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"Da kommst du schwerer rein als ins Berghain" – Junge Menschen entdecken die Kleingärten für sich

Sie sind jung, sie sind Menschen. Und naturverbunden ist die junge Generation seit Neuestem auch (vielen Dank, Baerbock!). Kleingärten, die bereits seit den 80ern Teil des UNESCO Weltkulturerbes sind, werden immer beliebter bei den Unter-30-Jährigen. Doch was wollen sie da? Was gibt es ihnen? Und kommen die verwöhnten Gören überhaupt ohne ihren "lebensnotwendigen" Handyempfang klar?

Mittwochmorgen, 6:30 Uhr, Berlin Mitte. Um diese Zeit sind hier die Augen der wenigen vorbeihuschenden Passanten noch halb geschlossen, genau wie ihre Träume. Doch an einer Ecke tummeln sich die Menschen, stehen in einer langen Schlange geduldig an und warten (also doch eher ungetummelt, wenn man es bedenkt). Es sind vorwiegend junge Leute, das erkennt man nicht nur an ihren faltenfreien Augenbrauen, sondern auch an den wachen Gesichtern, die bereit sind, jedem vorbeilaufenden CDU-Wähler ein Beinchen zu stellen. Hier handelt es sich offenbar um Mitglieder der Gretageneration Gen Z. Die wenigen anwesenden Millennials erkennt man hingegen an ihrer gut sichtbar getragenen Avocado. Doch was hat die jungen Leute so früh aus dem Bett und in diese Warteschlange getrieben? Stehen sie an für das neueste Android? Einen veganen Bestseller über Polyamorie auf TikTok? Oder ein drittes Beispiel, das zeigt, wie wenig Ahnung wir von jungen Leuten haben? Keine dieser Antworten ist richtig (besonders nicht die letzte!). Stattdessen warten die jungen Leute hier stundenlang auf etwas, das sie noch mehr begehren als eine Beziehung mit Harry Styles und die Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles zusammen: einen Platz in einem Kleingarten.

Doch warum wollen so viele junge Menschen ausgerechnet an den Ort, den wir in unserer Jugend aufgrund seiner Spießigkeit fluchtartig verließen und dabei auch noch sämtliche Biervorräte mitgehen ließen? Der Grund ist nicht nur, dass wir im Vergleich zu den jungen Leuten viel "cooler" sind, wie sie sagen würden. Oder? "Na ja, meint dazu der Soziologe Dr. Sauerbrot. "Natürlich sind wir als die den Millennials und der Gen Z vorausgegangenen Generationen irgendwie schon cooler. Viele von den jungen Leuten fahren ja nicht mal Moped. Zu Ihrer Frage, warum die jetzt alle in den Kleingarten wollen (wie eigentlich, so ganz ohne Moped?): Viele Experten meinen, das habe mit einem Bedürfnis nach Beständigkeit in dieser immer komplexer werdenden bla bla bla. Ich halte das für Unsinn, die haben nur die Scheidung ihrer Eltern nie überwunden!"

Mit diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen im Gepäck machen wir uns dann wirklich mal auf den Weg zu den Unter-30-Jährigen in ihrer Kleingartensiedlung. Hier hat sich einiges verändert: Statt der Deutschlandflagge weht die EU-Flagge am Fahnenmast (mit fehlendem zwölften Stern versteht sich), statt Rosenbeeten gibt es Wildblumenwiesen für die Bienen und Instagram, statt Grillverbot gibt es Grillverbot von vegetarischen und veganen Ersatzprodukten. Wir fragen die anwesenden Kleingartenbesitzerinnen und -besitzer, ob ihr Leben im Kleingarten so ist, wie sie sich das vorgestellt haben. Fühlen sie sich wohl hier? Haben sie keine Sorgen, zu werden wie ihre Großeltern oder (noch schlimmer!) wie ihre Eltern? Leider erhalten wir keine Antwort, weil alle verträumt rumsitzen und vor sich hin meditieren in ihrer eigenen angepachteten Natur. Nur manchmal wird die Stille durch einen Heuschnupfennieser unterbrochen, nein, zerrissen. Die friedliche Stimmung ist ansteckend. Wir spüren, wie sich unser Körper entspannt. Vielleicht ist in dieser Anlage ja noch der ein oder andere Kleingarten frei? Dann könnte den jungen Leuten auch mal jemand beibringen, wie man Moped fährt.

Laura Brinkmann

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Briefe an die Leser

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg