T.O.N. – Die Kolumnisten
Fame Banale
von Steffi Kammerer
Das Privatflugzeug war mir gleich aufgefallen, weil es knallblau angemalt war und die Initialen M.Z. vom Heck leuchteten. Und natürlich, weil es mitten auf der 42. Straße landete. Die sonst so eiligen New Yorker blieben flüsternd auf dem Bürgersteig stehen. Taxifahrer bremsten und zogen die Mütze. Michael Bloomberg, der beliebte Bürgermeister der Amerikametropole, winkte eine goldene Gangway heran. "Das ist der Jet von Mark Zuckerberg", flüsterte er mir dabei zu. Ich lächelte und tat so, als hätte ich das nicht gewußt.
Amerika – das ist wirklich das Land der Gegensätze. Hier kannst du am Morgen zwei betrunkene schwarze Bettler in der Shopping-Mall beobachten, die sich um einen Zigarettenstummel prügeln. Und zehn durchtrainierte Cops, die dem Streit mit ordentlich Körpereinsatz ein sexy Ende machen. Am Nachmittag sitzt du vielleicht schon im Privatjet von Mark Zuckerberg, schlürfst eine leckere Eselsmilch und legst die Füße hoch, direkt vor die Nase der puertoricanischen Pediküre. Dann schlendert plötzlich Brad Pitt durch die Sitzreihen und klopft dir auf die Schulter: "Steffi! Du hier, im Big Apple?" Das passiert nicht jeden Tag. Aber wenn es passiert, weißt du: Du hast es geschafft. Du bist Millionärsjournalistin.
"Big Apple": ein Insider-Ausdruck für New York
Als das Flugzeug vor Miami runtergeht, nehme ich meine Schlafbrille runter und sehe durch das Panoramafenster. Unten geht gerade Cher vorbei. Ich wähle ihre Nummer auf dem "Mobile Phone", das in diesen Kreisen ein Must ist. "Hi Cher, Schätzchen!" flöte ich, "rate mal, wer dran ist?" Prompt habe ich eine Einladung für Thanksgiving. Warren Buffett, Madonna und Clark Gable haben auch schon zugesagt.
Reiche und berühmte Menschen sind ein verrückter Haufen. Amerika ist voll von ihnen. Aber sie sind – das sollten wir nicht vergessen – auch nur Menschen. Ja, sie kaufen ihren Hunden teure Halsbänder. Sie lassen sich ihre Namen auf Kaffeetassen und T-Shirts drucken. Sie tragen abgefahrene Frisuren und gehen schon mal bei Rot über die Straße. Aber Amerika liebt seine Stars. Und wenn sie einmal über die Stränge schlagen, dann kommen wir ins Spiel: hellhörige Journalisten, die die Eskapaden der Promis kritisch unter die Lupe nehmen und süffisante Kolumnen darüber schreiben. "Checks and Balances": Auch das ist Amerika.
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