TITANIC Gold-Artikel

"Amputieren geht über studieren"

Die Chirurgen in Deutschland warnen vor Nachwuchsmangel. Gerade auf dem Land kommt auf 100 freiwillige Feuerwehrmänner gerade mal ein Gehirnchirurg. Auch davon nur jeder zweite mit Universitätsabschluss. Die wenigen echten Chirurgen reißen sich beim Amputieren vor lauter Stress ein Bein aus. Was also tun? Ein Modellprojekt in Bregensburg weist den Weg in eine blutige Zukunft.

Bregensburg, Frühjahr 2019. Herbert Kuhkaff lächelt: "Vor zehn Jahren suchte ich verzweifelt einen Chirurgen, der mir mein Raucherbein abnimmt." Seine Krankenkasse sei nicht in die Pötte gekommen, in der Großstadt bekam er keinen Termin. "Teilweise hing ich zwei Schachteln lang in der Warteschleife!" Als er in seinem Hobbyschuppen eines Nachmittags zufällig neben seiner Motorsäge aufwachte, kam ihm die rettende Idee: Warum nicht selbst zur Amputat schreiten? "Ich brauchte nur die Säge, einen Stofflappen und den Himbeergeist. Als ich aus dem Koma erwachte, war alles gut." ___STEADY_PAYWALL___

Es dauerte nicht lange, da hatte sich Kuhkaffs Erfolg herumgesprochen. Im Familienkreis entfernte der Operateur aus Leidenschaft in wenigen Wochen mehrere Extremitäten, einen Tumor (Darm) und zwölf Hasenscharten. "Alles mit der Motorsäge!" lacht er heute in seinem zum Ausbildungszentrum ausgebauten Hobbyschuppen. Zunächst sei ihm freilich die Justiz auf die Skalpelle gerückt: "Die wollten mir einen tiefen Schnitt durch die Rechnung machen!" Er wurde belächelt, verspottet und strafrechtlich verfolgt. Aber Kuhkaff glaubte an seine Methoden und schnippelte tapfer weiter.

Neues Mekka der Medizin: Das Ausbildungszentrum "Zum zünftigen Landchirurgen"

Der Durchbruch kam in Form eines Darmverschlusses. Der Bregensburger Bürgermeister bekam 2010 beim traditionellen "Drei-Spanferkel-Frühstück" keinen richtigen Arzt ans Telefon und drohte, elendig zu verenden, als Kuhkaff mit der kleinen Akkusäge beherzt eingriff: "Dank einiger Schoppen spürte ich von der Operation kaum etwa", erinnert sich Kuhkaff vage. "Eigentlich weiß ich gar nicht mehr, warum ich überhaupt mit einer Säge vor Ort war." Der Dank des Bürgermeisters war ihm Gewiss: Per Eilerlass im Gemeinderat wurde Kuhkaff autorisiert, als Dorfchirurg zu praktizieren. Außerdem wurden Gelder für das Kuhkaff-Ausbildungszentrum "Zum zünftigen Landchirurgen" bewilligt, bevor der Bürgermeister wenige Tage später aus unerklärlichen Gründen innerlich verblutete. Die Region ist inzwischen als "Chi-Ruhrgebiet" international bekannt.

"Amputieren geht über studieren" steht heute über dem Portal des wuchernden Ausbildungszentrum, dessen Ruf sich wie eine Sepsis ausbreitete. Seit Gesundheitsminister Jens Spahn zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung am Land das goldene Zeitalter der Heimchirurgie ausgerufen hat, drücken die Krankenkassen auch mal beide Augen zu. Kuhkaffs Beststeller "Handbuch für Aufschneider" ist mittlerweile im Selbstverlag erschienen (2. Auflage). Sein neuestes e-Book kommt im Herbst auf den Markt: "Abnehmen leicht gemacht". Kuhkaff freut sich: „Das Buch ist jetzt schon in den Top Zwanzig. Seltsamerweise jedoch in der Kategorie 'Ernährung'."

"Lieber einmal zu viel operiert, als einmal zu wenig", appelliert Herbert Kuhkaff an die Vernunft seiner Mitmenschen. Aus der aktiven "Schnitzerei", wie Kuhkaff es scherzhaft nennt, hat er sich mittlerweile zurückgezogen. "Heute operiere ich nur noch Freunde, enge Verwandte oder wenn das Geld stimmt. Inzwischen kann man auch Seminare an der Fernuni Magen bei ihm belegen. "Egal ob Tischler, Fleischermeister oder Dorfdepp: Chirurgie ist ein Handwerk, das jedem so zugänglich sein sollte, wie ein offener Bruch."

Hürtgen/Lichter/Miedl

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Briefe an die Leser

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt