Humorkritik | April 2010
April 2010
Dörries Friseuse
Doris Dörrie hat vor zweieinhalb Jahrzehnten mit »Männer« eine Lawine biederer, romantischer deutscher Lustspiele losgetreten, die immer noch nicht zum Stillstand gekommen ist, wenn ich etwa an Til Schweigers Hasenkükenkomödien denke. Das hat uns Unmengen von Filmen beschert, die alle Vorurteile über deutschen Humor und deutsches Kino immer wieder aufs neue bestätigt haben. Gut, es mag unfair sein, für all das filmische Übel der Dörrie die Verantwortung aufzubürden, nur gaben mir auch ihre weiteren Werke, die ich über die Jahre mehr oder weniger freiwillig angeschaut habe, kaum Grund zur Freude.
Um so überraschter war ich von »Die Friseuse«, ihrem jüngsten Film: Die Komödie ist erstaunlich gelungen, handwerklich sauber und klug konstruiert, bis in die kleinsten Nebenrollen überzeugend besetzt, da stimmt der Ton und vor allem ist das Ganze beinhart realistisch geerdet, wie man das hierzulande höchstens aus den Filmen Andreas Dresens kennt. Laila Stieler, die viel mit Dresen gearbeitet hat, ist die Drehbuchautorin, und Doris Dörrie hat aufs Glätten und Banalisieren verzichtet. Wer hätte es für möglich gehalten, daß – wenn es um eine fettleibige Friseuse geht, die von Selbständigkeit träumt, außerdem um illegale Einwanderer, Hartz IV, Krankheit, Liebe und Mutter-Tochter-Probleme, wenn der Handlungsort zudem noch Berlin-Marzahn ist – daß da ein gänzlich unsentimentaler komischer Film entstehen kann, der, ganz im Gegensatz zur formatfüllenden Hauptdarstellerin Gabriela Maria Schmiede, fast federleicht daherkommt?
»Diskriminierung ist mein zweiter Vorname«, sagt Kathi, die vom Drehbuch, wie alle anderen Figuren auch, mit Respekt behandelt wird, auch wenn wiederholt der riesige Hintern irgendwo festklemmt. Die Pointen hageln nicht, sondern sind hübsch verstreut, besondere Freude bereiten etwa wiederholt fehlerhaft vorgetragene Redewendungen, wie jene von den Karotten, die man aus dem Feuer holt. Erfreulicherweise bleibt selbst das sonst unumgängliche dicke Ende aus, der Film entläßt seine Zuschauer auch ohne Happy End so heiter, wie es sich für das Genre gehört.