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"Ich habe ein Problem" – Ein Geständnis von Freddy "Q" Quinn

Freddy Quinn outet sich: "Ja, ich bin Q." Der Kopf hinter dem Verschwörungskult QAnon. Was hat ihn bewegt, derlei Seemannsgarn zu spinnen?

Ahoi,

liebe Leserinnen und Leser.

Ja, ich lebe noch. Und: Ja, ich habe Fehler gemacht. Doch für die, die mich nicht mehr kennen, erst einmal eine kleine Nachhilfestunde, ein paar Trockenübungen in Sachen Freddy-Kunde. Ich bin Freddy, Euer Freddy, Deutschlands Schmuse- und Schunkelsänger Numero Uno, der Kapitän Eurer Herzen. 

Als ich damals nach dem Krieg durch die Hitparade segelte, lagen mir Weib und Welt zu Füßen, dass ein Wendler mit seinem Schminkbart aber freiwillig über die Planke gelaufen wäre. Ich habe alle gehabt. Ich meine: Ich habe alles gesehen. Auf meinen Reisen über die sieben Weltmeere. Nein, Moment! Das wollte ich hier nicht tun.

Damit wären wir nämlich beim Punkt: Ich war nie ein echter Seemann. Nein, offen gesagt kann ich das Meer nicht ausstehen. Ich meine: Wasser. Endloses Wasser. Bin ich eine Seeanemone? Ich habe es einmal versucht, ein einziges Mal. Mit einer kleinen Jolle bin ich von Övelgönne aus gestartet und wurde sieben Stunden später ohne Hose in St. Pauli wieder an Land gespült. Am nächsten Tag hatte ich einen Kater, der für zehn Matrosen gelangt hätte. 

Da, ich habe es wieder getan. Es tut mir leid. Ich neige zum Flunkern. Es ist krankhaft. Sagt mein Arzt. Er ist gebürtiger Schotte, seine Frau hatte eine reizende Hundezuchtanlage in Ottensen, doch eigentlich arbeitete sie für den KGB. Von einem Tag auf den anderen waren sie verschwunden. Die Hunde, meine ich. Zufall?

Ich schweife ab: Meine Frau Magda leidet jedenfalls seit Jahren unter meinem Zwang, die Wahrheit zu verbiegen. Fakt ist: Die lange Pause nach meiner glanzvollen Karriere hat mir eines im Überfluss beschert: Zeit. Man kann auch nicht den ganzen Tag ohne Verdeck die Elbchaussee runterbrettern und sein frisch gefärbtes Haupthaar im Wind flattern lassen. Also hab' ich mir irgendwann diese ganzen Theorien einfach ausgedacht und in den Computer geschrieben. Eine Flaschenpost an die Welt da draußen. Wie damals meine wundervollen Lieder.

Darum jetzt noch mal ganz unmissverständlich: Ja, ich bin Q! Oder doch nicht? Geht es im Leben denn wirklich darum, wer wir sind? Werden wir nicht alle ganz klein, wenn wir erst einmal nach 40 Tagen und 40 Nächten auf dem Ozean gen Horizont blicken, wo sich Himmel und Erde küssen und wo unter Deck gebumst wird, dass die Bullaugen beschlagen?

Zum Schluss muss ich Ihnen noch etwas gestehen: Ich habe keine Frau namens Magda, aber ich könnte ja eine haben. Was ich eigentlich sagen wollte: Bitte sehen Sie mir die Sache mit der Flunkerei nach. Und lassen Sie sich endlich mal die Haare schneiden, Sie Gammler!

Ihr Freddy

 

Fabian Lichter

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt