Artikel

Der greise Kauz im weißen Haus – alles über Joe Methusalem Biden

Die ganze Welt kennt seinen Namen, nur er selbst vergisst ihn manchmal: Joe Biden, der baldige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, der greise Kauz im Weißen Haus. Doch wer ist der Mann hinter dem hohen Alter? Was versteckt der Kukidentpräsident hinter seinem dritten Lächeln? Wofür schlägt das Herz des Herzpatienten der Herzen? 

Amerikas Rollatorregent hat einiges vor im Oval Office. Zumindest sofern Trump nicht doch noch den Selbstzerstörungsknopf drückt. Vor allem will er viel aus dem Fenster schauen, Jugendliche anblöken und Nummernschilder von Falschparkern aufschreiben. Für ihn spricht, dass er im Gegensatz zu seinem vom Aufmerksamkeitsdefizit geplagten Vorgänger sehr fokussiert sein wird, denn nur wenig kann ihn ablenken: Die meisten seiner Freunde sind bereits unter der Erde und die Kinder melden sich nur selten.

Wir erreichen Biden kurz nach seinem zweiten Mittagsschlaf. „Hallo?“ fragt er immer wieder am anderen Ende der Leitung. „Hallo, Herr President-elect!“ rufen wir, aber Biden scheint uns nicht hören zu können. „Diese modernen Scheißtelefone“, schimpft er. Tastentöne verraten uns, dass er auf dem Gerät herumdrückt. Schließlich findet er den Knopf für die Lautstärke und vernimmt unsere Stimme. „Ach, rufst du auch mal wieder an“, raunt der US-Präsident vorwurfsvoll und erzählt, wie er ganz alleine heute Vormittag den Keller entrümpelt hat: „Da hätte ich ein wenig Hilfe gut gebrauchen können.“ Dann fragt er, ob wir endlich einen ordentlichen Job gefunden hätten, bevor er grußlos auflegt. Gerne hätte man noch mehr von ihm erfahren, aber den Rest entnehmen wir einfach der Tagespresse.

Das große Ziel des neuen Staatsopahaupts ist es, die politischen Lager im Land miteinander zu versöhnen. Sie sollen sich mit Biden an einen Tisch setzen, Gebäck essen und Tee trinken, seine alten Geschichten anhören, ihn zum Arzt fahren, ab und zu für ihn einkaufen. Grüßen, wenn man draußen am Gartenzaun vorbeigeht. Mal eine Postkarte aus dem Urlaub schicken. Auf diese Dinge legt Biden viel Wert. Wird es ihm gelingen, die US-Amerikaner zu einen, sie daran zu erinnern, wozu ihre Nation eigentlich gegründet wurde? Immerhin war er damals ja dabei. 

Doch auch die USA der Gegenwart kennt der ehemalige Klassenkamerad von Abraham Lincoln wie die Innentasche seiner beigen Weste. Etliche Kaffeefahrten haben ihm dieses Land vors schwache Augenlicht geführt, auch mit dem Wanderverein ist er schon viel rumgekommen. Vor allem hoffen seine Anhängerinnen und Anhänger, dass dank seiner Erfahrung auch wieder ein besonnener Ton in der Politik herrscht. Während Donald Trump gegen alles und jeden polterte und sämtlichen Medien den Krieg erklärt hatte, wird der Supersenior wohl eher eine Friedenspfeife anstecken. Wenn er sich über Berichterstattung aufregt, sagen Insider, dann ohnehin nur über die Klatschsparte im Goldenen Blatt.

Außenpolitisch gilt Biden als Brückenbauer, weil er unheimlich gern Bridge spielt. Mit Frank-Walter Steinmeier soll er sich bereits zum gemeinsamen Lästern verabredet haben. Sebastian Kurz will er dazu ermahnen, sein Leben nicht wegzuschmeißen und endlich sein Studium abzuschließen. Und für Brexitboy Boris Johnson hat er scharfe Worte: „So einen Langhaarhippie hätten wir früher verprügelt!“ soll er einer Apothekenangestellten ungefragt mitgeteilt haben.

Auch die Wirtschaft wird er umgestalten. Biden setzt auf erneuerbare Energien, also voll auf grün, seit er die Gartenarbeit für sich entdeckt hat. Jeder Grashalm in seinem Garten muss exakt gleich lang sein, was ihm den Ruf eines pingeligen Ökosozialisten eingebracht hat. Ein schwerer Vorwurf, gerade in den USA, die den von Trump verkörperten knüppelharten Kapitalismus zwar lieben, aber ihm mit Biden zumindest wieder ein freundliches Gesicht geben wollten. Derlei Kritik weist er zurück: „Ich habe zu viel erlebt, um noch anfällig für irgendwelche Ideologien zu sein. Hitler, Stalin, Kohl – am Ende ging es ihnen doch nur um Macht. Aber die habe jetzt ich!“ zitiert ihn die "New York Times". Der neue Mr. America steht über diesen ewigen Nörglern. Wer ihn in irgendeine Ecke drängen will, muss früher aufstehen. Allein: Niemand steht so früh auf wie Joe Biden. Er kann auch gar nicht so lange liegen.

 

Cornelius W.M. Oettle

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt