Humorkritik | April 2020
April 2020
Ich ergriff das Omen, und wir schieden im besten Humor, in der Hoffnung eines baldigen Wiedersehns.
Goethe, Italienische Reise
Mr. Pulloverlover
Vor einiger Zeit stieß ich auf den kleinen Bildband »Und im Sommer tu ich malen«. Zu sehen sind Fotografien von Fabian Schubert, auf denen der Münchner Maler Hank Schmidt in der Beek (von hinten) bei der Arbeit zu sehen ist. Er steht mit seiner Staffelei in Landschaften, die einst berühmten Freilichtmalern als Vorlage dienten, und dort malt er – allerdings die Muster der Hemden und Pullover, die er gerade trägt. Ob im Garten von Monet, am Walchen- und am Genfer See, im Elbsandsteingebirge und am Strand von Étretat: Schmidt in der Beek verziert seine Leinwände mit Streifen, Rauten und Karos.
Man sollte meinen, dass der Witz sich schnell verbraucht. Doch damit würde man die tiefere Komik dieser Arbeit verkennen: Hier hat ein Künstler enorme Anstrengung auf sich genommen, hat in schicker Garderobe und mit großem Gepäck lange Wanderungen in steinigem Gelände hinter sich gebracht, um zu malen, was sich eigentlich problemlos auch zu Hause malen ließe. Und ist damit in einer Gesellschaft, in der so gut wie alles vernutzt wird, immer mehr Menschen ihre Herzfrequenz noch beim Duschen messen, den Kalorienverbrauch ihrer Atemzüge zählen und in Outdoorkleidung, die nicht selten Kampfanzügen ähnelt, nicht nur Berggipfel, sondern auch ihren Alltag bezwingen zu müssen glauben, mitnichten l’art pour l’art oder trivial, sondern: ironisch, subversiv und widerständig. Und also: komisch!