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Das große Weinmalweins

Wein wird schon seit mindestens 43 000 Jahren angebaut. Die ältesten Hinweise auf seine Existenz stammen aus der Bebedor-Borracho-Höhle in der Nähe der Bodega La Cogorza (Andalusien). Dort befindet sich eine Wandmalerei, die einen Stier aus der Perspektive eines steinzeitlichen Zechers zeigt. Man sieht also zwei Stiere und ein rosa Eichhörnchen.

Über Spanien gelangten die Reben zunächst nach Island, Norwegen und in die Gegend des heutigen Stuttgarts, wo tüchtige schwäbische Tüftler in den Jahren um 2000 v. Chr. den besten Wein der Welt herstellten. Arschklug, wie die Schwaben nun mal sind, behalten sie dieses Getränkle der Götter bis zum heutigen Tag für sich und speisen Gäste mit Trollinger und fiesem Riesling ab.

Die rauschhaften Glückszustände, die der Rebensaft auszulösen vermag, führten in der Geschichte immer wieder zur Entstehung regelrechter Weinreligionen. Berüchtigt ist die Dionysos-Verehrung der alten Griechen, bizarr der Weinkönigin-Julia-Klöckner-Kult, der in den pfälzischen Gemeinden Biebelsheim, Hüffelsheim und Waldböckelheim herrscht. Am schönsten schunkeln lässt sich aber immer noch zu den Kulthits des römisch-amerikanischen Schlagergotts Gus Bacchus („Da sprach der alte Häuptling der Weindianer“, „Bordeaux in den Ohren“).

Wein kann nicht nur aus Trauben gewonnen werden, sondern auch aus Geiern, Nashörnern und Antilopen. Er reift dann allerdings sehr viel langsamer, schmeckt deutlich herber und kelcht, wie der Fachmann sagt, vollmundig möpselnd nach. 

Das wichtigste Merkmal von Weinen ist ihre Farbe. Man unterscheidet grob zwischen Rot, Weiß, Rosé, Kreuz, Pik und Milz. Herz ist Trumpf, Bildkarten zählen doppelt. Müller-Thurgau ist keine Weinfarbe, sondern eine Flaschenform. Von der hier genannten Reihenfolge kann südlich des Äquators abgewichen werden, allerdings nur in Chile, und zwar nach Rücksprache mit den örtlichen Behörden.

Pikant-fruchtig und total süß: eine Sau Vignon Blanc mit Ferkel.

Etwas komplizierter wird’s, wenn man sich die verschiedenen Weinsorten ansieht. Von den 220 unter ihnen, die wirtschaftlich von Bedeutung sind, werden gerade einmal 24 schon zum Frühstück empfohlen. Der berühmteste davon ist sicherlich der Pinot Noir, der von Nachtschwärmern auch als Sehr-spät-Burgunder bezeichnet wird. In Österreich heißt er Kleiner Günther, in Bulgarien Günther Kleiner. Der Merlot darf nur dann Merlot genannt werden, wenn er tatsächlich aus Lambrusco oder Tempranillo kommt. Der Syrah heißt seit der Veröffentlichung dieses Artikels wieder Gewürztraminer, in Israel auch Gewürzrabbiner. Müller-Thurgau ist keine Weinsorte und keine Flaschenform, sondern ein korrupter Sportmediziner.

An dieser Stelle könnte nun süffisant über Martin „Primitivo“ Heidegger und sein Meisterwerk „Wein und Zeit“ gescherzt werden. Leider liegt dieses Wortspiel aber so nahe, dass es selbst ein Dosenchardonnaytrinker machen kann.  

Versuche, über Wein zu reden, scheitern sehr oft an der Unkenntnis des Fachjargons. Wenn man einen besonders edlen Tropfen loben möchte, sagt man beispielsweise nicht: „Dieser Château Mouton-Rothschild aus dem Jahr 2005 schmeckt ja voll mega!“ und auch nicht „Dahinter stecken bestimmt die Juden, Blome!“, sondern spricht eher von Opulenz, Komplexität, Hubraum und Beschleunigungswerten. Bleibt der Wein indessen hinter den Erwartungen zurück, ist es üblich, sich euphemistisch auszudrücken. Eine typische Formulierung wäre etwa: „Dieser Dornfelder aus dem Weingut von Familie Müller-Thurgau verlässt uns in gegenseitigem Einvernehmen.“ 

Herbert Grönemeyer besang sie einst in seinem Hit „Fass soll das?“: die Faszination Fass.


Um abschließend noch zu klären, worin sich ein sehr guter Wein und ein sehr guter Text über Wein unterscheiden, sei darauf verwiesen, dass der Wein stets mit einem langen, runden Abgang überzeugt. Der Text hingegen endet manchmal mitten


Andreas Maier

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt