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Der Ballweg Naidoo Komplex

CSU-Chef Markus Söder ist besorgt, dass gewaltbereite Gegner der Pandemie-Maßnahmen in eine "Corona-RAF" abdriften und dabei die Bundesrepublik, wenn nicht sogar ganz Bayern mit sich in den Abgrund reißen könnten.  Aber sind von Gewehrsalven durchsiebte Impfmobile in Straßengräben, detonierte Testzentren und flächendeckende Banküberfälle zur Finanzierung von Querdenker-Terror bei uns überhaupt vorstellbar? TITANIC sprach mit dem Freistaat-Landesvater über Parallelen zur 68er-Generation, eine mögliche Entführung des Bundesgesundheitsministers und Söders ganz persönlichen Kampf gegen die extremistische Bedrohung aus der der Mitte der Gesellschaft.      

TITANIC: Herr Söder, in der Mainpost warnen Sie vor abgetauchten Corona-Leugnern, die aus dem Untergrund heraus einen bewaffneten Kampf gegen eine angebliche Diktatur führen wollen. Was veranlasst Sie zu der Annahme?      

Söder: Ein supergeheimes Geheimdossier des Bayerischen Inlandsgeheimdienstes BI5. Es ist sogar so geheim, dass ich es nur alleine auf dem Klo lesen durfte und nach der Lektüre sofort vernichten musste. Sie wissen schon, wie (zwinkert).    

TITANIC: Nach dem Lesen verbrennen?    

(Söder zieht die linke Augenbraue hoch und grinst)    

TITANIC: Igitt. Vielen Dank für das Kopf- und Geruchskino. Aber mal im Ernst. So etwas wie einen "Bayerischen Inlandsgeheimdienst" gibt es doch gar nicht!    

Söder: Wenn Sie das gerne glauben möchten - bitte. Wie leben hier schließlich in einem nahezu freien Land. Vielleicht zeugt die scheinbare Nichtexistenz des BI5 auch nur davon, wie gewissenhaft die findigen Bayern im Verborgenen arbeiten können, gell? Oder hätten Sie gewusst, dass wir Bajuwaren noch immer in einer parlamentarischen Monarchie leben und unseren Luitpold, den XII. im Hofbräuhaus-Keller vor euch Preußen versteckt halten? Aber psst, des haben Sie jetzt net von mir.    

TITANIC: Wie gehen Sie mit der neuen Bedrohungslage um?    

Söder: Schauen Sie, abgedrehte Spinner sind dem Bayerischen Staatsschutz seit Edmund Stoiber nichts Unbekanntes. Das wahnsinnige Ausmaß, mit dem diese Menschen an dystopischen Untergangsszenarien festhalten, hat in letzter Zeit allerdings deutlich zugenommen.    

TITANIC: Sie meinen, an eine Welt zu glauben, in der Markus Söder 2025 nicht Kanzler der Bundesrepublik Deutschland ist?    

Söder: Pfft! Vollkommen irre, nicht wahr?  

TITANIC: Zum Brüllen. Nächste Frage. Die RAF wurde damals als Guerillatruppe nach lateinamerikanischem Vorbild gegründet. Wie wollen Sie gegen einen scheinbar unsichtbaren Gegner kämpfen, der sich nach taktischen Nadelstichen womöglich wieder in seine dschungelartigen Verstecke zurückzieht?    

Söder: Wenn Querdenker in Bayern mit dem Anpflanzen von Tropenholz anfangen, werde ich meinen Innenminister anweisen einzuschreiten.    

TITANIC: Sie meinen, er soll die Aufforstung stoppen?    

Söder: Quatsch! Er soll im Urwald spazieren gehen. Der Joachim (Hermann, Anm. der Red.) hat seit seinem Amtsantritt so viel heiße Luft abgesondert, da kann er ein paar Liter frisches Lungenvolumen bestimmt gut gebrauchen – und den Bäumen ganz nebenbei auch noch den für die Photosynthese nötigen Sauerstoff wegatmen.    

TITANIC: Ihr Vergleich des extremistischen Querdenkermilieus mit der Keimzelle der RAF in den 70ern ruft bei vielen Deutschen ungute Erinnerungen hervor. Müssen wir uns mittelfristig also wirklich wieder auf Hinterhalte mit Maschinenpistolen und dramatische Geiselnahmen gefasst machen?        

Söder: Na ja, ich will doch sehr hoffen, dass das schon in der laufenden Legislaturperiode geschieht. Stellen Sie sich nur ein nach der Entführung von Karl Lauterbach veröffentlichtes Schwarzweiß-Bild vor, auf dem unser Gesundheitsminister ein Pappschild mit dem Schriftzug "Seit 20 Tagen Gefangener der Corona-RAF" halten muss. Das wäre doch…    

(blickt selbstvergessen aus dem Fenster und lächelt)    

TITANIC: Schrecklich?... Herr Söder?? Hallo!!    

Söder: Ja, genau…äh…schrecklich. Das müssen wir unbedingt verhindern, sofern es nicht  anstrengend ist und irgendwelche Umstände macht. Weiter im Text!    

TITANIC: Na gut. Die Parolen der Querdenker ähneln nicht nur zufällig den Slogans, die von den Aktivist*innen der 68er-Generation und von Teilnehmern der Friedensbewegung in den 80ern verwendet wurden. Letzteren wird ein eher angespanntes Verhältnis zu Franz-Josef Strauß nachgesagt. Haben Sie Angst davor, selbst zur Zielscheibe von Hassverbrechen zu werden?    

Söder: Wer hatte zu Strauß denn kein angespanntes Verhältnis, bitte? Von seinem monumental-brachialen "Also, sprach Zarathustra" bekam ich schon als Kind grauenhafte Blähungen und Cluster-Kopfschmerzen. Ich selbst bin aber weder Theaterleiter noch Dirigent, sondern nur der dollsde Dyp von Närmberch bis zum Rio Grande. Was sollten die Corona-Fuzzis also gegen ein drolliges Kerlchen wie mich haben?    

TITANIC: Wir meinten wir nicht den Komponisten Strauss - der hieß Richard - sondern das Politiker-Urgestein.    

Söder: Wen?    

TITANIC: Franz Josef Strauß. Ehemaliger bayerischer Ministerpräsident, Ex-Bundesfinanzminister und Gottvater der CSU.    

Söder: Nie gehört.    

TITANIC: Herr Söder, Sie verarschen uns doch jetzt!    

Söder: Entschuldigung. Alles, was zeitlich vor meiner Initiation als Alpha-Männchen der CSU liegt, ist für mich eben historisch obsolet. In Bezug auf Ihren ach so tollen Polit-Wunderknaben fällt mir übrigens gerade mein legendär gewordener Spruch ein: Das Bessere ist der Feind des Guten.    

TITANIC: Mit Verlaub, Herr Söder. Das ist von Voltaire.      

Söder: Von wem?    

TITANIC: Letzte Frage mit Bitte um eine aufrichtige Antwort. Glauben Sie, dass uns in diesem Jahr wieder ein "Deutscher Herbst" wie 1977 droht?    

Söder: Da kann ich sie absolut beruhigen. Der Herbst '77 war meines Wissens deutlich zu kühl. Damit ist in Zeiten der globalen Erwärmung wohl eher nicht zu rechnen.    

TITANIC: Herr Bundeskanzler in spe. Vielen Dank für das Gespräch.    

Söder: Warum so förmlich? "Majestät" tut´s auch.            

Patric Hemgesberg

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg