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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Zur Wahl

Heute ist Wahl, und wer sich an dieser Stelle eine Wahlempfehlung (oder das Gegenteil) erhofft hat, den muß ich enttäuschen; ich kann da keine Überzeugung haben außer der, die sich in einer Variation Kierkegaards ausdrücken mag: Geh wählen oder laß es, du wirst es bereuen.

Warum das so ist, sprach, so unfreiwillig wie meist, am Mittwoch die Tagesschau aus, als es um Air Berlin oder die Fusion von Thyssen und Tata ging, ich hab’s mir nicht gemerkt, aber es spielt auch keine Rolle, denn der Satz ist universal anwendbar: „Problematisch hingegen für Investoren könnten die Mitarbeiter sein.“ Denn die sind halt gern einmal zuviel, nicht wahr, weshalb der Satz sich auch umkehren läßt: Problematisch für die Mitarbeiter sind die Investoren, falls sie einem nicht zufällig einen Arbeitsplatz retten, den es in der Folge dann genau so lange gibt, wie er sich für den Investor rentiert. Falls er sich rentiert, könnte es gut sein, daß sich ein anderer Arbeitsplatz an einem anderen Ort um so weniger rentiert, weil sich nie alle Arbeitsplätze zugleich rentieren können, mindestens nicht als bezahlte und sofern „der Arbeiter für den Produktionsprozeß, nicht der Produktionsprozeß für den Arbeiter da ist“; ein simpler Umstand, den Marx im „Kapital“, dessen 150. Geburtstag neulich sogar der Tagesschau einen verläßlich plänkelnden Bericht wert war, für die „Pestquelle des Verderbs und der Sklaverei“ hielt.

Blättern wir noch ein bißchen: „Anarchie der Produktion“, die „,überzählig’ Gemachten der Arbeiterkonkurrenz“, „das Arbeitsmittel erschlägt den Arbeiter“ – und im Fernsehen oder in der Zeitung (wenn’s nicht grad die FAZ ist) heißt es dann, daß derlei „an Aktualität nichts verloren“ habe, und das ist halt die freie Gesellschaft, daß man das sagen kann, ohne daß das Allermindeste daraus folgt. Schon gar nicht, wo wir ja Boom haben und eine Million offene Stellen (zumal, wußte „Spiegel online“ im Frühjahr, hochbezahlte „in der Logistik und im Lagerwesen“, auf dem Bau und im Pflegebereich), andererseits eine stetig wachsende Armut, und daß der ganze Rummel auf dem Rücken vieler Dritter ausgetragen wird, sagen sogar Leute, die nicht im Verdacht stehen, eine Marx-Büste auf dem Schreibtisch stehen zu haben.

„Mein Gott wenn das so fort geht.“ Lichtenberg, 1772

Da ist es, alles in allem, doch gut zu wissen, daß nur mehr 20 Prozent der Deutschen Bücher lesen (FAZ.net, 21.9.), wegen Netflix oder Maloche oder beidem, was die freie Entwicklung des einzelnen als Bedingung der freien Entwicklung aller gottlob nicht mal mehr diskutabel macht. „Problematisch hingegen für Investoren könnten die Mitarbeiter sein.“ Übersetzt: Problematisch fürs Kapital könnten die Menschen sein. Daß sie es nicht werden, dafür sorgt es schon, mit sanfter Gewalt (Bertelsmann) oder nicht so sanfter: „Wenn die Polizeimacht und die Militärmacht der Klassengesellschaft nicht gebrochen werden, dann regiert die polizeiliche Personalhoheit und die militärische Gebietshoheit irgendeiner Größenordnung, irgendeines Regelkreises über die Blöden wie die Armen gleichermaßen, ohne Ansehen der Person, und sorgt mit ihren Vollstreckungsorganen dafür, daß wir gepfändet, aus Wohnungen geworfen, eingesperrt, medizinisch falsch oder gar nicht behandelt werden, daß unsere Kommunikation behindert oder abgestellt wird, wenn sie nicht ins Spiel paßt, daß unser Zugang zu Energie und Information den Interessen derer gehorchen, die sich Arbeit, Aufmerksamkeit, Energie, Information und Kommunikation aneignen können, um Arbeit, Aufmerksamkeit, Energie, Information und Kommunikation von Leuten, die dieses Geld nicht haben, in ihrer idiotischen Wirtschaftsweise zu vernutzen, die andauernd aus diesem Geld mehr Geld macht, mit dem man dann wiederum Arbeit, Aufmerksamkeit, Energie, Information und Kommunikation kaufen kann, aus denen sich erneut mehr Geld machen lässt und so weiter und so fort; es ist in Wirklichkeit noch eintöniger und grauenhafter, als es sich liest“ (Dietmar Dath).

Die Klassengesellschaft stellt sich selbst zur Wahl. Wählen kann man nur sie. Wir wählen sie auch, wenn wir nicht wählen. Wir haben keine Wahl. – Ein Hinweis für die Presse noch: Deutsche türkischer Abkunft, als Staatsbürger mit Wahlrecht, sind sowenig Deutschtürken, wie US-Bürger schwarzer Hautfarbe US-Afrikaner sind. Wer sich auf seinen Antirassismus was zugute hält, halte sich dran.




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Briefe an die Leser

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg