Humorkritik | Oktober 2014
Oktober 2014
St Aubyn vs. Lovenberg
So schlimm wie Felicitas von Lovenberg in ihrer Rezension fand ich »Das beste Buch des Jahres« von Edward St Aubyn nun doch nicht. »Bei allem oberflächlichen Amüsement ist dieses Buch eine Enttäuschung«, schreibt die FAZ-Kritikerin über die Literaturpreissatire, »weil hier ein Autor weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt« – und immerhin die »Klischeehaftigkeit« der Figuren, da gebe ich Lovenberg recht, macht die Lektüre manchmal etwas ärgerlich. Wenn sich etwa St Aubyns fiktiver Juryvorsitzender fest vornimmt, »lediglich einen kleinen Teil der zweihundert Romane zu lesen«, dann ist das keine Charakterisierung eines Überforderten, sondern bloß plumpe Denunziation eines korrupten Abziehbildes. An anderer Stelle mußte ich über die fragwürdigen literarischen Maßstäbe, die im Buch beschrieben werden, freilich lachen: »Das war das Herrliche an historischen Romanen – man begegnete so vielen berühmten Leuten.«
Aber sind denn die professionellen Leser und Werter wirklich so oberflächlich? Leser und Werter wie, zum Beispiel, Felicitas von Lovenberg selber? Nun ja: ja. »Die Königin hat ihre Freude daran, und das ist Grund genug, an der Sache festzuhalten«, zitiert sie St Aubyn. Und meint, bei »der Sache« ginge es um die Vergaberegeln des Literaturpreises; es geht aber um das Commonwealth. Um den Schnitzer zu erkennen, hätte Lovenberg bis zu Seite zehn blättern und dort sinnerfassend lesen müssen. Indem sie es nicht getan hat, bezeugt sie Edward St Aubyns Diagnose.
Ach, ach, ach!