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"Da jitt et nix zo laache!" – Wolfgang Niedecken im Interview

70 Jahre und (k)ein bisschen leise: Der BAP-Frontmann über das Leben, den Tod und die Weltlage.

 

TITANIC: Herr Niedecken, Sie sind gerade 70 Jahre alt geworden, aber ans Aufhören denken Sie noch lange nicht.

Niedecken: Nä! Musik is ming Elixier. Un wir hätt nor dat eine Levve uff dä Ääd.

TITANIC: Hehe, "wir haben nur dies eine Leben auf der Erde", eine schöne Einstellung.

Niedecken: Normaal. Irgendwann muss jeder dä Löffel opgevve.

TITANIC: Ah, das ist eine dieser typisch Kölschen Redewendungen, die man im Rest des Landes nicht versteht … 

Niedecken: Dat heißt: Wenn deine Zick affjeloofe is. Wenn dich der Schinner holt. Wenn dich dä Zoch nach Messe-Deutz zom letzte Maal übern Rhing fährt … 

TITANIC: Sehr poetisch. Tatsächlich befanden Sie sich schon einmal in einer gesundheitlichen Ausnahmesituation.

Niedecken: Jo dat! Ich hätt 'ne usselige Schlaachanfall. Dat war 'ne richtije Donnerwedder im Dätz.

TITANIC: Haha, "Donnerwetter im Dez", köstlich! 

Niedecken: Lach nit! Mir isset immer noch plümerant. (weint) Ich hän Herpes anne Schnüss und 'ne injewachsene Föößnaachel.

TITANIC: Aufhören, ich kann nicht mehr! Seien wir mal einen Moment ernst … 

Niedecken: Wat ernst? Mir isset immer ernst, isch bin auch 'ne politische Mensch!

TITANIC: Das ist bekannt, Sie befassen sich auch mit schweren Themen wie  Kindersoldaten und Rechtsextremismus.

Niedecken: Mir wird janz schääl, wenn ich doran denk'. Uff unsre neue Platt jibbet aach Lieder über de Militärdiktatur in Myanmar und Missbrooch inne Kirche: "Räsong in Yangon" und "Paaf, pack dä Pänz nit aan!"

TITANIC: Meinen Sie nicht, dass es befremdlich wirken könnte, wenn Sie im breitesten Karnevals-Ripuarisch von so etwas singen?

Niedecken: Bisse raderdoll? Dat gäät ins Häzz, Tausende stimme mit aah, wenn wir Tacheles sing'. Jänsehugg pur!

 

"Dat Virus is 'ne fiese Möpp!"

 

TITANIC: Da geht es also um "Jefööhl" … Verzeihung, ich wollte Sie nicht appropriieren. Im Moment können Sie ja nicht live rocken. Wie sehr nimmt Sie die aktuelle Pandemie mit?

Niedecken: Dat Virus is 'ne fiese Möpp! Aber die Eierköpp im Bundesdaach drehn nur de Däumche.

TITANIC: Haben Sie Soforthilfe für Selbstständige beantragt?

Niedecken: Wie heißtet noch in minge Song? "Ich hatt rejelmäßig Schwein. Ei'ntlich kann ich nix dofür, dä Herrjott meint et joot met mir." 

TITANIC: Also ja oder nein?

Niedecken: Ja.

TITANIC: Haben Sie eine Altersvorsorge?

Niedecken: Et jitt e' Spill, dat, jläuv ich, jeder kennt, vun däm et heiß: "Dä Dömmste jewennt". Mau-Mau, Mau-Mau.

TITANIC: Äh, Sie spielen Mau-Mau um Geld?

Niedecken: Normaal. Unn an dä Börs' bin ich aktiv. Cybertrading jehührt för mich hückzodaach einfach dozo.   

TITANIC: Ist das nicht beides ziemlich riskant?

Niedecken: Jlöcksaach, nit e' bessje fair, jraad weil et einfach ess, off furchtbar schwer. Na klar, Mau-Mau hätt nix zo dunn met Schach. (holt eine Packung Spielkarten hervor)

TITANIC: Herr Niedecken?

Niedecken: Wer keine Spaß verdräät, kritt janz flöck Krach. (teilt Karten aus) Für Mau-Mau bruuchs du e' Pokerface, domet du nit ding leezte Kaat verrööts.

TITANIC: Wollen Sie hier ernsthaft mit mir Karten spielen?

Niedecken: Mau-Mau ess Einsamkeit, wenn du nit weiß, met welcher Kaat du dich ahm beste stehs.

TITANIC: Also ich kann jetzt wirklich nicht mit Einsätzen Mau-Mau … 

Niedecken: (legt den Kartenrest verdeckt auf den Tisch) Ahm beste ess, wenn du zwei Sibbener häss, dozo zwei Buhre, verjess dä Ress.

TITANIC: Herr Niedecken, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Niedecken: (zückt drohend ein Messer; spricht plötzlich hochdeutsch) Deck die oberste Karte auf, oder wir bekommen ein großes Problem!

Torsten Gaitzsch

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt