Humorkritik | Februar 2017

Februar 2017

»And don’t even think of writing something stupid like ›what a lucky break a Trump presidency is for comedians, the jokes write themselves‹. No, no, no. Shut up! Jokes don’t write themselves. Jews write jokes. And they are scared shitless.«
Samantha Bee

Klappe

Laut einer englischen Redensart soll man ein Buch nicht nach seinem Umschlag beurteilen. Manchmal aber ist der Umschlag das Beste am Buch und der Klappentext das Ehrlichste. Einen solchen Klappentext hat vor kurzem ein Genie im Hause Rowohlt fertiggebracht, als es mit der undankbaren Aufgabe betraut war, Martin Walsers jüngstes Erzeugnis »Statt etwas oder Der letzte Rank« anzupreisen.

So hebt es an, das kleine Meisterstück: »›Mit der Unwahrheit ein Glückskunstwerk zu schaffen, das ist die menschliche Fähigkeit überhaupt.‹ Wer sagt das? Seine Frau nennt ihn mal Memle, mal Otto, mal Bert.« Wem dieser Hinweis, wie der Begriff »Alterswerk« zu verstehen ist, noch nicht deutlich genug ist, der erfährt weiter: »Sein Wesenswunsch ist, sich herauszuhalten, zu schweigen, zu verstummen. Am liebsten starrt er auf eine leere, musterlose Wand.« Ohne auch nur einen Blick in den Originaltext geworfen zu haben, kann man sich ausmalen, was dem oder der namenlosen Verlagsangestellten beim Überfliegen der Druckfahnen durch den Kopf gegangen sein mag: Erinnerungen an das Schülerpraktikum bei der Lokalzeitung vielleicht, wo es den Leserwettbewerb »Grenzerfahrungen im Eichsfeld« mit größtmöglichem Enthusiasmus zu bewerben galt; und mit ziemlicher Sicherheit auch Begriffe wie »literarische Körperverletzung«, »Geschwurbelgeschwür« und »dementielle Logorrhoe«. Leicht umformuliert heißt das dann in der Endfassung, es handele sich um einen »Roman, in dem es in jedem Satz ums Ganze geht […] Ein verwobenes Gebilde, auch wenn es seine Verwobenheit nicht zeigen will oder sogar versteckt.« Und für potentielle Leser, die das immer noch nicht abschreckt, folgt schließlich noch der Warnhinweis: »So nah am Rand der Formlosigkeit, ja so entfesselt hat Martin Walser noch nie geschrieben.«

Kurzum: Ein brutaleres, wenn auch vielleicht nicht so charmant formuliertes Urteil hätte selbst Walsers Altfeind Reich-Ranicki nicht fällen können, wenn er das noch erlebt hätte. Bleibt nur noch die Chronistenpflicht, Ihnen, geschätztes Publikum, die Überprüfung zu ersparen, ob der »Roman, wie es noch keinen gab«, dieser Beschreibung entspricht, und mitzuteilen: Ja, genauso schlimm ist es. Dem Klappentext hingegen gebührt das Prädikat: Ein echtes Lesevergnügen.

  

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt