Humorkritik | Oktober 2018
Oktober 2018
Dann kommen wir mit unserem dänischen Humor und kleinen dummdreisten Bemerkungen.
Königin Margrethe II.
Hollywood in Hoyerswerda
Der Liedermacher Gerhard Gundermann (1955–1998) hat mich bislang nicht sonderlich interessiert, und die Filmgattung des sogenannten Biopics fällt nicht in mein Ressort. Trotzdem hab ich mir Andreas Dresens gut zweistündige Filmbiographie »Gundermann« angetan. Und genossen!
Wobei der Gegenstand meines Interesses gar nicht vorgekommen ist: Ich wollte überprüfen, wie es um Gundermanns Qualitäten als komischer Dichter bestellt sei, kenne ich doch zumindest ein humoristisches Lied von ihm (»Einsame Spitze«). Nun erklingen im Film aber überhaupt keine witzig gemeinten Songs. Macht aber nichts, weil mir die balladenhaften Stücke, die statt dessen vorkommen (»Brigitta« oder »Hier bin ich geboren«), gut gefallen haben. Von Gundermann abgestoßen hatte mich bisher die messianische Verehrung, die dieser als Baggerfahrer in Hoyerswerda tätige Dichter-Arbeiter unter seinen Fans bis heute genießt. Aber was soll’s? Die vielen unsäglichen Loriot-Fans können mir auch nicht die Freude an Loriot verderben; analog verhält sich’s hier, und zum erweiterten Kreis der Gundermann-Freunde zähle nun auch ich.
Zu ihrem engsten Kreis gehört offenbar Regisseur Dresen. Das schwierige Unterfangen, eine filmische Liebeserklärung ohne Peinlichkeit abzugeben, ist ihm geglückt. Manchmal kann der Humorkritiker nichts tun, als das Nichtvorhandensein von Komik zu konstatieren – doch halt! Eines amüsierte mich doch: Wie die filmische Inszenierung von DDR-Alltag und früher Nachwendezeit hier – bei einem einstigen Low-Budget-Regisseur – einen Ausstattungs- und Aufwandsfuror erreicht, mit opulenten Braunkohle- und Baggerszenen etwa. So dass ein Staat, der als ästhetische Leitlinien Brechtsche Verfremdung und »Armes Theater« nach Art Grotowskis kannte, nun Gegenstand geradezu hollywoodmäßigen Präzisionwahns und historienschinkenhafter Kulissen- und Kostümorgiastik geworden ist. Ein Witz!