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Lasst es krachen! Aber zu Hause

Coole Tipps fürs Wochenende
von Jens Spahn, Bundeskrisenminister

Liebe Bundesbürgerinnen und Bundesbürger,

ich muss mich schon sehr wundern: Immer noch haben viele von Ihnen unsere (lieb gemeinten!) Hinweise zur Ansteckungsgefahr von Crovid-99 nicht beherzigt. Wenn ich mit meiner Crew nach Feierabend um die Häuser ziehe, stelle ich jeden Abend aufs Neue fest: Noch immer herrscht Trunksucht und Völlerei in den Restaurants, noch immer gehen Menschen einkaufen und zur Arbeit, und auch Sascha Lobo darf noch Kolumnen schreiben.

Das alles ist nicht schön. Aber: Es ist ein freies Land. Noch, hehe! Wir haben schon letztes Wochenende versucht, dezente Hinweise zur unbedingten Notwendigkeit, zu Hause zu bleiben, über alle uns zugänglichen Kanäle zu streuen, also über Glotze und Facebook. Informationen sind in diesen Zeiten wertvoller als vergängliche Güter wie Schutzmasken und Beatmungsgeräte. Uns war wichtig: Das Land muss weiter funktionieren! Auch unsere Freunde im BDI haben uns inständig gebeten: Versucht, noch irgendwie den März rauszuholen! Für die Quartalsbilanz! Herzzerreißende Appelle, die auch einen Minister nicht kaltlassen.

Natürlich, wir haben die schockierenden Bilder aus Italien. Aber allen meinen Beratern zufolge sind diese Bilder in Deutschland faktisch unmöglich, jedenfalls in den nächsten zehn Tagen. Bis dahin sollten wir versuchen, noch einmal alle unser Bestes zu geben. Also bitte schön weiter schuftschufti und kaufikaufi, aber immer mit Augenmaß! Wahren Sie in der Schlange beim Bäcker zehn Zentimeter Abstand; versuchen Sie, Krankenpfleger nicht auf den Mund zu küssen, wenn Sie sich bei ihnen für ihren selbst- und entgeltlosen Einsatz bedanken. Ich wiederhole mich gerne: Niemand will einen Polizeistaat! Denn für so einen ist schlicht das Geld nicht da.

Viele fragen sich, ob die gnadenlose Effizienzlogik des Kapitalismus etwas mit dieser Krise zu tun hat. Diese Frage kann ich derzeit nicht beantworten, da die Hälfte meines Expertenstabs bereits krankgeschrieben ist und wir kaum mit der Post hinterherkommen! Ich möchte dennoch darauf hinweisen, dass wir weiterhin ausschließlich die Interessen der Bevölkerung im Blick haben – im Gegensatz zu letztem Jahr, wo parteiübergreifend die Interessen von Bertelsmann und privaten Klinikkonzernen im Vordergrund standen. Wir alle haben in den letzten Tagen unglaublich viel dazugelernt!

Das kommende Wochenende sehen wir als einen wirklich allerletzten Test, ob die Bevölkerung freiwillig unsere Hinweise befolgt. Bitte bedenken Sie das, wenn Sie ins letzte unbeschwerte Wochenende für viele Monate gehen. Nutzen Sie auf keinen Fall diese Chance, es noch einmal richtig krachen zu lassen, und begeben Sie sich bitte freiwillig in eine Isolation, zu der wir eigentlich schon vor Wochen hätten aufrufen sollen. Denn die Ausgangssperren bringen wir sowieso. Auch deswegen, weil Sie sich eh nicht an unsere Ratschläge halten werden.

Und nein, einseitige Schuldzuweisungen bringen uns nicht weiter. Wir sind alle nur Menschen. Gierige, unverantwortliche Menschen. Menschen mit gut gepolsterten Quarantänewohnungen am Wannsee, zwinkerzwinker. Oder halt eben nicht!

Ich wünsche Ihnen auf diesem Wege eine gute Zeit und ein tolles Wochenende!

Und möge Gott die Seinen finden.

Herzlichst

Ihr 

Jens Spahn :-)

(persönlich bekannt mit Prof. Drosten)

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt