Humorkritik | Oktober 2024

Oktober 2024

»Well, just being stupid and politically incorrect doesn’t work. You can be politically incorrect if you’re smart.«
Mel Brooks

Mehr iebz!

Plappern gehört zum Handwerk, wenn man Kabarett macht oder in einer Sitcom mitspielt. Zu schreiben, wie einem der Schnabel gerade wächst, ist hingegen fehl am Platz. Gedruckt, sollten geistreiche Einfälle kurz und knapp formuliert sein, damit der Witz nicht irgendwo im Geschwätz verhallt. Cordula Stratmann kann in ihrem ohnehin warnend betitelten Buch »Wo war ich stehen geblieben?« (dtv) beides: etwas originell und lustig in ein treffendes Bild fassen. Zum Beispiel die Kindererziehung: »Man kann denen einfach alles Mögliche beibringen. Sie kommen als leerer Schrank auf die Welt und die Eltern können dann lauter Zeug in sie reinräumen.«

Viel häufiger räumt Stratmann haufenweise Wörter »einfach« in ihre Texte rein und labert, statt zum Punkt zu kommen. Stimmt sie jemandem zu, genügt es nicht, »Bin ich dabei« zu sagen, es folgt noch »Mache ich mit. Kannst dich drauf verlassen.« Übertreibungen können Spaß machen, aber von einem Päckchen, das endlich zur Post muss, zu behaupten, es »liegt schon 100 Jahre bei mir rum«, ist nicht originell, sondern flach; und wenn ihr Kind für »keine Umstände, die mich stressen, etwas Ursächliches kann«, fragt man sich, ob die Stratmann wirklich für nichts, was den Leser stresst, etwas kann: »Auf dem Bahnsteig eines deutschen Großstadtbahnhofs habe ich eben eine ganze Weile neben einer gut gepflegten Dame gesessen. Diese Nebeneinandersitzung fand im Freien statt, ich hatte den Sitzplatz dankbar ergattert, weil ich die Verspätungszeit meines ICE in meinem Alter definitiv nicht im Stehen absolvieren wollte. Was wiederum nicht wirklich mit meinem Alter zu tun hat als vielmehr mit meinem Naturell. Nun sind Sie ausreichend orientiert, um meine Lage zu imaginieren, dann fahre ich mal fort, wobei von Fortfahren ja eben keine Rede sein kann, saß ich ja noch ohne Zug am Bahnsteig«, und die Leser warten ausreichend desorientiert noch immer auf den Zug, pardon, das Thema: Parfüm. Hätten Sie’s erraten?

Vermutlich hat die »gut gepflegte Dame« dazu geführt, dass Stratmann hier ihr Publikum siezt, während sie es sonst familiär duzt, mit »ihr« und »euch« Zustimmung heischt oder alle als »wir« zu einem Volk vergemeinschaftet. Der kluge, ja weise Gerhard Polt hält stets vorbildlich Abstand: »Wer ist ›wir‹? Ich nicht!«

Ich ist besser als wir, einzelne Texte sind besser als das ganze Buch und einzelne Ideen besser als der ganze Text. Gut versteckt unter viel Füllsel und Redundanz hat Cordula Stratmann z. B. die Beweisführung, warum »ünfz« und »echz« schlecht sind, »iebz« aber gut. Mehr davon! Mehr Quatsch! Denn albern ist besser als labern.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Und Du, »Braunschweiger Zeitung«,

hast uns mit Deiner Überschrift »Diese beiden tödlichen Keime bekämpfen Forscher aus Braunschweig« einen kleinen Schrecken eingejagt. Viel lieber wäre uns in eh schon schweren Zeiten die Headline »Forscher aus Braunschweig bekämpfen diese beiden tödlichen Keime« gewesen.

Bitte auf uns arme Seelen achten, wünscht sich

Deine Titanic

 Ex-VIVA-Moderator Mola Adebisi!

Im »Dschungelcamp« gaben Sie Ihre Meinung zum Thema Geschlechterrollen zum Besten: »Ich möchte nicht das tun, was eine Frau tut, das kann ich auch nicht. Und eine Frau soll auch nicht das tun, was ein Mann tut. Das geht auch nicht.« Männer sollten beispielsweise nicht als Hebammen arbeiten, denn eine Frau würde ein Kind anders lieben als ein Mann.

Und das wird von einer Hebamme ja schließlich gefordert, dass sie Kinder nicht einfach fachgerecht zur Welt bringt, sondern sie auch liebt.

Aber wenn Ihnen so viel daran liegt, die Tätigkeitsbereiche von Männern und Frauen zu trennen, warum haben Sie sich dann ein Metier gesucht, in dem sie gleichermaßen vertreten sind, Adebisi? Nämlich hauptberuflich im Dschungelcamp rumzusitzen?

Fragt sich, auch wenn sie das nicht tun soll: Titanic

 Adieu, Hvaldimir!

Adieu, Hvaldimir!

Als Belugawal hast Du Dich jahrelang vor der norwegischen Küste herumgetrieben und Dich mit Kameraausrüstung am Leib angeblich als russischer Spion betätigt, was Dir viel mediale Aufmerksamkeit und Deinen Decknamen, Hvaldimir, beschert hat. Jetzt bist Du leider tot in der Risavika-Bucht gefunden worden, und da fragen wir uns, Hvaldimir: Hast Du nicht rechtzeitig die Flossen hochbekommen, oder warst Du einfach nicht geübt in der Kunst des Untertauchens?

Mit einem Gläschen Blubberwasser gedenkt Deiner heute: Titanic

 Gott sei dank, »Focus«!

Du schreibst: »Fleischkonsum sinkt, Mitarbeiter fehlen. Fachkräftemangel trifft die Wursttheke«. Aber sieh es doch mal positiv, lieber Focus: Es wäre doch viel schlimmer, wenn aufgrund des hohen Fleischkonsums die Mitarbeiter/innen verschwinden würden …

Grüße aus der Fleet Street schickt Titanic

 Really, Winona Ryder?

Really, Winona Ryder?

In einem Interview mit der Los Angeles Times monierten Sie, dass einige Ihrer jungen Schauspielerkolleg/innen sich zu wenig für Filme interessierten. Das Erste, was sie wissen wollten, sei, wie lange der Film dauere.

Wer hätte gedacht, Ryder, dass Sie als Kind aus der Glanzzeit des Fernsehkonsums einmal die Nase rümpfen würden, weil junge Menschen möglichst wenig vor der Glotze sitzen und sich stattdessen lieber bewegen wollen? Davon abgesehen: Sind Sie sicher, dass sich die Abneigung gegen Cineastisches und das Verlangen, bereits beim Vorspann die Flucht zu ergreifen, nicht nur auf Werke beziehen, in denen Sie mitspielen?

Fragt sich Ihre Filmconnaisseuse Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Mitläuferin? Ganz im Gegenteil!

Meine Oma fuhr im Widerstand Motorrad.

Andreas Maria Lugauer

 Schrödingers Ruhebereich

Wenn es im Abteil so still ist, dass ein Fahrgast einschläft und dann übertrieben laut schnarcht.

Loreen Bauer

 Alle meine Aversionen

Was ich überhaupt nicht schätze:
»Mädchen, ich erklär dir ...«-Sätze.

Was ich nicht so super finde:
Bluten ohne Monatsbinde.

Was ich gar nicht leiden kann:
Sex mit einem Staatstyrann.

Den Rest, auch Alkoholkonzerne,
mag ich eigentlich ganz gerne.

Ella Carina Werner

 Unangenehm

Auch im Darkroom gilt: Der Letzte macht das Licht aus.

Sebastian Maschuw

 Aus der militärgeschichtlichen Forschung

Feldjäger sind auch nur Sammler.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
15.10.2024 Tuttlingen, Stadthalle Hauck & Bauer und Thomas Gsella
16.10.2024 München, Volkstheater Moritz Hürtgen mit Max Kersting und Maria Muhar
16.10.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
16.10.2024 Frankfurt, Buchmesse TITANIC auf der Frankfurter Buchmesse