Humorkritik | November 2011

November 2011

Sexquatsch ohne Soße

Werden irgendwann alle Witze gemacht sein? Natürlich nicht, denn neue Themen und Anlässe sind jederzeit Quell neuer Witze. Umgekehrt zu alten Themen neue Witze zu finden – schwierig. Der letzte neue (und gute) Schwiegermutterwitz z.B. dürfte irgendwann Mitte des letzten Jahrhunderts entstanden sein. Mit Sex, könnte man meinen, verhält es sich ähnlich.

Daß dies indes nicht so ist, beweist Birgit Querengäßers Buch »Die feine Art des Vögelns« (Tropen). Ist man nämlich mal über den Titel hinweg (der auf den Bestseller »Die feine Art des Saufens« Bezug nimmt und wie dieser den groben Patzer macht, »fine art« mit »feine Art« zu übersetzen statt mit »hohe Kunst«), wird man feststellen: Ja leck mich doch – man kann also noch gute Vögelwitze machen!

»Auch Sex im Alter kann ein Genuß sein. Vorausgesetzt, der Partner ist 30, 40 Jahre jünger und noch schön knackig.« Oder: »Analfisting wäre um einiges beliebter, wenn ›Anal‹ ein anderes Wort für ›Genital‹ und ›fisting‹ ein anderes Wort für ›Stimulation‹ wäre.« Oder: »Die Klitoris ist über zehn Zentimeter lang! Der Großteil ist jedoch im Inneren des Körpers versteckt – aus ästhetischen Gründen. Ein über zehn Zentimeter langes Geschlechtsorgan, das zwischen den Beinen herumbaumelt – das wäre unvorstellbar abstoßend.«

So wechseln sich FAQ munter ab mit »A bis Z«, dazwischen »11 Sätze, die Sexualpartner gerne hören« (»Ist das etwa alles echt?«) oder die »Geschichte der Sexualität«, ferner die Vorstellung internationaler Gepflogenheiten mit »14 Anzeichen dafür, daß Sie gut im Bett sind« usw. Gewiß, am Stück weglesen wird man das nicht – aber die offenbar anvisierte Mehrheitsfähigkeit hat den Vorzug, daß allzu tief zielende Witze vermieden werden und der Ton immer freundlich gepflegt bleibt.

Vielleicht wäre manch eine Liste um ein paar Punkte zu kürzen gewesen, vielleicht  wäre auch das sehr luftige Layout zu beanstanden, welches die Seitenzahl garantiert, die ein Buch erst zum Buch macht. Für das Erstlingswerk einer jungen Autorin aber (Querengäßer ist Jahrgang 1982) ist »Die feine Art des Vögelns« eine ziemlich lustmachende Sache geworden, und ich sage: Verlage, aufgepaßt! Da wächst eine komische junge Autorin nach, die man im Auge behalten sollte.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg