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"Irgendwann müssen wir auch mal wieder ins Bett" – Starphilosoph Markus Gabriel im Interview

Markus Gabriel wurde 1980 in Remagen geboren und gilt als philosophisches Wunderkind: Mit 5 entwickelte er ein neues Kategoriensystem (Eis, Pommes, Gemüse), mit 10 eine Ergänzung zu Wittgensteins Traktat: Worüber man nicht sprechen darf, hat die Mutti verboten! Der in Deutschland international gefeierte Jungprofessor hat sich gerade in der Corona-Krise mit epochemachenden Interviews hervorgetan.

TITANIC: Herr Professor Gabriel, haben Sie Verständnis für Menschen, die an der Existenz von Corona Zweifel hegen?

Gabriel: Im Gegenteil! Zweifel ist der Ausgangspunkt aller Aufklärung. Als Réne Descartes damals in Königsberg der berühmte Apfel auf den Kopf fiel, war ihm klar: Hier geht irgendwas nicht mit rechten Dingen zu. De omnibus dubitandum, schrieb er in sein Notizbuch, zu Deutsch: Ich denke, ergo sum! Am Schluß zweifelte Descartes an allem, also auch an Corona. Wichtig ist aber, dann vom Zweifel schnell auch zum von mir, Markus Gabriel, ausgerufenen "neuen Realismus" überzugehen. Die Quintessenz: Wir können zwar den ganzen Tag an allem zweifeln, aber irgendwann müssen wir auch mal wieder ins Bett.

TITANIC: In einem anderen Interview wiesen Sie darauf hin, dass die Sprache, in der wir über die Krankheit sprechen, von Anglizismen geprägt sei: Shutdown, Lockdown, Apokalypse now. Wollen Sie das näher ausführen?

Gabriel: Sehr gerne. Schuld am "Denglisch", wie ich es gerne scherzhaft nenne, hat die ungeheure Macht von amerikanischen Tech-Giganten wie Yahoo, Myspace und Co.! Wenn alle Informationen zu einer neuen Krankheit in einer uns unbekannten Fremdsprache formuliert sind, muss das doch zwingend zu Verwirrung und Unsicherheit führen. Wenn ich "down with the sickness" bin, weil mein "doctor" mir keine "prescription" ausstellt, ist das für breite Bevölkerungsschichten ein linguistisches Todesurteil. Sie werden mit Angst infiziert, die dann zu Panik metastasiert, während sich das Englische wie ein widerliches Krebsgeschwulst über ihr Gehirn ausbreitet. Wie war die Frage noch mal?

TITANIC: Sie fordern einen neuen Hegel, der die Gedanken unserer Zeit zusammenfasst und mal bündig aufschreibt. Sehen Sie den schon am Horizont?

Gabriel: (lacht) Sagen wir mal so: Die Eule der Minerva ist gerade im Sturzflug Richtung Athen. Tatsache ist: Noch nie war die Philosophie in Deutschland so unbeliebt. Es hat sich eine Ökonomisierung eingeschlichen, wo die Leute nur mehr Börsenwerte hören wollen, statt wie früher täglich die Stimme Kants im Radio zu hören. Wo sehen wir sie denn, die Philosophen? Nur mehr in den großen Talkshows, in den Zeitungen und auf den angloamerikanischen "Social Media"! Wenn das so weitergeht, bleibt mir nichts anderes übrig, als die Umwertung aller Werte zu fordern!

TITANIC: Vielfach geht die Klage, das westliche Wirtschafts- und Lebensmodell sei in der Corona-Krise endgültig an sein Ende gekommen. Wie beurteilen Sie das?

Gabriel: Sie sagen: Corona-KRISE. Krise kommt aber von griechisch krínein, was wieder ein ausländisches Fremdwort ist. Im chinesischen ist das Wort "Krise" übrigens aus zwei Zeichen zusammengesetzt, die ebenfalls von niemandem hier verstanden werden. Bevor wir Corona heilen können, müssen wir überhaupt erst wieder in unserer Sprache sprechen lernen! Vorher ist mit einem neuen Hegel auch nicht zu rechnen, das prophezeie ich Ihnen hiermit gern ins Diktaphon!

TITANIC: Herr Professor Gabriel, wir danken Ihnen für das Interview.

Gabriel: (neckisch) Interview? Sie meinen wohl Befragosuchung! Passen Sie bitte künftig besser auf, bevor Sie unphilosophische Begriffe verwenden …

Leo Fischer

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg