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"Das Säbelrasseln gegen mich muss aufhören!" – Ein Gastbeitrag von Gerhard Schröder

Altkanzler Gerhard Schröder ist umstritten wie nie. Nun haben sich sogar schon die ersten Currywürste von ihm distanziert. Auch viele Sozialdemokraten hadern mit ihm. Schröder selbst erklärt jetzt in einem Gastbeitrag, warum die SPD ihn gar nicht ausschließen kann.

Hallo, liebe Freunde!
Privet, Towarischtschi!

Ich bin einigermaßen erschüttert und fassungslos ob der Ereignisse in letzter Zeit. Kaum ein Tag vergeht ohne neue Aggressionen gegen meine Person. Zum Beispiel habe ich gehört, dass mehrere Leute in der SPD mich aus der Partei ausschließen wollen. Bitte was? Ich soll in der SPD sein? Eine ungeheuerliche Unterstellung! Ich versichere Ihnen: Ich war noch nie meinem Leben Sozialdemokrat! Nicht einen einzigen Tag! Franz Müntefering, mein Friseur und meine sechs (oder sieben?) Ehefrauen können das bestätigen. Die SPD kann mich also gar nicht ausschließen.

Das Säbelrasseln gegen mich muss aufhören! Dieses Verhalten ist menschenunwürdig. Manche meiner Freunde wurden bereits sehr misstrauisch, weil sie aufgrund der ständigen Falschmeldungen irgendwann tatsächlich dachten, ich sei Mitglied dieser Partei. Und einige Geschäftspartner waren äußerst irritiert und wollten sich schon von mir abwenden. Zum Glück konnte ich das Missverständnis noch rechtzeitig klären. Im Übrigen: Wäre ich im Ernst SPD-Mitglied, hätte ich es maximal in den Aufsichtsrat des Kaninchenzüchtervereins Goslar oder des Möbelhauses in Wolfenbüttel geschafft.

Einen riesigen Schaden hat die Schmutzkampagne der SPD leider trotzdem bereits angerichtet. Einige Currywürste haben sich nämlich von mir getrennt. Darunter leide ich nun sehr. Für mich ist das ein Wurst-Case-Szenario! Deshalb sage ich es hier in aller Deutlichkeit: Wenn die SPD weiter so unverschämt behauptet, dass es eine Verbindung zwischen ihr und mir gibt, wird sie in Umfragen und Wahlen ganz schnell die Quittung dafür erhalten.

Doch nicht nur die Sozialdemokraten fallen durch ihre menschenfeindliche Einstellung auf. In Hannover wollen sie mir nun die Ehrenbürgerwürde aberkennen. Sie fordern von mir, dass ich mich von Wladimir Putin distanzieren soll. Aber, aber: Ich bin doch in Hannover und er ist in Moskau – mehr Distanz geht derzeit kaum! Auch der Fußballverein Borussia Dortmund hat in jüngster Zeit keine gute Figur gemacht und mir wegen meiner guten Kontakte zu Russland die Ehrenmitgliedschaft entzogen. Das fand ich ja sehr drollig! Ausgerechnet die BoRUSSIA! Der Verein, der das Wort "Russia" im Namen trägt und dafür vermutlich klammheimlich seit Jahrzehnten viel Geld aus dem Kreml bekommt! Wenn Dortmund es tatsächlich ernst meinen würde mit den ollen "Werten", dann müsste sich der Verein spätestens jetzt in "Boukraine Dortmund" umbenennen und statt in Schwarzgelb in Blaugelb spielen. Aber dafür ist er schlicht zu feige.

Ich frage mich: Was kommt als nächstes? Will man mir bald auch noch meine bisherigen acht (oder sind‘s neun?) Ehen entziehen? Ja Mensch, meinetwegen, tut euch keinen Zwang an. Statistisch gesehen werde ich demnächst sowieso wieder heiraten müssen. Und was will man mir noch entziehen? Vielleicht meine Kanzlerschaft von 1998 bis 2005? Kein Problem, bitte sehr. Dann besorge ich mir eben eine neue, das ist heutzutage kein Problem. Im Internet gibt es alles, was das Herz begehrt. Meine (derzeitige) Ehefrau kennt sich auf diesem Darknetz-Instagram gut aus, sie wird schon eine ordentliche neue Kanzlerschaft für mich finden. Zur Not nehme ich auch die tschechische von 1988 bis 1995, die tschetschenische von 1992 bis 1990 oder die mecklenburgische von 2001 bis 1908, da bin ich nicht so wählerisch.

Glücklicherweise sind jedoch nicht alle Menschen so feindselig eingestellt wie die SPDler, die Hannoveraner und die Dortmunder. Die meisten gönnen mir nach wie vor meine Erfolge – sowohl in Deutschland als auch in Russland. Erst vor einigen Tagen habe ich wieder zwei wunderbare Auszeichnungen bekommen. Ich bin jetzt das "Teiggesicht 2022" in Lüdenscheid und der "Borschtsch-Mann des Jahres" in Wladiwostok. Und wenn auch Sie sich mit mir solidarisch zeigen möchten, können Sie das unter dem Videotext-Hashtag #€IStandWithGerd gerne machen. Oder schicken Sie mir einfach eine aufmunternde Sprachnachricht per Fax oder Elitepartner.

Dafür schon mal ein herzliches Spasibo!
Ihr Bundeskanzler Gerhard Schröder

 

Dimitri Taube

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt