Inhalt der Printausgabe

DNJA oder NEIN

Jahrzehntelang hielt sich die Verschwörungstheorie, statt Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß habe ein Doppelgänger im Spandauer Militärgefängnis eingesessen – der echte lebe unbehelligt in den USA. Doch dank DNA-Analyse wurde die konspirative These jüngst widerlegt: Der Inhaftierte war hundertprozentig der wahre. Segen der Genetik! Der Fall ist gelöst. Und mit ihm zahlreiche weitere. Denn mit neuestem molekularbiologischem Rüstzeug konnten auch weitere umstrittene Identitätsfragen und Verschwörungstheorien endlich mal gelöst werden!

Wer war der erste Mensch auf dem Mond?

Warum wehte die US-Flagge, trotz mondscher Windstille? Warum stapfte Neil Armstrong so albern umher? Und warum schallt es auf den Kameraaufnahmen aus dem Off: »Caution, do not step on cables«? Dutzende Fragen und Ungereimtheiten rankten sich um die legendäre Mondlandung aus dem Jahr 1969. 40 Jahre später legte jetzt ein chinesisches Forscherteam um Star-Astrogenetiker Zhan Yuan auf großer Mondfahrt einen Zwischenstopp am mutmaßlichen Landeort der Apollo 11 ein und fahndete – ausgerüstet mit interstellaren Lupen und Fußabdruckpulver – nach irdischer DNA. Nach drei Tagen der große Fund: Stiefelabdrücke. Abdrücke, die nach eingehender forensischer Analyse zu 100 Prozent übereinstimmen mit denen des Star-Astrogenetikers Zhan Yuan! China im Freudentaumel. Die Geschichte der Mondlandung wird umgeschrieben und das Grab von Mondkalb Neil Armstrong geschändet.

Merkel = Hitlers Tochter?

Hartnäckig hält sich eine alternative Version rund um Angela Merkels Genese: Die Bundeskanzlerin sei, per künstlicher Befruchtung mit Hitlers Sperma, von Eva Brauns Schwester Gretl als Leihmutter ausgetragen worden (Quelle: Internet) und habe damit böses Blut. Die Indizienlage spricht dafür: der stechende Blick, die Führungsqualitäten, die Liebe zum deutschen Volk … Angela Merkel – Sprössling des größten Verbrechers der Menschheit, Satans Brut? Doch eine Entnahme von Merkels Körperzellen (Zehen, Ohrläppchen, Weichteile) brachte das Ergebnis: nein. »Uff, und ich dachte es manches Mal schon selbst«, ließ die Kanzlerin sichtlich erleichtert verlauten. Jetzt muss sie nur noch, per genetischen Fingerabdruck, die Behauptung entkräften, sie habe die deutsche Grenze für 50 000 000 Wirtschaftsflüchtlinge mit den eigenen Händen geöffnet.

Lebt Elvis?

Altes aus der Gerüchteküche: Dass der »King of Rock’ n’ Roll« noch am Leben sei, wird vielfach behauptet, am lautesten von einem freundlichen Herrn in Hokkaido, Japan: Er selbst sei der »Kingu Obu Rokkunrōru«, hundertpro, geschworen ohne Fingerkreuzen. Vor 42 Jahren sei er nach Japan getürmt, um dem Medienrummel zu entgehen und wegen dem lecker Sushi. Nun fordere er aber doch mal Anerkennung und eine saftige Nachzahlung der Gema. Der charismatische Greis sagt, er habe den Rock’n’Roll im Blut, weigert sich aber bislang partout, eine Probe abzugeben. Das Ergebnis steht aus.

Bestehen Calamaris aus Schweine-Anus?

Es ist eine der spannendsten Theorien der Neuzeit, gestützt vom »Gourmet Magazin«, urbanlegends.about.com und Johan Lafer persönlich: Tintenfischringe bestünden in Wahrheit aus Schweine-Anus. Am 15. Februar diesen Jahres ging man der modernen Sage endlich auf den Pfannengrund: Ein internationales Sterne- koch-Team wagte sich mit Augenbinde an den heiklen Geschmacksvergleich. Und siehe da: Textur und Eiweißgehalt beider Tierarten sind identisch, echter Schweine-Anus jedoch ungleich leckerer, sofern richtig schön in Knoblauch und Olivenöl angebraten. Unter dem authentischen Namen »Maiali Ano« (ital.) und »Ano de los cerdos« (portug.) wird die neue Delikatesse bald bei »Feinkost Käfer« und »Kochhaus« vermarktet.

Söder – Strauß’ Erbe?

Schon als kleiner Buab erklärte der bayrische Landesvater Markus Söder alle naslang, er sei der geistige Erbe von Franz Josef Strauß. DNA-Spuren von Söders Notizen und Brandreden sowie Speichelspuren auf sämtlichen Lichtschaltern der Bayerischen Staatskanzlei brachten jedoch lediglich eine inhaltliche Übereinstimmung von 87,95 Prozent. Er glaube eh nicht an die Molekularbiologie, tat Markus Söder daraufhin schmollend kund, sondern nur, was er mit eigenen Augen sehe: die Schönheit der Frauen, Überfremdung und die Ausrottung des deutschen Volks.

Ein und dieselbe?

Dieser rästelhafte Fall bewegte ganz Österreich: Eine 100jährige Dame aus dem Burgenland behauptet seit Jahren, die junge, lebenslustige Frau auf dem Foto in ihrer Hand sei sie selbst! Auch ihre bejahrte Schwester mochte die Aussage nicht mehr so gern bezeugen. Ein wissenschaftlicher Haarfrisurenvergleich sprach am Ende jedoch zu 100 Prozent dagegen. Auf gerichtliche Anordnung hin muss die tolldreiste Hochstaplerin jetzt sämtliche diesbetreffenden Fotos aus ihren Familienalben entfernen.

Wer bin ich?

Wissen, wer die eigenen Vorfahren sind, aufgedröselt in Prozentzahlen – möchte das nicht jeder? So auch Ursula von der Leyen. Die Ministerin scannte, wie gefordert, eigene Blut- und Schweißtropfen und sandte sie per Email an »My Heritage«. Die Auswertung ihrer Ahnen kam prompt retour: 12 Prozent Großbürger, 8,5 Prozent Adelsvolk, 3 Prozent Ministerpräsidenten, 0,5 Prozent Dirigenten, 19 Prozent Berliner Lumpenproletariat und satte 57 Prozent verarmte niedersächsische Schweinebauern. Vom Leben und den eigenen Genen tief enttäuscht, will die Verteidigungsministerin diese Demütigung jetzt »mit allen verfügbaren Waffen anfechten« und einen weiteren Gentest auswerten lassen: auf dem Ahnenforschungs-Portal »Ancestry«.

Wie sah Jesus aus?

Die schwindelerregenden Erfolge der Paläogenetik lassen die herkömmliche Archäologie ziemlich alt aussehen (geschätzte 60 Mio. Jahre). Nachdem Forscher bereits die Physiognomie von »Ötzi«, der namhaften Gletschermumie, und »Lucy«, der Urzeitfrau aus Äthiopien, optisch rekonstruiert hatt en, machte sich die hethitische Paläogenetikerin Dr. Zidanta Kurunta am Neujahrsmorgen an das Rätsel aller Rätsel: Wie sah »Jesus« aus? Aus einem Haufen Knochen und mithilfe neuester 3 D-Technik gelang es ihr, des Heilands komplette Gestalt inklusive Kragenweite und Geheimratsecken zu visualisieren. Das Resultat kann sich sehen lassen. Internationale Anerkennung, Blumengeschenke aus dem Vatikan und ein Nobelpreis folgen.

Wer ermordete Kennedy?

Es ist eines der größten Mysterien der neuzeitlichen Forensik: Wer tötete John F. Kennedy wirklich? War es Oliver Stone, Fritz Honka, Jacqueline Kennedy oder der Vietcong? Viele Fragen sind noch offen. So offen, dass zwei angesehene deutsche Kriminalbiologen – Dr. Mark Benecke und Professor Karl-Friedrich Boerne – die verstaubte rechtsmedizinische Akte noch einmal aus dem untersten Regalfach im Staatsarchiv von Washington, D.C. holten, aufschlugen – und darin ein bisher unentdecktes Stückchen Doppelhelix entdeckten, klebend an der Tatwaffe. Sieben Tage lang beobachteten die Top-Forensiker die geheimnisvolle Helix durch ihr Pfiffikus-Mikroskop, ehe sie das aufsehenerregende Ergebnis der Öffentlichkeit präsentierten: Die DNA stimme zu 100 Prozent überein mit der von Rudolf Heß. Die rätselhaften Ermittlungen laufen …

Nachtrag, kurz vor Redaktionsschluss:
Spitzenunternehmer Carsten Maschmeyer verkündete jüngst auf irgendeinem Presseball, »Erfolg sei in seine DNA eingeschrieben«. Eine Speichelprobe – gefunden auf einem achtlos liegengelassenen Cocktailschirmchen – konnte die Aussage jedoch umgehend zu 99,99999 Prozent widerlegen.

 

Ella Carina Werner

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg