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Jetzt reicht*in es aber auch mal!

Was verhunzt die Sprache Goethes und Goebbels' noch mehr als die Ersetzung vom Genitiv durch des Dativs? Das sogenannte Gendern schadet dem Deutschen stärker als Zuwanderung und Rechtschreibreform zusammen (oder wird das jetzt getrennt geschrieben?). Doch woher kommt es? Warum lassen sich darüber so herrliche WitzInnen machen? Und was soll das ganze eigentlich? Ein Leitartikel über ein viel zu wenig beachtetes Thema, eine Verteidigung der deutschen Sprache gegen den Gender-Wahns_in von Laurenz BrinkMANN.

Kennen Sie den schon? „Kommt ein Mann beim Arzt. Sagt er: ,Huch, ich bin aber gar nicht schwul.‘ Sagt der Arzt: ,Das ist kein Problem, ich bin ja auch eine Frau, ich verwende nur das generische Maskulinum.‘ Sagt der Mann: ‚Ah, das hab ich mir aus der Bezeichnung Arzt gar nicht erschließen können, da habe ich sofort an einen Mann gedacht.‘ Sagt der Arzt: ,Eben! Und genau das ist das Problem!‘“ So oder so ähnlich müssen sie wohl klingen, die Witze, die sich die Feministen gegenseitig erzählen, die davon überzeugt sind, dass das generische Maskulinum Frauen nicht genug abbildet. Ich meine dazu: Furchtbar! Erstens ist der Witz ganz außerordentlich unlustig, zweitens werden Linguisten (hier jetzt ausnahmsweise mal wirklich nur die männlichen) seit Jahren nicht müde, zu betonen, dass das generische Maskulinum beide Geschlechter umfasst und bezeichnet. Machen wir den Test: Wenn ich „Bauarbeiter“ sage, woran müssen Sie dann denken? An einen Kerl im Blau-Mann (!), der Bier trinkt und einen Zollstock falschrum hält? Aber liegt das an der deutschen Sprache oder daran, dass nun mal die meisten Männer Bauarbeiter, Quatsch, die meisten Bauarbeiter Männer sind? Wäre es nicht also falsch „BauarbeiterInnen“ zu schreiben, weil gelogen und damit gegen das journalistische Berufsethos? Hm?

Anderes Beispiel: Denken Sie an den Begriff „Mensch“. Was kommt Ihnen den Sinn? Der Mann in der zweiten Reihe? Ach ja, ein Lied von Herbert Grönemeyer, das ist natürlich wahr, stimmt schon … Noch was? Wie? Es fällt niemandem eine andere Assoziation ein? Na, egal, Menschin klingt auf jeden Fall bescheuert, das ist alles, was ich sagen wollte. Letztes Beispiel, dann ist es auch vorbei, versprochen: Was ist Ihre Assoziation zum Begriff „Abgeordnete“? Ha, Trickfrage! Das ist im Plural ja genau gleich, egal, ob männlich oder weiblich! Solche Worte mag ich am liebsten, wo die Genderleute gar keine Endung dranhängen können. Da gucken die schön blöd aus der Wäsche. Übrigens: DIE Wäsche? Im Deutschen steht nicht nur das generische Maskulinum für alle beide Geschlechter, sondern auch den Objekten wurden völlig willkürlich Geschlechter zugeordnet. Und was sagen die Feministen dazu? Sie wollen aus allen männlichen Formen weibliche machen, aus jedem Salzstreuer eine Salzstreuerin. Nun lautet die Frage: Wollen sie das wirklich oder ist das nur ein dummer Witz, den ich seit Jahrzehnten mache und bei dem die (! [ach nee, ist ja Plural …]) Grenzen zur Realität mittlerweile ausfransen? Wer weiß das schon, heute darf man ja eh gar nichts mehr wissen.

Der Punkt ist: Haben die Femis eigentlich keine anderen Probleme? Sie setzen an der/die falschen Stelle an: Sie sollten nicht die Sprache, sondern die Realität verändern, die Frauen in vielen Aspekten ja doch schon manchmal vielleicht ein bisschen benachteiligt: Nicht für das Binnen-I sollten sie sich einsetzen, sondern für eine Schließung des Gender Pay Gaps (das einzige, was schlimmer als gendern ist, ist Englisch) oder eine Reform des Sexualstrafrechts! Obwohl, wenn ich genau darüber nachdenke, wäre auch das mir eigentlich nicht so recht … Was ich eigentlich sagen wollte: Wie kann es feministisch sein, die eigene Mutter(!)sprache zu zerstören? Und: Ist es nicht unfair, dass das weibliche Personalpronomen in der 3. Person Singular und das der dritten Person Plural identisch sind? Wenn ich sage: „Hilfe, sie kommen und nehmen mir meine schöne deutsche Sprache weg!“, denken Sie dann an Männer, Frauen oder verrückte Genderaktivisten? Eben! Q.e.d. oder, um es in meiner mittlerweile total verfallenen Muttersprache zu sagen: Hab ich doch die ganze Zeit gesagt!

 

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg