Humorkritik | Dezember 2017
Dezember 2017
Wer Böses gibt für Gutes aus,
Dem kommt das Böse
nicht aus dem Haus;
Wer lacht, damit ein andrer weint,
Den trifft das gleiche, eh ers meint.
Sebastian Brant
Studienrätin Poschmann
»Jeder«, erfahre ich aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, »wird dieses Buch zweimal lesen. Sonst hat man kein Herz. Und keinen Humor.« Dem Vorwurf will ich mich gern aussetzen, auch wenn ich Marion Poschmann zugute halten will, daß sie es diesmal mit Humor wenigstens versucht und so etwas wie komische Spannung schafft, indem sie in ihrem dritten Roman »Die Kieferninseln« (Suhrkamp) einen Erzähler installiert, der als gescheiterter Intellektueller auf Japanreise auf eine junge Reisebekanntschaft und ihre Selbstmordabsichten mit jener Übersicht herabblicken kann, die ihm daheim nichts nützt.
Es ist nun aber so, daß man sich seiner komischen Fähigkeiten schon sehr sicher sein muß, um Hauptfiguren »Gilbert Silvester« und »Yosa Tamagotchi« zu nennen (und die eine auch noch »Bartforscher« sein zu lassen): Bei einem Profi ist das ironischer Ulk, bei einer Lyrikerin, deren voriges Prosawerk »Die Sonnenposition« so atemberaubend zopfig war wie der zopfige Titel, beleuchtet das eine Steifheit, die Poschmann ihrem akademischen Erzähler längst nicht entschlossen genug unterschiebt, als daß sich das alles nicht anhörte wie eine Studienrätin, der Wohlmeinende geraten haben, doch ruhig auch mal einen Witz zu erzählen. Daraus wird dann diese Art Humor, die so »optimal« (op. cit.) in die gute Bürgerstube paßt wie Poschmanns poliert hölzerne Seminarsprosa, die, was immer an der Geschichte lustig hätte sein können, dann doch wieder unter Geraune, Haiku und Beflissenheit begräbt, ob in Tokio oder bei der Erinnerung an die Bartforschungsreise nach Rom, das natürlich als »Ewige Stadt« firmiert: »Der leidende Christus in den Barockkirchen (…) zeigte für gewöhnlich einen leicht herausgewachsenen Dreitagebart, da er verständlicherweise in der Rolle des Opferlamms für weltliche Angelegenheiten wie die Morgenrasur keine Zeit mehr gefunden hatte.«
Köstlich. Bzw. in meiner Rolle der Instanz für humorkritische Angelegenheiten lese ich das verständlicherweise gleich zweimal nicht zweimal.