bleiben still. Deshalb lade ich nur weiße, heterosexuelle Influencer:innen in mein dreitägiges Retreat an die Copacabana ein, damit sie hier einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft leisten können.

TITANIC: Ich nehme an, Sie finanzieren das Ganze nicht aus eigener Tasche?

ZUR LÖWEN: Es hat mich umgehauen, dass so viele Unternehmen die Mission unterstützen wollten. Aber mir war es wichtig, meinen feministischen Werten treu zu bleiben: Für das Retreat arbeite ich nur mit Brands zusammen, die von Frauen gegründet wurden oder Produkte entwickeln, die einen weiblichen Artikel haben.

TITANIC: Was für ein Programm können die Influencer:innen in Ihrem Retreat erwarten?

ZUR LÖWEN: Es gibt zum Beispiel unsere Social Stations, bei denen die Influencer:innen direkt auf ein wichtiges gesellschaftliches Thema aufmerksam machen können. Die Station zum ehrenamtlichen Engagement liegt mir besonders am Herzen – ein Küchenausstatter hat uns die Küche der Berliner Tafel nachgebaut. Das Besondere: Vor jeder Station sind Stative aufgebaut, in die das eigene Smartphone direkt eingesetzt werden kann. Play drücken, Brötchen schmieren, den beiliegenden Vierzeiler aufsagen und das TikTok ist abgedreht. Die Brötchen werden selbstverständlich nicht umsonst geschmiert, sondern können von den Menschen hier aus den Favelas gegen eine kleine Spende erworben werden. 

Diana zur Löwen beugt sich nun ein Stück vor und haucht mir den Rabattcode für eine Einbauküche entgegen. Ich zittere leicht.

TITANIC: Aber Sie glauben doch nicht, dass Sie mit ein paar Statements wirklich etwas bewirken können?

ZUR LÖWEN: Deshalb legen wir auch Grundsteine für langfristige Veränderungen. Wir alle verfolgen die Idee einer gerechteren Welt. Bei unseren abendlichen Networking-Events können die Influencer:innen gemeinsam mit Brand Managern, die extra aus Deutschland anreisen, effektive Strategien entwickeln, wie man die Idee am besten promotet. Best Case: Niemand verlässt das Retreat ohne eine Kooperation, die einen Unterschied macht.

TITANIC: Also geht es doch nur um neue Geschäftsbeziehungen?

ZUR LÖWEN: Quatsch. Für die Nachmittage planen wir Workshops, in denen die Teilnehmer:innen sich kreativ mit gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen sollen. Wir wollen zum Beispiel in einem nachhaltigen Siebdruck-Workshop selbst Statement-Pieces herstellen. Natürlich von einem Kamerateam begleitet, damit auf Social Media die ganze Welt sieht, wofür wir einstehen. Die Jungs vom Berliner Start-up "Einhorn" haben uns übrigens die rote Farbe zur Verfügung gestellt haben – aus reinstem Bio-Periodenblut.

TITANIC: Ähhh … Muss das sein?

ZUR LÖWEN: Wenn wir uns die Frauenquote bei der Münchener Sicherheitskonferenz ansehen, kann ich eindeutig sagen: Ja, das muss sein. Die Statement-Pieces wollen wir versteigern und die Einnahmen spenden. An Start-ups, die sich für eine gerechtere Welt einsetzen. Kleine Info aus Transparenzgründen: Bei allen Start-ups engagiere ich mich als Business Angel. Nur so kann ich garantieren, dass die Spenden an der richtigen Stelle ankommen.

Diana zur Löwen bietet mir einen Espresso aus einer Menstruationstasse an. Ich lehne dankend ab.

TITANIC: Wenn man den ganzen Trip als "Retreat" bezeichnet, muss man mit der Kritik rechnen, dass es eigentlich nur um Selbstdarstellung und Wellness geht.

ZUR LÖWEN: Wir werden täglich mit schlechten Nachrichten wie fallenden Tesla-Aktien konfrontiert. Trotzdem aufzustehen und den Mund aufzumachen, erfordert Kraft. Auch mir fällt es manchmal schwer, mich von der Kritik an meiner Person zu distanzieren. Zur Löwen ist ein verarmter Adelstitel. Sicher profitiere ich, wenn Menschen davon ausgehen, dass ich adelig bin. Aber gerade in letzter Zeit haben mir viele Leute unterstellt, ich wolle unseren Staat stürzen. Das nimmt man sich irgendwann so sehr zu Herzen, dass man sich mit einer Fackel vorm Reichstag sieht. Deshalb war es ein Learning, für ein starkes Mindset auch hier im Retreat Yoga und Meditationen anzubieten, um seine innere Kaufkraft zu aktivieren.

TITANIC: Können Sie schon etwas zur Gästeliste sagen?

ZUR LÖWEN: Nein, die ist geheim, um die Influencer:innen so lange wie möglich vor Anfeindungen zu schützen.

TITANIC: Danke für das Interview, Diana zur Löwen.

 

Viola Müter

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt