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Ein Hilfeschrei des deutschen Mittelstands

von Magnus Jäger
Bundesverband mittelmäßige Wirtschaft (BVMW)

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer!

Als Mittelständler bin ich tief besorgt. Besorgt über die absolut unverhältnismäßigen Zwangsmaßnahmen, die die Noch-Regierung Merkel der Wirtschaft derzeit zumutet. Anfangs- und Höhepunkt ist die vor kurzem beschlossene Testpflicht für Arbeitnehmer, gegen die wir gerade klagen.

Wie das Verfassungsgericht erst letzte Woche bestätigt hat, darf der Staat einen beim grundgesetzlich geschützten Geldverdienen auf keine Weise stören. Ich frage mich, warum das anscheinend nur für Vermieter gilt. Im Gegensatz zu Vermietern werden deutsche Mittelständler nämlich noch gelegentlich an der Stätte ihrer Bereicherung tätig! Ich zum Beispiel komme noch mindestens einmal im Monat persönlich ins Büro, einfach, um die Kündigungen noch von Hand zu unterzeichnen. Das ist für mich die Ehrlichkeit und die Menschlichkeit, die uns deutsche Unternehmer vor den gierigen Amerikanern auszeichnet.

Wissen Sie, was diese Tests kosten? Praktisch nichts! Aber multipliziert man dieses Nichts mit zehn, zwanzig, hundert Angestellten, kommen dabei plötzlich Zahlen heraus, die sich keiner ausdenken kann. Und ich habe mir schon viele Zahlen ausgedacht, das können Sie mir glauben! Wenn wir jetzt gezwungen werden, Corona-Tests zu kaufen, wo ist die Grenze? Als nächstes kommen dann Monatsprodukte auf den Toiletten! Das ist für mich Stalinismus.

Nun höre ich Stimmen, dass die Testpflicht eigentlich nutzlos ist, weil es nur ein Angebot an Mitarbeiter ist und nichts dokumentiert wird. Ich hingegen sage klar: Für uns als Mittelständler ist die Testpflicht noch nicht nutzlos genug! Wissen Sie, vor wenigen Generationen hat man Kinder noch in die Steinbrüche geschickt, ohne Schutzkleidung und "Wochenenden". Und hat es ihnen geschadet? Nein, noch heute sehen wir auf den Straßen Kinder! Das zeigt für mich, dass das vor allem Luxus-Sorgen sind. 

Sterben müssen wir alle. Doch haben wir die Wahl, ob wir das im Kreis unserer liebsten Arbeitskollegen tun, in einem Büro, das wir kennen, oder in einer anonymen, kalten Isolierstation. Also mir fällt die Wahl da sehr leicht!

Nein, jeder einzelne muss schauen, wo er bleibt – das gilt in der Wirtschaft wie im Fußball. Noch immer sehe ich in den Parks Menschen auf Parkbänken sitzen. Blicke ich durch das Fenster einer beliebigen Wohnung, sehe ich Menschen ohne Maske, die sich beim Abendbrot gegenübersitzen, völlig ungeschützt, bevor sie mich sehen und die Polizei rufen. Es kann doch nicht sein, dass die Leute von ihren Arbeitgebern verlangen, was sie auch zu Hause nicht einhalten!

Ich appelliere an die Bürger: Schützen Sie den deutschen Mittelstand, schützen Sie Arbeitsplätze! Der Bundesverband mittelmäßiger Wirtschaft hat hierzu einen einfachen Maßnahmenkatalog erarbeitet: Tragen Sie in der Freizeit einen Schutzanzug. So sind Sie garantiert nicht infiziert, wenn Sie morgen ins Großraumbüro kommen, und wir können alle ohne teure Masken zusammenarbeiten. Aus alten Aldi-Tüten lässt sich in nur wenigen Stunden ein akzeptabler Biohazard-Suit herstellen!

Versuchen Sie, auch Gespräche mit Angehörigen des gleichen Haushalts möglichst digital zu führen. Deutsche Mittelständler bieten dazu preiswerte und schnell verkabelte Interkom-Systeme an (Innovationspreis der Hannover-Messe 1993). Nicht vergessen: Gespräche kosten, gerade in schweren Zeiten, Kraft. Kraft, die Ihnen dann bei der Arbeit fehlt!

Wenn wir alle zusammenarbeiten und vor allem unsere Ansprüche zurückschrauben, bin ich sicher, dass ich gesund aus der Krise komme.

Mit hilfeschreienden Grüßen

Magnus Jäger
Bundesverband mittelmäßige Wirtschaft (BVMW)

Leo Fischer

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt