Humorkritik | Oktober 2017

Oktober 2017

Wenn Sie in den Zoo gehen, dann werden Sie feststellen, daß die Besucher nicht über Pinguine oder Giraffen lachen – obwohl letztere, wie ich finde, sehr lustig aussehen. Aber die Besucher lachen über die Affen. Weil sie sie damit auf Distanz halten wollen. Es ist ein bißchen so wie das Verhältnis von Nachbarländern: Wir Niederländer reißen zum Beispiel oft Witze über die Belgier – aber nicht über die Chinesen.
Frans de Waal

Baumhaus

»Schräg« also hätte es sein sollen, das Debüt der Autorin Juliana Kálnay über ein Haus voll seltsamer Bewohner, in dem surreale Dinge vorgehen, genauer: »wunderschön, magisch und auch schräg«; dies jedenfalls versprach mir der Umschlag von »Eine kurze Chronik des allmählichen Verschwindens« (Wagenbach), und der Klappentext lockte mit »tragischen und komischen Episoden«.

Um es kurz zu machen: Für Humorkritiker ist in Kálnays Haus kein Zimmer frei. Höchstens ein Aufzugsschacht, denn der komischste und schrägste Einfall des Romans ist jener, sich im Aufzug eine Wohnung samt Tapete einzurichten. Still gelächelt habe ich über die Idee, kleinen Brüdern zum Einschlafen die Etiketten von Kleidungsstücken und die darauf abgedruckten Waschanleitungen vorzulesen. Daß sich einer der Bewohner in einen Baum verwandelt – seit Ovid ein hübsches Motiv –, ließ mich hoffen, aber leider klingt auch Baumsex in diesem Buch nicht sehr komisch, eher weihevoll: »Niemand sah es. Wie Lina sich an ihren Baum schmiegte und dabei sang. Wie Lina sich an ihren Mann schmiegte und für ihn sang. Wie Lina sich an den Baum schmiegte, der einmal ihr Mann gewesen war, wie sie mit ihren Fingern über die Rinde strich, dort, wo der Ast abgebrochen war und Pflanzensaft heraussickerte, warm und klebrig an ihrer Hand herunterlief«. Si tacuisses… Wenn sie doch geschwiegen und wenigstens nicht gesungen hätte!

Dabei hat Juliana Kálnay durchaus Sinn für Stimmungen und Atmosphäre und dafür, wie Dialoge klingen. Vielleicht hätte der Verlag Wagenbach einfach auf die Ködervokabeln schräg und komisch verzichten sollen. Ihm und mir wäre etwas erspart geblieben.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
11.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
12.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
15.12.2023 Oelde, Haus Nottbeck Heiko Werning & Brauseboys
18.12.2023 Frankfurt, Mousonturm Max Goldt