Humorkritik | Januar 2020
Januar 2020
Vielleicht ist aber auch der Witzeerzähler im Tiefsten Ordnungsmensch, denn nur so kann er den Witz als etwas Außergewöhnliches begreifen, das die Norm überschreitet. Der Geistlose merkt nicht mal, wo die Norm wäre.
Ruedi Widmer
Knapp daneben
Gleich mir drängt es das ZDF herauszufinden, was das Wesen des Komischen, besser: des Stand-Up-Komischen ist, weswegen es kürzlich eine Sendung namens »Heroes« produzierte, in der Jungcomedians Altcomedians treffen und den Tag mit ihnen verbringen. Das Ergebnis ist gemischt: So begegnet etwa Friederike »Freddi« Gralle Serdar »Held« Somuncu, der ihr zuerst lauter an den Schamhaaren herbeigezogene Sexwitze unterschiebt (»In Jesus steckt schon Jizzen drin!«), um später nach eigenem Bekunden »klug lachen« zu wollen – wie immer man das macht. In anderen Folgen sind Cordula Stratmann mit Lena Kupke und Kawus Kalantar und Daniel Wolfson mit Christian Ulmen unterwegs und bieten eilfertig inszenierte Peinlichkeiten in »Jerks«-Manier dar, um zwischendurch immer wieder etwas ungelenk in ernsthafte Gespräche über Komik zu wechseln. Josef Hader hingegen lässt sich mit dem aus der »Anstalt« bekannten Till Reiners beim Spaziergang durch ein Fußballstadion filmen und produziert dabei die herzerweichend lustige Szene, wie er versucht, mit nur einem Schuss das Tor zu treffen. Ein buckliger mittelalter Herr, der eher zum Ball stolpert als läuft, nur, um einen Meter am Tor vorbeizukicken – das reicht, um mich zum Lachen zu bringen, denn wer sieht nicht gerne gelegentlich einen sympathischen Menschen an Nichtigkeiten scheitern?
Das wirkt immerhin echt. Im Gegensatz zu Ususmango und Michael Mittermeier, die sich erst mit Kumpel-Umarmung begrüßen und dann verkünden, sich noch nie zuvor gesehen zu haben.
So unterschiedlich die Treffen sind – die einen quatschen einfach, der andere coacht (oder versucht es), wieder andere wollen einfach komisch sein –, gemein ist allen, dass die Helden und der Nachwuchs wie zufällig Gags erarbeiten und diese dann beim Auftritt am Ende der Folge prompt erzählen. Neben ein paar allgemein gestreuten Weisheiten (»Das Grundding ist einfach, dass ich das lieb«, Mittermeier) ist das auch schon alles, was man im ZDF zum Thema Komik zu sagen hat. Aber immerhin schön, dass man es beim Kopieren von »Comedians in Cars Getting Coffee« geschafft hat, die Autos wegzulassen.