Humorkritik | Juli 2012

Juli 2012

Guttenberg, geistreich

Es soll, so sagen Gerüchte, nicht einfach sein, Zutritt zur Münchner Kultnobelbar »Schu-mann’s« zu erlangen. Auch Norbert Hoppe hat es vergeblich versucht: »Und dann kam dieser Mensch aus der Küche, so eine mürrische alte Frau mit langen weißen Haaren, und sagte: ›Is leider voll, Jungs‹ oder so etwas in der Art, und dabei machte sie mit den Fingern Bewegungen, als ob sie Krümel vom Tisch fegt. Da war ich ganz schön beeindruckt, ich meine, die Frau sagt, es ist voll, dabei war es gar nicht voll; und das Beste daran war: Die Frau, habe ich später gehört, war der Chef, dieser Herr Schumann, persönlich.«

Hoppe gelingt es dann doch, im »Schumann’s« Einlaß zu erlangen, aber nur, weil er zur Entourage Karl-Theodor zu Guttenbergs gehört. Entourage? Hoppe ist der »Ghost« von »KT«, sein »Knappe« und »Schatten«, und zwar schon seit gemeinsamen Schultagen, als der junge fränkische Freiherr von Hoppe abschrieb. Später ist es Hoppe, der auf die fatale Idee kommt, Guttenberg zum Politiker zu machen, ihn mit dämlichen Slogans à la »Verantwortung verpflichtet« ausstaffiert und am Ende natürlich auch jene bekannte Doktorarbeit schreibt, über die Guttenberg stürzt. Nicht deshalb wird Hoppe vom Verteidigungsminister a.D. gefeuert, sondern weil er seine Zuneigung zu dessen Gattin zu ungestüm artikuliert. Na ja, und dann hat er wohl Zeit gehabt, der Hoppe, und seine Geschichte aufgeschrieben: »Ich war Guttenbergs Ghost. Eine Satire« (Kiepenheuer & Witsch).

Natürlich ist Hoppe ein Pseudonym, und ich wüßte gern, wer sich dahinter verbirgt. Einer, der sein Metier versteht, denn eigentlich kann so etwas ja nicht gutgehen. Weil Guttenberg doch (hoffentlich) kein Thema (mehr) ist, vor allem aber, weil es eigentlich nicht möglich ist, ihn zu parodieren, ohne allzu offene Türen einzurennen. Hoppe hakt denn auch weitgehend vollständig und vorbildlich karikierend alles ab, was an KT-Anekdoten und sprachlichen Marotten unverzichtbar ist, erzählt dann aber doch eine ganz eigenständige Geschichte; nämlich seine eigene: die eines mittelmäßigen, unscheinbaren »Schatten«-Wesens.

Und das Beste daran sind – siehe oben – die vielen kleinen, lustigen Nebenepisoden, die Kenner- und Könnerschaft verraten: »Hellmuth Karasek kam vorbei, mit offener Hosentür, was ihm irgendwie sogar stand. Er blieb vor uns stehen, schaute Stephanie an, wurde dann Guttenbergs ansichtig, schaute, ging einen Schritt zurück, einen vor und kniff die Augen zusammen, dann ließ er seinen dicken Zeigefinger in Guttenbergs Richtung ausfahren und sagte schließlich: ›Felix Krull?‹« Mir hat’s gefallen.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
29.11.2023 Stuttgart, Theaterhaus Max Goldt
30.11.2023 Erfurt, Franz Mehlhose Max Goldt
30.11.2023 Friedrichsdorf, Forum Friedrichsdorf Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
01.12.2023 Hamburg, Centralkomitee Hauck & Bauer