Humorkritik | November 2016
November 2016
»Ich bin froh, daß ich ein humorvoller Mensch bin, sonst würde ich verrückt.«
Wolfgang Bosbach

Wittgensteins Witze
Und apropos Ludwig Wittgenstein: Wie es sich mit dessen Sinn für Humor verhält, auf diese Frage hat mich nicht erst Jim Holt gebracht. Denn wie ich bereits aus anderer, gleichwohl zuverlässiger Quelle weiß, hat Wittgenstein, dieser zumeist als äußerst tiefsinnig geltende Denker, irgendwann einmal festgestellt, daß es möglich sei, ein gewinnbringendes philosophisches Werk zu schreiben, welches ausschließlich aus Witzen besteht.
Selbst zustandegebracht hat Wittgenstein solch ein Buch bekanntlich nie. Doch wer seine Schriften vor dem Hintergrund dieser bemerkenswerten Äußerung nach komischen Passagen durchsucht, der wird schnell fündig werden – und Freude haben. Ihr alter Mentz zum Beispiel, der den Ausruf »Möge Gott dem Philosophen Einsicht geben in das, was vor aller Augen liegt« noch keineswegs sonderlich geistreich fand, mußte bei der Frage »Wenn die Arithmetik uns die Frage ›wieviel‹ lehrt, warum nicht auch die Frage ›wie dunkel‹?« bereits sokratisch schmunzeln und konnte sich bei der Bemerkung »Es zückt jemand das Messer und ich sage: ›Ich verstehe das als eine Drohung‹« ein gnostisches Grinsen nicht mehr verkneifen. Farbtheoretisch frappiert war er jedoch erst an der Stelle, an der Wittgenstein aufschreibt, »es werde vorgeschlagen, ein Lichtsignal auf der Straße sollte braun sein«.
Was das alles genau bedeutet, lassen Sie sich aber bitte von einem anderen erklären. Denn ich bin kein Philosoph, sondern nur ein einfacher Humorkritiker, der die strenge Arbeit am Begriff manchmal scheut.