Humorkritik | Juli 2014
Juli 2014
Jeder zehnte Schuß ein Treffer
Angesichts des Gesamtwerkes von Seth MacFarlane könnte man meinen, daß sein Erfolg vor allem darauf basiere, Wesen sprechen zu lassen, die das gemeinhin nicht vermögen. In »Family Guy« tun dies der Hund Brian und das Baby Stewie, in »American Dad« das Alien Roger, in der wieder abgesetzten dritten Zeichentrickserie »The Cleveland Show« ein Bär, in der erfolgreichen Filmkomödie »Ted« ein Teddybär. Originell ist das, wie alles bei MacFarlane, nicht: Brian steht in einer Tradition, die mindestens bis zu Mister Ed reicht, Stewie ist die sprechende männliche Erweiterung Maggie Simpsons (die sich ja auch, gerade unbeobachtet, erwachsen und überaus intelligent geriert), Roger eine durchgeknallte Variante von Alf und Ted letztlich eine Mischung aus Brian und Stewie. Witz gewinnen diese Figuren, indem sie sich wie höchst ungezogene Menschen benehmen und doch immer wieder in ihr Artverhalten zurückfallen (Brian z.B. unterbricht Konversationen, um Postboten anzukläffen o.ä.).
Scheiterte MacFarlanes jüngster Film »A Million Ways To Die In The West« beim Publikum, weil eine solche Figur fehlte? Wo doch auch in diesem, wie bei »Family Guy«, keine noch so grobe Pointe ausgelassen, wie in »Ted« die Struktur der klassischen Liebeskomödie emuliert wird, und, wie in allen MacFarlane-Produktionen, auf 100 Witze ca. sieben gute und drei sehr gute kommen? Meine Vermutung lautet, daß selbst das geneigte Publikum in diesem Western die größte Schwäche des MacFarlane-Prinzips spürt: Die Geschichten bestehen nur aus Prämissen, die nicht zum Schluß geführt, sondern bloß in ein Schema eingefügt werden. In diesem Fall mokiert sich der von MacFarlane gemimte Held mit dem Blick eines (naturgemäß besserwissenden) heutigen Zeitgenossen über die (klischeehaft überzeichneten) Bedingungen der amerikanischen Westexpansion, deren Heroisierung dem Westerngenre zugrunde liegt. Übrig bleibt das Ressentiment: Überall lauern tödliche Gefahren, die Medizin ist primitiv, es werden alberne Bärte getragen, es wird steif getanzt und nur brutale Männer sind echte – waren die doof damals! Kurz: MacFarlane und seine Mitstreiter möchten auch in diesem Film letztlich nichts erzählen.
Wenn Sie über diesen Mangel nicht hinwegsehen können, werden Sie die schlechten Scherze nicht verzeihen und die guten nicht goutieren. Ich aber sage Ihnen: Geben Sie MacFarlane noch einen Versuch! Bei der Penetranz seiner Pointen, dieser Leidenschaft für den Witz muß ihm früher oder später ein Werk rundum gelingen.