Humorkritik | Dezember 2017
Dezember 2017
Wer Böses gibt für Gutes aus,
Dem kommt das Böse
nicht aus dem Haus;
Wer lacht, damit ein andrer weint,
Den trifft das gleiche, eh ers meint.
Sebastian Brant
Denk ich an Chris Tall in der Nacht …
Der als Chris Tall firmierende Christopher Nast ist mit seinen zusammengeklauten, vermeintlichen tabubrechenden Witzen der Fips Asmussen des Anti-Political-Correctness-Backlashs. Um das erfassen zu können, genügen ein paar Youtube-Clips. Er ist die Alternative für Comedy-Deutschland und letztlich urdeutsch, sprich: laut, unsubtil, eindimensional, nach unten tretend, sich dabei selbst zum Opfer stilisierend. Das alles wäre aber der Rede für mich nicht wert, da schon die Bewertung des Handwerklichen leicht fällt: mangelhaft.
Jüngst brüllte Nast auf dem »Köln Comedy Festival« in den vollen Saal: »Laßt uns die Bude abfackeln – jetzt ist Chris-Tall-Nacht!« Zugestanden: Ein solches Wortspiel kann einem mit diesem Künstlernamen durchaus einfallen. Man könnte es aber beschämt ignorieren – oder, wenn es denn unbedingt heraus muß, wenigstens in einen Kontext setzen, meinetwegen diesen: »Ich könnte niemals eine Late-Night-Show moderieren. Wie soll die denn heißen: Chris-Tall-Nacht?« In der Form, in der das Wortspiel in Köln präsentiert wurde, ist es nur eins: der Beleg dafür, wie wenig Entnazifizierung und die alliierte Humorerziehung (etwa in Form des Internets) geholfen haben. Wenn der deutsche Spaßmacher und sein Publikum ungezügelt in »Das wird man doch wohl noch sagen dürfen«-Stimmung geraten, endet es in der Bejubelung nationalsozialistischer Verbrechen.
»Das Traurige dabei: Ausgerechnet in der ›Arsch huh‹-Stadt Köln haben an diesem Abend sehr viele der 12 000 Menschen darüber spontan sehr laut gelacht« (»Kölner Stadt-Anzeiger«) – mal wieder so ein »ausgerechnet«, über das ich mich amüsieren könnte, wenn mir nicht bei dieser Geschichte das Lachen vergangen wäre. Das muß man beim unverbesserlichen Komikfreund Mentz auch erst einmal schaffen.