Inhalt der Printausgabe

TITANIC Buchmesse

Allah ist mit den Unähnlichen

Wie TITANIC einmal versehentlich 2,5 Billionen Muslime beleidigte

 

Türkische Medien berichten von einem »unglaublichen Wettbewerb«, der ­Spiegel von einer »Provokation«, die iranische Nachrichtenagentur IRNA gar von einem »Kanzlerkandidaten Steinmeier« – was steckt wirklich hinter dem gefährlichsten ­Ereignis des Oktobers, was steckt hinter dem legendären »Mohammed-Ähnlichkeitswettbewerb«? Eine Chronik der Ereignisse

Irgendwann im September

»Um Himmels willen«, gellt ein ­Aufschrei durch die Räume der TITANIC, als Redaktionsassistentin Staniewski irrtümlich in den Kalender blickt, »nächsten Monat ist ja schon Buchmesse!« Hektik bricht aus; ­Hektik in ihrer gemächlichsten Form. Wie jedes Jahr hat TITANIC eine Buchmessenlesung zu organisieren, in der die besten Satiriker des Landes zu einem »Ähnlichkeitswettbewerb« genannten Wett­lesen antreten – im gleichberechtigten Kampf um die schönsten Buchverträge und die dicksten Frauen. Wie jedes Jahr muß aber auch ein Namenspatron gefunden werden, ein Bestsellerautor, dem es nachzueifern gilt – wie die Jahre zuvor dem koreanischen ­Politiker Kim Jong-il oder dem britischen Diktator Harry Potter. Die Redaktion entscheidet sich für den beliebtesten Schriftsteller des Gastlands Türkei: für ­Mohammed, den Verfasser des Korans. Einen ­schönen Veranstaltungsort hat man schon: das neugegründete Museum für Komische Kunst Frankfurt, das auf diese Weise auch als Veranstaltungsort eingeweiht würde. Geschwind wird eine Anzeige für den Wettbewerb entworfen, die es gerade noch so ins Oktoberheft schafft.

1.10.

Das Museum für Komische Kunst wird festlich eröffnet; der Pressemappe liegt die Anzeige als Flyer bei. Die arabische Welt bleibt ruhig.

5.10.

In einem selbst für die schmierigen Briten besonders deutschenfeindlichen Artikel berichtet der Telegraph über die Eröffnung und weist auf den Wettbewerb hin: »Diese Idee wird die drei Millionen deutsche Muslime wohl kaum amüsieren.« Gut, daß die kein Englisch können!

6.10.

Das Museum für Komische Kunst erhält ­einen kurzen Anruf der regierungsnahen Türkenzeitung Sabah. Findet dieser Wettbewerb wie geplant statt? fragt Ankara. Ja, sagt Frankfurt. Ein Fehler.

7.10.

In der TITANIC-Redaktion heißt es zu ­diesem Zeitpunkt noch: business as usual. Das Thema »Finanzkrise« soll in diesem Heft »ganz groß rauskommen«, wie das in der Medienbranche heißt. Die beiden jung­gebliebenen Nichtsnutze Gärtner und ­Nagel sind wie immer auf Zack, sitzen wie zwei versteinerte Kugelfische vor ihren Rechnern und warten auf den Feierabend.
Zur selben Zeit erscheint in Sabah ein vorbildlich schlecht recherchierter Artikel, der Sprengstoff verspricht: »Die Karikaturen, die im Jahre 2005 in der dänischen Zeitung Jyllands-Posten veröffentlicht wurden, hatten für monatelange Proteste gesorgt. Noch bevor deren Wirkungen abgeklungen sind, läuten die Glocken einer erneuten ­Krise. Das Museum ›Caricatura‹ in Frankfurt bereitet einen unglaublichen Wett­bewerb vor: einen Mohammed-Ähnlichkeits-Wettbewerb. Die neun Wettbewerber werden im Museum auf eine Bühne steigen, die ­eigens dafür aufgestellt wurde. In ­Begleitung der Zuschauer werden Koran-­Suren vorgelesen.«

8.10.

Ein Anruf in der TITANIC-Redaktion: Frau Duygu Guvenc von Sabah ist dran. Sie ­brauche dringend etwas Öl, das sie ins ­Feuer gießen könne, sagt sie sinngemäß. Nachdem das Telefonat an der Sprachbarriere scheitert (»Is this Titanic a provocation? – No, this ­Titanic is a redaction«), wird auf E-Mail-Verkehr umgestellt. »Be sure that turks take it as serious :-)«, schreibt Frau Guvenc. Noch nie wirkten Smileys bedrohlicher.
Durch konzentriertes Intensivgoogeln entdeckt die Redaktion den Artikel vom Vortag. Der türkischstämmige Satiriker ­Osman Engin, der ebenfalls an dem Wettbewerb teilnehmen will, übersetzt am Tele­fon und stutzt erstmals: »Oh, die Kommentare sind aber nicht sehr freundlich.«
Erfreut über das Interesse der Türken, beschließt die Redaktion, auch den amtierenden Präsidenten Abdullah Gül (Tel:+90 312 470 23 45) zur Lesung zu laden
(»…the monthly German newsmagazine ­TITANIC will hold a cultural and religious conference. It would mean boundless ­pleasure to us if you or a representative of your esteemed country would care to join«); eine Kopie der Einladung geht an Al-Dschasira. Schon kurz darauf stellt ein ­»Leser-Artikel« der Zeit die richtigen ­Fragen: »Was darf Satire? Was leistet Satire? Welches satirische Schwert ist gegen den ­gordischen Knoten eines gesellschaftlich-religiösen Dissenz’ (sic) zu führen?«

9.10.

Osman Engin ruft in der Redaktion an. Er habe viele Telefongespräche geführt, mit Lesern, auch mit Frau Guvenc. Ihn plagten heftige Gewissensbisse, er wisse nicht mehr, ob das alles noch »richtig« sei, in jedem Fall wolle er nun nicht mehr teilnehmen.
In einem Krisengespräch initiiert der sensible Ko-Organisator Oliver Maria Schmitt die Suche nach einem Ersatzmann: »Tja, wer macht uns nun den Quotentürken?«

10.10.

Der türkische Botschafter in Berlin, Ahmet Acet, verfaßt eine formelle Protestnote an den deutschen Außenminister. Der Frankfurter Generalkonsul Bogaç Güldere schreibt an die Stadt Frankfurt, »im Rahmen der türkeibezogenen Veranstaltungen auf der Frankfurter Buchmesse sei diese Veranstaltung nicht gern gesehen« (Sabah). Aus Messekreisen heißt es gerüchteweise, Gül ­mache seinen Frankfurtbesuch davon abhängig, ob der Wettbewerb abgesagt wird. Der Vize­konsul führt ein erregtes Telefonat mit dem Museum. Warum man denn nicht wenigstens einen Atatürk-Wettbewerb draus gemacht hätte?
Als würden wir uns trauen, den großen Staatsmann und Kemalisten derart zu veralbern!
Die Suche nach »dem Türken« gestaltet sich indes schwer. Die Agentin des Frankfurter Kabarettisten Sinasi Dikmen reagiert überraschend unwirsch auf die Frage nach »einem Ersatzquotentürken«. Feridun Zaimoglu würde gerne, kann aber nicht; und die Eigenwerbung des Schriftstellers Selim Özdogan ist so unheimlich, daß wir uns nicht mal anzurufen trauen (»Die Worte erzeugen Klang und der Klang hallt manchmal nach und schafft eine Verbindung zwischen Menschen. Eine Lesung kann vieles sein und das ist eine Möglichkeit, die Selim versucht zu verwirklichen«).
Abends trifft sich die Redaktion im »Museum der Weltkulturen«, wo die Friedrich-Ebert-Stiftung eine Ausstellung türkischer Karikaturen eröffnet. Auf dem Weg dorthin summt Tom Hintner einen alten Schlager: »Es gibt kein Bier im Islam / es gibt kein Bier / drum geh ich nicht zum Islam / drum bleib ich hier. / Es gibt kein Bier im ­Islam, kein’ Alkohol / Und nur mit Allah, ­Allah fühl ich mich nicht wohl!« Die anwesende Vertreterin der Ebert-Sektion Ankara ist von der Idee des Ähnlichkeitswett­bewerbs wenig begeistert, da er dem Gedanken der Ebertverständigung widerspricht. Zudem ist das Stiftungshaus in Ankara leicht entflammbar.

»Halten Sie diese Beleidigung für eine Beleidigung?« – RTL fragt nach

11.10.

Eine E-Mail der Buchmessenleitung liegt im Redaktionsbriefkasten. Neben Gül protestiert nun auch Holger K. gegen den Wettbewerb: »Da dieses Vorhaben das aus meiner Sicht bisher ohnehin schon unterirdische Humor-Niveau des Magazins bei weitem unterbietet, möchte ich Sie sehr bitten, hier als Veranstalter der Buchmesse – ohne jetzt eine politisch oder religiös motivierte Diskussion zu führen – maßregelnd einzugreifen.« Die Veranstaltung ohne Diskussion absetzen – wünscht sich das nicht heimlich auch der freundliche Herr vom LKA Wiesbaden, der nachmittags anruft, um sich über den Wettbewerb zu informieren? ­Sagen darf er es leider von Amts wegen nicht, deswegen vereinbart er einen sog. Sensibilisierungstermin.
In Sabah steht derweil: »Der türkische Schriftsteller Osman Engin, einer der neun Künstler, die an dieser Veranstaltung teilnehmen sollten, hat seine Teilnahme abgesagt. ›Ich möchte nicht, daß mein Name im Zusammenhang mit einer solchen Veranstaltung in Verbindung gebracht wird. Das hat mit meinem Humorverständnis nichts gemein.‹« Ob man ihm glauben wird?

12.10.

Mit Hartmut El Kurdi sagt auch der letzte Osman-Engin-Ähnlichkeitskandidat ab. Auf Engins Homepage steht inzwischen: »Osman Engin nimmt an dem ›Mohammed-Ähnlichkeitswettbewerb‹ der Zeitschrift ­Titanic NICHT teil! An so einer Veranstaltung wollte er auch NIE teilnehmen!« ­
TITANIC-Sicherheitsminister Hardy Burmeier holt aktuelle Preisinformationen für Panzerwesten ein (einfacher Rumpfschutz ohne Rücken oder Armteil 1000 Euro Minimum, für Schrapnelle übernimmt die Firma keine Haftung).

14.10.

Ein Abgesandter der Kriminalpolizei Frankfurt prüft das Museum für Komische Kunst auf Explosionsfestigkeit. Zu rechnen sei während des Abends mit einer »kleinen Hundertschaft« vor der Tür sowie einer weiträumig kontrollierten Innenstadt, um spontane Ansammlungen von satire­interessierten Museumsbesuchern rechtzeitig sprengen zu können. In der ­Redaktion treffen wütende Protestmails ein – so etwa von Dominik S.: »Ist es möglich, Karten für den Mohammed-Ähnlichkeitswettbewerb zu bestellen, wenn ja wo? Lasse mir extra einen Vollbart wachsen.« Das haben wir nicht gewollt!

15.10.

Redaktionsdiplomat Fischer macht sich auf ins Museum, wo ihn drei Beamte vom LKA Wiesbaden und Dr. Jan Gerchow, der Direk­tor, zum Gespräch erwarten. Noch bevor die Kommissare anfangen können, Fischer mal so richtig durchzusensibilisieren, sagt ­Gerchow die Veranstaltung schon ab – aus »konzeptionellen Gründen«. Mit der ­Absage Osman Engins sei »das inhaltliche Gleichgewicht« gefährdet, eigentlich wäre die Reihe der Wettbewerber »paritätisch mit Türken und Deutschen« zu besetzen ­gewesen. Der Einwand, die ganze Veranstaltung habe mit Muslimen nur den Namen gemein, ansonsten sei das eine ganz gewöhnliche Lesung, verfängt nicht, denn »das Kind ist schon in den Brunnen gefallen«. Zu einer gemeinsamen Presseerklärung von TITANIC und dem zuständigen Historischen Museum Frankfurt (Gerchow: »Wir sind Partner«) kommt es heute nicht mehr, die drei konzeptionellen Gründe verabschieden sich gen Wiesbaden.

16.10.

Um halb sieben Uhr morgens stürmen die Handwerker des türkischen Bauunternehmers Y. die Redaktion, in der gerade diverse Buchmessengäste nächtigen, und beginnen, im Rahmen einer »Renovierung« genannten Gewaltexplosion alles auseinanderzunehmen. Ist das schon Terror?
Die Suche nach alternativen Veranstaltungsorten läuft derweil auf Untertouren. Ein Frankfurter Nachtklub sagt zunächst zu; das Interesse läßt jedoch schlagartig nach, nachdem er für die Sicherheitslage sensitivisiert worden ist. Spontan bieten eine Bar in Messenähe, eine Kirche im Riederwald und sogar ein islamischer Kulturverein ihre Hilfe an; Hilfe, die natürlich nicht umsonst sein kann. Dabei ging es uns doch allein darum, selber Geld zu kriegen!

17.10.

In der kuweitischen Zeitung Al-Watan schreibt der beliebte Scheich und Video­blogger Nabil Al-Aswadhi sinngemäß: »Gott wird die Muslime strafen, wenn sie diesem Wettbewerb nicht mit allen Mitteln Einhalt gebieten.« Das Leserforum der bangladeschischen Zeitung Al-Baiyinaat hingegen sieht es so: »All the leaders of the Muslim countries should call the German ­Ambassador to stop that competition. All Muslims should boycott German products in response of the protest. It is the sacred duty of Muslims to slain all the illegitimate guys involved in this arrangements. We will specially reward him who will be able to punish those devils.«
Schreiben Sie dem deutschen Botschafter, bringen Sie alle Beteiligten um und gewinnen Sie ­einen tollen Preis! Eine ­wohlüberlegte Stellungnahme, welche die an der Lesung gänzlich unbeteiligten Grafiker Werner und ­Hintner auf ganz neue Ideen bringt – ­bewegen sich Kopfgelder aus Bangladesch doch traditionell im hohen zweistelligen Euro­bereich! Die beiden altgedienten Layout­söldner entsichern ihre Waffen; die Schreie aus der Redaktion hört man im türkischen ­Konsulat nebenan mit Behagen.

18.10.

Die Frankfurter Rundschau meldet die Ab­sage der gesundgeschrumpften Redaktion. In einer Pressemitteilung will Tom Hintner vor allem nach vorne blicken: »Wir begeben uns nun auf den langen Marsch zum Mao-Zedong-Ähnlichkeitswettbewerb 2009.« Mal sehen, welcher Sack Reis dann umfällt.

 

Leo Fischer

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg