Artikel
Man ist immer so alt, wie man sich fühlt
Es herrscht Fachkräftemangel und auch der Nachwuchs kommt nicht nach. Ältere Menschen sollten gerade heute in unserer Gesellschaft hohes Ansehen genießen. Stattdessen klagen viele Senioren über negative Erfahrungen im Alltag, Vorurteile und Schmähungen. Über eine neue Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sprach TITANIC mit dem sehr alten Leiter der Studie Franz Möller (59).
TITANIC: Herr Möller, Sie sind der Leiter der jüngst publizierten Studie zum Thema Ageism, also zu Altersbildern und Altersdiskriminierung in Deutschland. Wie oft mussten Sie beim Verfassen der Studie aufs Klo?
MÖLLER: Was?
TITANIC: Herr Möller, KÖNNEN SIE MICH VERSTEHEN?!
MÖLLER: Ich verstehe Sie einwandfrei. Der Inhalt Ihrer Frage erschloss sich mir nicht.
TITANIC: So eine Studie ist ja auch mit Mühen verbunden. Kognitive Fähigkeiten lassen im Alter nach. Wie ist es Ihnen gelungen, sich so lange auf eine Sache zu konzentrieren?
MÖLLER: Ich muss doch bitten.
TITANIC: Sie machen das sehr gut.
MÖLLER: Wollen Sie vielleicht mal inhaltliche Fragen zur Studie stellen?
TITANIC: Sie sind ziemlich mürrisch. Behandeln Sie auch Altersstarsinn in Ihrer Studie?
MÖLLER: Also, in unserer Studie mit dem Titel Ageism …
TITANIC: Ihr Englisch ist recht gut. Ageism. Sehr gute Aussprache. Für Ihr Alter.
MÖLLER: In unserer Studie Ageism …
TITANIC: Waren Sie an der Westfront?
MÖLLER: Was?
TITANIC: Ihr Englisch. Waren Sie in amerikanischer oder britischer Kriegsgefangenschaft?
MÖLLER: Ich bin 59.
TITANIC: Waren Sie?
MÖLLER: Wir wollten uns über die Studie unterhalten.
TITANIC: Wie hieß die noch?
MÖLLER: Die Studie mit dem Titel Ageism …
TITANIC: Great! Excellent!
MÖLLER: Wir haben uns auf jeden Fall dort mit Diskriminierungserfahrungen von älteren Menschen in Deutschland beschäftigt und mittels Umfragen Ergebnisse erzielt.
TITANIC: Diese Umfragen – wie liefen die ab?
MÖLLER: Es war eine klassische Telefonbefragung. Das ist gängige Praxis in der empirischen Sozialforschung.
TITANIC: Mit Wählscheibe, ja?
MÖLLER: Auf jeden Fall stellte sich als ein wichtiges Ergebnis heraus, dass ältere Menschen oftmals unter negativen Stereotypen und Generalisierungen leiden.
TITANIC: Weil verbitterte Alte halt immer was zu meckern haben.
MÖLLER: Wissen Sie, Altersdiskriminierung kann sich ebenso im Sprachgebrauch äußern.
TITANIC: Beispiel?
MÖLLER: Verbitterte Alte.
TITANIC: Seien Sie nicht so verknattert, Opa!
MÖLLER: Ich möchte das Interview an dieser Stelle abbrechen.
TITANIC: Die Residenz ruft?
MÖLLER: Sagen Sie mal, also, darf ich fragen, wie alt Sie sind?
TITANIC: Man ist immer so alt, wie man sich fühlt.
Tobias Thye