Humorkritik | Dezember 2014
Dezember 2014
Wer am Freitag lacht, der wird am Sonntag weinen.
Jean Racine
Wahnsinn gegen Trauer
Am Schauspiel Frankfurt/Main inszeniert Rainald Grebe als Autor und Regisseur das Stück »Frankfurt«, das sich um den dahinsiechenden Namensvetter Frankfurt an der Oder dreht. Das Erfreuliche: Obwohl Grebe, dessen Wirken als Liedermacher und Kabarettist ich hier bereits gelobt habe, nicht selbst auftritt, findet sich die zwischen Melancholie (z.B. »Familie Gold«) und Wahnsinn (z.B. »Der Präsident«) springende Bühnenpräsenz seiner Programme wieder. Die Schauspieler Franziska Junge, Christoph Pütthoff und Martin Rentzsch künden mit sieben Kollegen aus beiden Frankfurts erst voll Spott und Wehmut vom Niedergang der trostlosen Oderstadt (Bevölkerungsschwund, Abwicklung der Industrie- und Kulturstätten) und feuern dann als ausgelassen lärmende Vertreter vom Main immer wieder dazwischen. Da wird ständig reingerufen, -gesungen und -getanzt, während Rentzsch als Bürgermeister von Frankfurt/Oder daran verzweifelt, den wirtschaftlichen Niedergang schönzureden. Das besinnungslose Hurra des Booms stört die Trauerarbeit: Die eine Stadt geht vor die Hunde, der anderen fällt alles zu. Über knapp zwei Stunden wechseln sich Bühnenszenen mit Videoeinspielern ab, in denen die Schauspieler unter anderem den angeblichen Flughafen von Frankfurt an der Oder begutachten. Vom Tonband meldet sich zwischendurch Helmut Kohl mit seinen blühenden Landschaften – nicht nur Einspieler wie dieser erinnern an Grebes bisheriges Werk (vgl. »Guido Knopp«, Rainald Grebe & die Kapelle der Versöhnung). Auch den Gesangseinlagen der Darsteller merkt man seine Autorschaft und Regie an. Wer also das Glück hat, nicht in der Geisterstadt an der Oder festzusitzen, der fahre demnächst an den Main und schaue sich »Frankfurt« an. Langweilig wird es garantiert nicht.
Eine Frage, Miriam Meckel …
