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Bunga-Bunga revisited

 Politschwergewicht und TV-Mogul Silvio Berlusconi will seine Stimmrechte am Medienkonzern "ProSiebenSat.1 Media" erhöhen und damit etwas von der dringend benötigten Bunga-Bunga-Frische in die deutsche Fernsehlandschaft bringen. Im TITANIC-Interview spricht der 85jährige über neue Sendekonzepte, die Freundschaft zu Wladimir Putin und verrät, warum er nach unzähligen Verfahren wegen illegaler Parteispenden, Amtsmissbrauch und Bestechung noch immer in freier Wildbahn zu sehen ist.  

TITANIC: Guten Tag, Herr Berlusconi. Gut schauen Sie aus!  

BERLUSCONI: Natürlich tue ich das. Immerhin habe ich mir schon zum 60. eine Klinik für plastische Chirurgie gegönnt. Aber "gut" trifft es nicht ganz. Ich würde mein Aussehen eher als "phänomenal" oder "blendend" beschreiben.  

TITANIC: Meinen Sie mit "blendend" den Anblick Ihrer strahlend weißen Zähne, wenn Sie versuchen zu lächeln?  

BERLUSCONI:  So etwa? (verrenkt den Kiefer und bleckt sein Gebiss)  

TITANIC: Heilige Mutter Gottes! Ja, genau so. Vielen Dank, Herr Berlusconi ... Herr Berlusconi? DAS REICHT! HÖREN SIE DAMIT AUF!

BERLUSCONI (stöhnt): If gann neft.  

(Berlusconis Leibarzt eilt herbei und spritzt dem Milliardär eine unbekannte Substanz in die Wange. Seine Gesichtsmuskeln entspannen sich und gleiten langsam in die Werkseinstellung zurück. Nach einigen Minuten können wir weitermachen)  

TITANIC: Herr Berlusconi, Ihre Holding "MediaForEurope" will die Anteile am deutschen Konzern "ProSiebenSat1. Media" auf 29,9 Prozent der Stimmrechte erhöhen, wodurch Sie nach Ansicht der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde "faktisch die alleinige Kontrolle" besäßen. Bei den besagten Programmen geht bereits die Angst um, damit zur Abspielstation für Ihre politische Agenda zu verkümmern. Berechtigt?  

BERLUSCONI: Falls Euch Deutsche die Sorge vor italo-faschistischer Nachrichtenpropaganda umtreibt, kann ich Euch absolut beruhigen. Das wird nicht passieren. Ich will den ungeliebten Tedesci lediglich dabei helfen, sich nach über 70 Jahren Pause mal wieder so richtig sexy zu fühlen. Wenn ich mir Sie so ansehe, könnte das allerdings eine Herkulesaufgabe werden.  

TITANIC: Hey! Kein Grund, persönlich zu werden. Und wie genau wollen Sie uns wieder "so richtig sexy" machen?  

BERLUSCONI: Durch erotisierende Dauerberieselung. Neben dem Revival von "Tutti Frutti" aus den Neunzigern arbeiten wir derzeit an einigen brandneuen Sendekonzepten. In unserem "Ninja Warrior"-Ableger für minderjährige Mädchen werde ich sogar als Schiedsrichter fungieren und mich persönlich um die Förderung der jungen Talente kümmern. Aber Sie brauchen jetzt gar nicht so streng zu kucken. Es wird natürlich auch Formate mit Spaß und Unterhaltung für die ganze Familie geben. Wie das aussehen wird? 

TITANIC: Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wirklich wissen will.  

BERLUSCONI: Nett, dass Sie fragen. In unserer Reality-Show "Keeping up with the Berlusconis" dürfen die Zuschauer mich und meine wunderbare Familie während unseres Alltags in eins meiner Domizile am Lago Maggiore, auf Sardinien oder ins Bunga-Bunga-Hauptquartier nahe Mailand begleiten. Sehen Sie mal auf mein Handydisplay. Das bin ich inmitten meiner sieben bildhübschen Enkelinnen.  

TITANIC: Ach, kommen Sie, Berlusconi. Die sind größer als Sie und keine von denen sieht Ihnen auch nur ansatzweise ähnlich. Die hat doch der Escort-Service geschickt!  

BERLUSCONI: Was aber nicht notwendigerweise heißt, dass es nicht meine Enkelinnen sein könnten. Ich bin viel herumgekommen in meiner Heimat. (zwinkert bedeutungsvoll, durch die gewaltige Spannung bildet sich im Bereich der linken Schläfe sofort ein Bluterguss)  

TITANIC: Themenwechsel. Sie standen zuletzt selbst in Italien heftig in der Kritik, weil Sie sich trotz des Angriffskriegs auf die Ukraine nicht von Russlands Präsident Putin distanzierten. Angeblich ist er einer Ihrer fünf besten Freunde und hat Ihnen zu Ihrem Geburtstag 20 Flaschen Wodka zusammen mit einem "sehr liebenswürdigen Brief" geschickt. Was stand drin?  

BERLUSCONI: Zunächst einmal hat er über mehrere Seiten in blumigen Worten mein attraktives Äußeres gelobt und meine zutiefst männliche Ausstrahlung bewundert. Danach hat er mich gebeten, 18 Flaschen des Fusels an prominente Persönlichkeiten in Brüssel, Berlin, Paris und London weiterzuverschenken, bevor ich mir selbst das erste Schlückchen genehmige.  

TITANIC: Das hört sich eher nach einem Mordkomplott an, um internationale Spitzenpolitiker aus dem Weg zu räumen. Sie haben das Zeug doch hoffentlich sofort der Polizei übergeben?  

BERLUSCONI: Iwo! Ich habe meinem Kumpel Franco Frattini statt des jährlichen Grappas zu Weihnachten eine Pulle Russenschnaps bringen lassen, und er hat sich über das Getränk in keinster Weise beklagt.  

TITANIC: Der ehemalige italienische Außenminister? Ist der nicht vor Kurzem verstorben?  

BERLUSCONI: Wenn Sie das sagen …  

TITANIC: Letzte Frage. Bis heute sind Sie in mehr als hundert Fällen wegen Korruption, Förderung von Prostitution und Verbindungen zur Mafia angeklagt worden. In keinem einzigen Verfahren ist es abschließend zu einer Verurteilung gekommen. Verraten Sie uns, wie Sie das hinbekommen haben?  

BERLUSCONI: Schauen Sie mich an. Man kann mir einfach nie lange böse sein.  

TITANIC: Falsch. Herr Berlusconi, vielen Dank für das Gespräch.                            

Patric Hemgesberg  

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg