Humorkritik | Januar 2011
Januar 2011
Gemeinschaftserlebnisse
»Community colleges« nennt man in den USA jene mit wenig Prestige behafteten Bildungseinrichtungen, deren Studenten vornehmlich unterprivilegierte Adoleszenten der näheren Umgebung sind. Von Freud und Leid eines selbstverliebten Anwalts, der auf ein solches College geschickt wird, nachdem ihm sein Abschluß aberkannt wurde, handelt die NBC-Serie »Community«, deren zweite Staffel vor kurzem angelaufen ist. Mit einer illustren Gruppe von Kommilitonen bildet Jeff Winger, so der Name des suspendierten Juristen (Joel McHale), einen Spanisch-Lernzirkel, dessen Interaktionen im Mittelpunkt dieser Produktion von Dan Harmon stehen (der zuvor an »The Sarah Silverman Program« mitwerkelte).
Wem ich nun verrate, daß diese Comedy auf Live- und Bandlacher verzichtet, der muß nicht befürchten, es handele sich um einen weiteren »Office«-Klon im inflationären Mockumentary-Stil. Vielmehr sind die knapp halbstündigen Episoden in Tempo und Inszenierung dem zu Recht vielgelobten »30 Rock« ebenbürtig. »Community« wird in erster Linie von den sorgfältig gezeichneten Charakteren getragen und baut größtenteils auf Dialogwitz: »Ich habe mal einen Jet-Ski durch ein Gewitter geführt, und es gab nur einen Todesfall.« – »Jet-Skis sind doch nur für zwei Personen.« – »Ganz genau! Ich habe die halbe Crew gerettet.«
Die komischsten, weil erfrischend chauvinistischen Sprüche stammen dabei meist von dem pensionierten Feuchtigkeitstuch-Tycoon Pierce alias Chevy Chase (»Anthropologie? Warum soll ich meine Vorfahren studieren, wenn wir genauso gut die primitiven Rassen der Eskimos oder Italiener studieren können?«). Zum Ensemble gehören des weiteren ein asiatischstämmiger Spanischlehrer, der schon mal seinen eigenen Tod vortäuscht, um die Sympathie seiner Schüler zu gewinnen, eine extrem schüchterne Achtzehnjährige (»Ich war in der Schule so unbeliebt, die Schülerlotsen haben mich in den Verkehr gelotst!«) sowie ein trocken kommentierender Popkultur-Geek (»Dokus sind wie richtige Filme, nur mit häßlichen Menschen«). Letzterer ist es auch, der die Geschehnisse am Greendale Community College permanent mit bekannten Filmklischees vergleicht und so die Handlung amüsant zu reflektieren weiß. Auch sauber umgesetzte Genreparodien, vom Sportdrama übers Weltraumepos bis zum Post-Apokalypse-Schocker, sieht der Zuschauer besonders in den jüngeren Folgen vermehrt.
Wie man hört, wird »Community« derzeit für das deutsche Fernsehen bearbeitet, Starttermin und Sender stehen jedoch noch nicht fest. Wer synchronisierte Comedyserien ohnehin nur leidend erträgt, der greife also schnell zum US-Import.